Schlagwort-Archive: Gesundheitsdaten

Ärzteinitiative MEZIS e.V. lehnt Corona-Warn-App aufgrund fehlenden Patientendatenschutzes ab

Die Ärzteorganisation MEZIS lehnt in einer Stellungnahme vom 24.06.2020  die Corona-Warn-App (CWA) ab.

Gründe dafür sind neben den bekannten, überwiegend negativen Erfahrungen aus anderen Ländern im Hinblick auf die Effektivität, die bekannten Sicherheitslücken und das mangelnde Begleitgesetz sowie insbesondere der mangelnde Patientendatenschutz. Denn durch exklusive Verbreitung über konzerneigene App-Stores kennen Google und Apple jeden Nutzer der CWA und können damit E-Mailadresse und meist Telefonnummer zur eindeutigen Identifizierung nutzen. Menschen ohne ein (Google\Apple konformes) Mobiltelefon werden hingegen diskriminiert, eine anonyme Nutzung ist nicht möglich. Durch die nicht offengelegten Schnittstellen der CWA zu diesen Firmen sowie der engen Integration der App in das Betriebssystem kumulieren durch die systeminterne Verknüpfung mit anderen Daten enorme Datenschutzrisiken. So ergeben die Corona-App-Daten trotz ihrer dezentralen Speicherung durch Verknüpfung mit dem Betriebssystem (mit IP-Adressen, Suchanfragen, Browserverläufen und Bewegungsprofilen) ein sehr detailliertes Bild zur erkrankten Person und dem Infektionsgeschehen auf Bundesebene quasi in Echtzeit – nur, dass all diese Daten von Millionen deutschen potentiellen ‚digitalen Patienten‘ exklusiv in den Datensilos amerikanischer Konzerne landen und nicht bei den zuständigen deutschen Seuchenschutzbehörden. Diese bekommen nur – und mit erheblicher Verzögerung und Ungenauigkeit – einen Bruchteil der generierten Daten aus der App.“

 

„Das Gesundheitswesen im Datenrausch“ – Fünf lesenswerte Beiträge in der Zeitschrift „FifF-Kommunikation“

Die aktuelle Ausgabe der Vierteljahreszeitschrift des Forums InformatikerInnen für Frieden und gesellschaftliche Verantwortung e. V. (FIfF) hat als Schwerpunktthema die Telematikinfrastruktur im Gesundheitswesen.

Im Editorial wird festgestellt, dass „die Bundesregierung – völlig unbeeinflusst von der unterschiedlich geprägten parteipolitischen Zusammensetzung der jeweiligen Regierungskoalition“ seit mehr als 20 Jahren „einen Kurs der Digitalisierung und Technisierung des öffentlichen Gesundheitswesens“ verfolgt. Begleitet von interessengeleiteten Initiativen, Unternehmen und Verbänden aus dem Bereich der IT- und der Pharma-Industrie, der gesetzlichen Krankenkassen sowie der universitären und der privatwirtschaftlichen Forschung werde damit vorgeblich der Versuch unternommen, die Kosten im Gesundheitswesen zu reduzieren. Tatsächlich würden aber neoliberale und privatwirtschaftlich nutzbare Tendenzen im Gesundheitswesen verstärkt und zugleich die in Krankenhäusern und Arztpraxen anfallenden individuellen Gesundheits- und Behandlungsdaten einer Zweit- und Dritt-Nutzung zugeführt. Insbesondere seit dem Amtsantritt des derzeitigen Bundesgesundheitsministers Jens Spahn (CDU) habe der Digitalisierungszug im Gesundheitswesen deutlich Fahrt aufgenommen.

Der Widerstand gegen diese Politik wird im Editorial gewürdigt: „Von Beginn an waren die Digitalisierung und Technisierung des öffentlichen Gesundheitswesens auch Gegenstand der Kritik, sowohl von gesetzlich versicherten Menschen, von ÄrztInnen und ihren Verbänden sowie von DatenschützerInnen, IT-Fachleuten und NetzpolitikerInnen. Dieser Widerstand ist nie verstummt. Er war nie so stark, dass er die Entwicklungsrichtung im Gesundheitswesen grundsätzlich verändern konnte. Aber er war stark genug, um Auswüchse zu verhindern und übergriffiges Verhalten zu begrenzen. Dies ist auch heute noch der Fall.“ „Das Gesundheitswesen im Datenrausch“ – Fünf lesenswerte Beiträge in der Zeitschrift „FifF-Kommunikation“ weiterlesen

Corona, der Schweinebaron Clemens Tönnies und der Datenschutz

Die Firma Tönnies in Rheda-Wiedenbrück (Kreis Gütersloh) ist aktuell der größte Hotspot der Corona-Pandemie in Deutschland. Rund 5.800 Tests wurden bisher gemacht, 3127 Befunde liegen bereits vor, davon sind 2.098 negativ und 1.029 positiv. Gegenüber den anfänglichen Zahlen, da wurden die Tests vor allem in der Zerlegung gemacht, ist das Verhältnis von negativen und positiven Befunden deutlich besser geworden. In der Zerlegung war waren vier von fünf Tests positiv, jetzt liegt die Quote bei jeden drittem Befund.“ Das meldet der Landkreis Gütersloh am 20.06.2020. 

Von den 16.500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Unternehmensgruppe Tönnies sind rund 50 Prozent bei Werkvertragspartnern angestellt“so das Unternehmen des Corona-Schweinebarons Clemens Tönnies in einer beschönigenden Selbstdarstellung.

Die Süddeutsche Zeitung vom 20.06.2020 informiert, dass der Landkreis Gütersloh große Schwierigkeiten bei der Beschaffung der Adressen der betroffenen Beschäftigten hatte. Nachdem am 19.06.2020 immer noch 30 Prozent der Adressen der betroffenen Beschäftigten gefehlt hätten, hätten sich der Kreis Gütersloh und der Arbeitsschutz in der Nacht zum Samstag Zugriff auf die Personalakten der Firma Tönnies verschafft. Die Zeitung zitiert Clemens Tönnies, Miteigentümer der Unternehmensgruppe Tönnies Holding mit dem Satz Wir haben datenschutzrechtliche Probleme. Corona, der Schweinebaron Clemens Tönnies und der Datenschutz weiterlesen

Corona-Warn-App: „Die Anordnung zur Installation der App auf dem Diensthandy ist grundsätzlich zulässig…“

Und der Arbeitgeber kann wohl auch verlangen, dass der Arbeitnehmer das Diensthandy während der Arbeitszeit ständig bei sich führt und so die App nutzt…“ Diese Rechtsposition vertritt Martin Biebl, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht, in einem Beitrag auf beck-online, der Homepage des juristischen Fachverlags C.H.BECK oHG. Die von Herrn Biebl vertretene Rechtsposition wird auch von anderen Juristen im Bereich Arbeitsrecht vertreten.

Die Äußerungen machen deutlich, dass die Forderungen des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) und der Neuen Richtervereinigung e. V. (NRV)

Keine Corona-Warn-App ohne gesetzliche Absicherung

Corona-Warn-App: „Die Anordnung zur Installation der App auf dem Diensthandy ist grundsätzlich zulässig…“ weiterlesen

Corona-Warn-App: Freiwilligkeit darf nicht durch zweckwidrige Nutzung untergraben werden!

Stellungnahme der Konferenz der unabhängigen Datenschutzaufsichtsbehörden des Bundes und der Länder:

Mit der am 16. Juni 2020 durch den Bund vorgestellten Corona-Warn-App steht ein freiwilliges Instrument mit einer dezentralen Speicherung auf dem jeweiligen Smartphone zur Nachverfolgung eventueller Infektionen zur Verfügung.Die Datenschutzkonferenz sieht das datenschutzfreundliche Grundkonzept als Realisierung des Grundsatzes von Datenschutz by Design.Sie weist allerdings darauf hin, dass insbesondere der Ansatz der Freiwilligkeit nicht durch eine zweckentfremdende Nutzung unter-graben werden darf: Der Zugang zu behördlichen Einrichtungen, Arbeitsstätten, Handelsgeschäften, Gastronomiebetrieben und Beherbergungsstätten, Sportstätten, etc. darf nicht vom Vorweisen der App abhängig gemacht werden.Hierbei würde es sich um eine zweckwidrige Verwendung handeln, die bereits mit dem Konzept der Freiwilligkeit nicht vereinbar ist. Eine Diskriminierung von Personen, die die App nicht anwenden, ist auszuschließen.“

Quelle: Pressemitteilung der Konferenz der unabhängigen Datenschutzaufsichtsbehördendes Bundes und der Länder vom 16.06.2020

Stellungnahme des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) zur Corona Tracing App: Offene arbeitsrechtliche, gesundheitspolitische und grundrechtsrelevante Fragen umgehend gesetzlich regeln

Seit 15.06.2020 ist die Corona Tracing App nutzbar – aber ohne ein begleitendes Gesetz zur Regelung der Nutzung. Dazu sagte Anja Piel, DGB-Vorstandsmitglied, am 15.06.2020:

Oberste Maßgabe in einer Pandemie ist es, die Ausbreitung der Infektion zu stoppen und so restriktive Einschränkungen zu vermeiden. Alles, was hilft, einen zweiten Shutdown zu verhindern, ist gut. Eine Tracing App kann dazu beitragen. Grundvoraussetzung für die Akzeptanz für die geplante Corona Tracing App sind klare rechtliche Regelungen für die Nutzerinnen und Nutzer. Wenn es der Bundesregierung nicht gelingt,  für die nötige Akzeptanz zu sorgen, werden nur wenige das Instrument freiwillig nutzen – eine echte Hilfe bei der Eindämmung der Pandemie kann die App aber nur bei einer Vielzahl von Nutzern werden. Die Bundesregierung muss deshalb die offenen arbeitsrechtlichen, gesundheitspolitischen und grundrechtsrelevanten Fragen jetzt umgehend gesetzlich regeln. Stellungnahme des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) zur Corona Tracing App: Offene arbeitsrechtliche, gesundheitspolitische und grundrechtsrelevante Fragen umgehend gesetzlich regeln weiterlesen

Corona-Warn-App: „Aus Freiwilligkeit darf kein Zwang werden“ – fordert die Verbraucherzentrale

Ein Statement von vzbv-Vorstand Klaus Müller zur Corona-Warn-App: Die Corona-Warn-App der Bundesregierung geht in die richtige Richtung. Die Entscheidung für eine dezentrale Datenverarbeitung erhöht den Datenschutz und minimiert die Gefahr des Datenmissbrauchs. Das Prinzip der Freiwilligkeit ist essentiell, muss nun in der Praxis aber angewendet und auch kontrolliert werden. Es darf nicht sein, dass Arbeitgeber, Restaurants oder staatliche Behörden die App-Nutzung als Zutritts-Voraussetzung definieren und damit die Freiwilligkeit schleichend zum Zwang machen.  Zu hoffen bleibt aber weiterhin, dass die App die in sie gesetzten Erwartungen erfüllen wird. Auch bei der Umsetzung sind noch einige Fragen zu klären: Haben Betroffene bei positiven Kontaktmeldungen Anspruch auf einen Corona-Test? Wer übernimmt die Kosten dafür? An wen kann man sich wenden?  Wichtig ist ein gesundes Erwartungsmanagement. Es ist gut, dass es die Corona-Warn-App nun gibt. Ein Wundermittel ist sie sicher nicht. COVID-19 wird nicht per App verschwinden. Politik und Gesellschaft sollten aus den App-Daten deshalb keine voreiligen Schlüsse zur Bewertung von Ausgangsbeschränkungen, Hygienemaßnahmen oder individuellen Gesundheitszuständen ziehen.“

So richtig insbesondere die Feststellung ist Das Prinzip der Freiwilligkeit ist essentiell, muss nun in der Praxis aber angewendet und auch kontrolliert werden“ warum fordert dann der vzbv – so wie z. B. Neue Richtervereinigung e. V. die

Schaffung einer gesetzlichen Grundlage für die Corona-Warn-App?

Die Schaffung einer technischen Infrastruktur zur Nachverfolgung alltäglicher Begegnungen potentiell aller Menschen in Deutschland verlangt nach strengsten rechtlichen Schranken… Für die Verarbeitung der Daten von Millionen Nutzenden fehlte die gesetzliche Rechtfertigung.“ Diese Position vertritt die Neue Richtervereinigung e.V. (NRV) in einer Stellungnahme vom 09.06.2020.

Und diese Forderung zu erfüllen ist zwingend notwendig – um groben Missbrauch der App zu verhindern und um ihre (gesundheitspolitische) Zielsetzung zu befördern.

Corona-Warn-Apps mit Defiziten bei Sicherheit und Datenschutz

Darauf weist die Technische Universität Darmstadt in einer Stellungnahme vom 12.06.2020 hin:

Ein Forschungsteam der Technischen Universität Darmstadt, der Universität Marburg und der Universität Würzburg hat jüngst in Publikationen als theoretisch möglich beschriebene Datenschutz- und Sicherheitsrisiken der Spezifikation des von Google und Apple vorgeschlagenen Ansatzes für Corona-Apps unter realistischen Bedingungen praktisch demonstriert und bestätigt. Auf diesem Ansatz basiert unter anderem die von der Deutschen Telekom und SAP im Auftrag der Bundesregierung entwickelte deutsche Corona-Warn-App; aber auch die schweizerischen und italienischen Kontaktnachverfolgungs-Apps nutzen diese Plattform. Durch Experimente in realen Szenarien zeigte das Forschungsteam, dass bereits theoretisch bekannte Risiken mit gängigen technischen Mitteln ausgenutzt werden können. So kann zum einen ein externer Angreifer detaillierte Bewegungsprofile von mit COVID-19 infizierten Personen erstellen und unter bestimmten Umständen die betroffenen Personen identifizieren. Zum anderen ist ein Angreifer in der Lage, die gesammelten Kontaktinformationen durch sogenannte Relay-Angriffe zu manipulieren, was die Genauigkeit und Zuverlässigkeit des gesamten Kontaktnachverfolgungssystems beeinträchtigen kann Corona-Warn-Apps mit Defiziten bei Sicherheit und Datenschutz weiterlesen

Großbritannien gewährt Google und der Spionage-Software-Firma Palantir Zugang zu medizinischen und anderen Daten von Covid-19-Patient*innen

Das meldet der US-amerikanische Fernsehsender CNBC in einem Beitrag vom 08.06.2020. Großbritanniens National Health Service (Nationaler Gesundheitsdienst) hat dem geheimen US-Technologieunternehmen Palantir Zugang zu privaten persönlichen Daten von Millionen britischer Bürger gewährt, wie aus einem online veröffentlichten Vertrag hervorgeht. Zu den Daten gehören persönliche Kontaktdaten, Geschlecht, Rasse, Beruf, physischer und psychischer Gesundheitszustand, frühere Straftaten sowie religiöse und politische Zugehörigkeit. Großbritannien gewährt Google und der Spionage-Software-Firma Palantir Zugang zu medizinischen und anderen Daten von Covid-19-Patient*innen weiterlesen

Patientendaten-Schutzgesetz (PDSG): Lobby-Gruppen, Unternehmen und Teile der CDU-CSU fordern erweiterte Zugriffsrechte auf Gesundheits- und Behandlungsdaten

Der Entwurf des Patientenrechte-Datenschutz-Gesetzes (PDSG) wird derzeit im Bundestag beraten. Am 27.05.2020 war die parlamentarische Anhörung von Verbänden und Sachverständigen.

Zum Thema Nutzung von Behandlungs- und Gesundheitsdaten durch Privatunternehmen haben sich diverse Lobby-Verbände zu Wort gemeldet, denen die mit dem Digitale-Versorgung-Gesetz (DVG) erweiterten Zugriffsrechte auf die Daten der 70 Mio. gesetzlich versicherten Menschen in Deutschland nicht ausreichen. Patientendaten-Schutzgesetz (PDSG): Lobby-Gruppen, Unternehmen und Teile der CDU-CSU fordern erweiterte Zugriffsrechte auf Gesundheits- und Behandlungsdaten weiterlesen