Schlagwort-Archive: Corona

Corona-Pandemie bekämpfen, Bürgerrechte und Datenschutz wahren! – Appell der Europäischen Akademie für Informationsfreiheit und Datenschutz

Acht Persönlichkeiten, die sich seit vielen Jahren beruflich mit Fragen des Datenschutzrecht beschäftigen, darunter Peter Schaar, ehemaliger Bundesdatenschutzbeauftragter, haben sich in einer gemeinsamen Stellungnahme zu Wort gemeldet. In ihrem Appell erklären sie u. a.:

„Wir stellen fest: Auch in der Coronakrise bleiben Persönlichkeitsrechte – mit den Worten des Bundesverfassungsgerichts – ‚elementare Funktionsbedingung eines auf Handlungs- und Mitwirkungsfähigkeit seiner Bürger begründeten freiheitlich demokratischen Gemeinwesens‘. Sie dürfen nicht vorschnell und ohne die gebotene sorgsam abwägende Prüfung über die bereits bestehenden gesetzlichen Eingriffsmöglichkeiten hinaus dauerhaft eingeschränkt und so der Ausnahmezustand zur Norm erhoben werden. Alle neu erwogenen Maßnahmen müssen sich daran messen lassen, ob sie für eine wirkungsvolle Pandemiebekämpfung wirklich zielführend und erforderlich sind und ob sie den Verfassungsgrundsatz der Verhältnismäßigkeit einhalten… Corona-Pandemie bekämpfen, Bürgerrechte und Datenschutz wahren! – Appell der Europäischen Akademie für Informationsfreiheit und Datenschutz weiterlesen

Baden-Württemberg: Gesundheitsämter übermitteln Daten von Corona-Infizierten an Polizei

Das baden-württembergische Innenministerium und die Polizei nutzen nach eigenen Angaben Listen mit persönlichen Daten von Corona-Patienten, die ihnen von Gesundheitsämtern übermittelt werden. In einem Bericht des SWR wird ein Vertreter des Innenministeriums zitiert mit der Aussage, dass die Informationsweitergabe der Gesundheitsämter erfolge „indem das einzelne Gesundheitsamt dem Polizeipräsidium, das für den Stadt- oder Landkreis zuständig ist, Daten über die Infizierten regelmäßig übermittelt.“ Und weiter: „Wenn die Polizei beispielsweise zu einem Verkehrsunfall gerufen wird, kann sie so überprüfen, ob der Betroffene infiziert ist.“ So könne sie vorab konkrete Schutzmaßnahmen ergreifen. Rechtsgrundlage für diese pauschale Datenübermittlung von den Gesundheitsämtern zur Polizei sei das Gesetz über den öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGDG). Im Bericht des SWR wird auch ein Vertreter der Gewerkschaft der Polizei (GdP) zitiert mit der Aussage: „Uns fehlen Informationen von Infizierten, wenn wir bei Einsätzen ausrücken“, das sei aber nötig, da es der Polizei an Schutzkleidung fehle.

Stefan Brink, Landesdatenschutzbeauftragter in Baden Württemberg wurde von der Badischen Zeitung um eine Stellungnahme gebeten. Er stellte zu diesem Datentransfer fest, die Namen dürften nicht pauschal in Listen, sondern nur einzeln und bei einer konkreten Gefahr für die Beamten herausgegeben werden. Die Information über eine Corona-Infektion sei hochsensibel und könne zu Stigmatisierung führen. Er widerspricht zudem, dass es eine rechtliche Grundlage dafür gebe.“ Baden-Württemberg: Gesundheitsämter übermitteln Daten von Corona-Infizierten an Polizei weiterlesen

Corona-Pandemie und Fluggastdatenspeicherung (PNR): Jetzt Zugriff auf die Fluggastdaten auch für Gesundheitsämter?

Seit mehr als einem Jahr analysiert und speichert das Bundeskriminalamt auf der Grundlage der Richtlinie (EU) 2016/681 vom 27.04. 2016 über die Verwendung von Fluggastdatensätzen (PNR-Daten) und des Fluggastdatengesetzes (FlugDaG) eine Vielzahl persönlichen Daten (§ 2 FlugDaG) aller Menschen, die in Deutschland einen internationalen Flug antreten oder am Ende eines solchen Flugs landen. Bisher war der Zweck dieser Regelungen in § 1Abs. 2 Fluggastdatengesetz (FlugDaG) wie folgt begrenzt: „Das Fluggastdaten-Informationssystem dient der Verhütung und Verfolgung von terroristischen Straftaten und schwerer Kriminalität. Im Gesetzentwurf der Fraktionen von CDU/CSU und SPD im Bundestag für ein Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweitesoll die Nutzung der gespeicherten PNR-Daten jetzt auch auf die Gesundheitsämter ausgeweitet werden. Corona-Pandemie und Fluggastdatenspeicherung (PNR): Jetzt Zugriff auf die Fluggastdaten auch für Gesundheitsämter? weiterlesen

Nicht nur wegen Corona: Gesundheitsschutz in vielen Krankenhäusern, Pflege- und Betreuungseinrichtungen unzureichend

Derzeit häufen sich die Solidaritätsbekundungen für die Beschäftigten im Gesundheitswesen. Politiker*innen, A-, B- und C-Prominente, aber auch (Normal-)Bürger*innen überschütten die Beschäftigten im Gesundheitswesen, aber auch in der Lebensmittelversorgung mit Lob und Komplimenten.

Doch was sehen die, die in Krankenhäusern arbeiten, als vordringlich an?

In einem Offenen Brief an den Regierenden Bürgermeister von Berlin, die Berliner Gesundheitssenatorin und die Leitungen der Kliniken in der Berliner Charité haben sich jetzt Beschäftigte, gewerkschaftliche und betriebliche Interessenvertreter*innen zu Wort gemeldet und aus der Innensicht von Krankenhaus-Beschäftigten deutlich gemacht, was unter den Bedingungen von Corona für Beschäftigte und Patient*innen vordringlich zu regeln ist. Hier die aktuellen Forderungen: Nicht nur wegen Corona: Gesundheitsschutz in vielen Krankenhäusern, Pflege- und Betreuungseinrichtungen unzureichend weiterlesen

Auch in der Coronavirus-Krise: Protest wirkt! Jens Spahn muss die geplante flächendeckende Handyortung stornieren

Bei schnellen politischen Entscheidungen von weitreichender Bedeutung ist Transparenz gegenüber den davon betroffenen Menschen unverzichtbar – wenn Demokratie ernst genommen wird. Der vom Bundesgesundheitsministerium ausgearbeitete Referentenentwurf zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) wurde der breiten Öffentlichkeit aber erst durch eine Veröffentlichung auf der Transparenz-Plattform FragDenStaat.de bekannt.

Dass in der Corona-Krise schnelle Entscheidungen notwendig sind, um das Ausmaß der pandemischen Entwicklung zu begrenzen und weitere Ressourcen zur Bekämpfung der Pandemie zu erschließen dürfte weitgehend akzeptiert sein. Aber auch in einer Krise muss gelten: Maßnahmen müssen dem Problem angemessen, Eingriffe in Grundrechte müssen verhältnismäßig und Sonderregelungen müssen zeitlich eng befristet sein. Welche Maßstäbe dabei angelegt werden müssen, hat die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) in einem Beitrag zum Thema Corona und Grundrechte erläutert.

Im Gesetzentwurf aus dem Hause Spahn sind u. a. neue Regelungen enthalten zur Zwangsverpflichtung von Ärzt*innen, Angehörigen von Gesundheitsfachberufen und Medizinstudent*innen sowie zur flächendeckenden Handyortung. Letzteres liest sich wie folgt:
Auch in der Coronavirus-Krise: Protest wirkt! Jens Spahn muss die geplante flächendeckende Handyortung stornieren weiterlesen

Covid-19 – Gesundheitsarbeiter*innen fordern: Menschen vor Profite

Auf WeAct! – der Petitionsplattform von Campact – wurde eine Petition veröffentlicht, die Unterstützung verdient hat.

Die aktuellen Forderungen lauten: Um diese Krise zu bewältigen, bedarf es außergewöhnlicher Maßnahmen. Wir sehen aktuell, was möglich ist, wenn die politischen Entscheidungsträger*innen es wollen. Deswegen fordern wir angesichts einer absehbaren Ausnahmesituation für die Krankenhäuser konkret:

  • Konsequente Aktivierung und Mobilisierung aller verfügbaren Ressourcen (Menschen, Material, Geld) – vor allem aber: JETZT mehr Personal und ausreichend Schutzkleidung!
  • Vorausschauend planen: “Worst case” annehmen und agieren statt reagieren.
  • Hygienemaßnahmen unmittelbar verbessern; sofortige Aufstockung des Reinigungspersonals; engmaschige Tests von Mitarbeiter*innen.
  • Konsequente Absage planbarer Eingriffe, wo es medizinisch vertretbar ist.
  • Einbindung der verschiedenen Fachbereiche und Berufsgruppen in erweiterte Krisenstäbe an den Krankenhäusern.
  • Transparenz bzgl. betroffener Patient*innen, Maßnahmen, Planungen, Bettenkapazitäten und Materialbeständen in jeder Klinik!
  • Ausreichend Testzentren und mobile Test-Teams zur Entlastung der Notaufnahmen.
  • Sofortiger Stopp geplanter und laufender Krankenhausschließungen!“

Covid-19 – Gesundheitsarbeiter*innen fordern: Menschen vor Profite weiterlesen

Corona – auch ein Türöffner für den Überwachungsstaat?

Diese Frage bewegt – neben der Sorge um die eigene Gesundheit und die der Familienangehören, Freund*innen, Kolleg*innen, Nachbar*innen – viele Menschen die wissen, wie lange es dauerte bis grundlegende Freiheitsrechte wie das Recht auf die freie Entfaltung der Persönlichkeit (Art. 2 Grundgesetz), die Versammlungsfreiheit (Art. 8 Grundgesetz), das das Post- und Fernmeldegeheimnis (Art. 10 Grundgesetz), die Freizügigkeit im ganzen Bundesgebiet (Art. 11 Grundgesetz), das Asylrecht (Art. 16a Abs. 1 Grundgesetz) und weitere Freiheitsrechte zur Grundlage unserer Rechtsordnung wurden.

Ja, in § 32 Infektionsschutzgesetz (IfSG) gibt es Regelungen, dass „die Grundrechte der Freiheit der Person (Artikel 2 Abs. 2 Satz 2 Grundgesetz), der Freizügigkeit (Artikel 11 Abs. 1 Grundgesetz), der Versammlungsfreiheit (Artikel 8 Grundgesetz), der Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13 Abs. 1 Grundgesetz) und des Brief- und Postgeheimnisses (Artikel 10 Grundgesetz) … eingeschränkt werden“ können. Und Ja, wir erleben, wie dies derzeit live und täglich neu mit einer Vielzahl rechtlicher Regelungen umgesetzt wird, die vom Bund, den 16 Bundesländern, aber auch von Landkreisen, Städten und Gemeinden erlassen werden. Ein Ende dieser Fahnenstange ist noch nicht absehbar.

Vieles, was jetzt angeordnet oder einfach auch nur „gemacht“ wird, erscheint medizinischen Laien, auch dem Verfasser dieses Beitrags,  vernünftig und angemessen. Aber spätestens bei der Massenüberwachung von Kommunikationsmitteln (Beispiel: Telekom liefert Bewegungsdaten von Handy-Nutzer*innen an das Robert-Koch Institut) drängen sich Fragen auf, z. B.: Corona – auch ein Türöffner für den Überwachungsstaat? weiterlesen

Unternehmen und Corona – der Datenschutz in der Krise

Darf ein Unternehmen Daten – auch Gesundheitsdaten – von Besuchern und Mitarbeitern sammeln, um damit eigene oder fremde Ideen umzusetzen, wie man das Corona-Virus eindämmen sollte? Dürfen zum Beispiel die Arbeitnehmer einer Firma gefragt werden: „Kommen Sie aus einem Risiko-Gebiet? Haben Sie Fieber?“ Dazu gibt es unterschiedliche Auffassungen der Datenschutz-Aufsichtsbehörden in Europa, trotz sehr ähnlicher Rechtslage.

Die Aufsichtsbehörden von Frankreich, Italien, Belgien und den Niederlanden sagen „Nein“. Und das, obwohl der Virus in Italien  und Frankreich am schlimmsten wütet. In Deutschland dagegen gibt der Bundesbeauftragte für Datenschutz den Unternehmen grünes Licht. Ähnlich der sonst so datenschutzfreundliche Landesbeauftragte von Baden-Württemberg (wir berichteten). Einen guten Überblick über die verschiedenen Rechtsauffassungen haben Jurist*innen aus der Großkanzlei Taylor Wessing erstellt. Unternehmen und Corona – der Datenschutz in der Krise weiterlesen

Was hat die aktuelle Corona-Virus-Pandemie mit der Finanzierung deutscher Krankenhäuser über Fallpauschalen zu tun?

Das Bündnis Krankenhaus statt Fabrik, in dem u. a. der Verein demokratischer Ärztinnen und Ärzte (vdää), attac, der Verein Solidarisches Gesundheitswesen e.V. und mehrere Landesfachbereiche Gesundheit der Gewerkschaft ver.di zusammenarbeiten, hat am 13.03.2020 zu diesem Thema eine Stellungnahme abgegeben. Wir veröffentlichen sie nachstehend im Wortlaut:

„Die Aussage von Minister Spahn, unser Gesundheitssystem sei auf die neuen Herausforderungen gut vorbereitet, ist eine krasse Fehldiagnose. Auch wenn Panikmache vollkommen unangebracht ist, hält diese uneingeschränkte Einschätzung einem Faktencheck nicht stand: Was hat die aktuelle Corona-Virus-Pandemie mit der Finanzierung deutscher Krankenhäuser über Fallpauschalen zu tun? weiterlesen

Corona, die Bürger*innen-Rechte und der (Gesundheits-)Datenschutz: „CoView19“ – Macht mit!

epicenter.works, hervorgegangen aus dem Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung Österreich, hat am 16.03.2020 eine rechtliche Analyse der COVID-19-Gesetze und Verordnungen veröffentlicht, die in Österreich am 14./15.03.2020 beschlossen bzw. erlassen wurden. In einer summarischen Bewertung, die der näheren Analyse vorangestellt ist, erklärt epicenter.works:

Als unabhängige Grundrechtsorganisation haben wir uns diese Maßnahmen angesehen und im Detail analysiert… Die Maßnahmen bringen eine enorme Einschränkung für das Leben der Bevölkerung mit sich. Insbesondere dort wo in die Bewegungsfreiheit der Menschen eingegriffen wird, sehen wir eine besonders große Gefahr… Vor dem Hintergrund dieser Maßgabe ist es absolut essentiell, dass die erlassenen Gesetze und Verordnungen mit einem fixen Ablaufdatum versehen und einem genau spezifizierten Zweck gewidmet sind. Die beschlossenen Maßnahmen erscheinen uns notwendig anlässlich der enormen Gefahr für das Leben großer Teile der Bevölkerung. Die beschlossenen Maßnahmen sind nützlich, um die Ausbreitung des Virus einzudämmen und das Gesundheitssystem vor einem Kollaps zu bewahren. Auch wenn hierbei in einzelne Grundrechte, wie die Versammlungs- und Berufsfreiheit, eingegriffen wird, erachten wir die getroffenen Maßnahmen in dieser Situation und mit den eingebauten Safeguards als verhältnismäßig…“

Eine unter bürgerrechtlichen Gesichtspunkten vorgenommene vergleichbare Bewertung der Maßnahmen in Deutschland, die auf Grund des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) und weiterer – auch neuer – rechtlicher Regelungen vom Bund, den 16 Bundesländern, aber auch von Landkreisen, Städten und Gemeinden ergriffen wurden, fehlt in Deutschland noch bzw. ist nur rudimentär vorhanden. Corona, die Bürger*innen-Rechte und der (Gesundheits-)Datenschutz: „CoView19“ – Macht mit! weiterlesen