Schlagwort-Archive: Digitalisierung

Es gibt ein Recht auf analoges Leben – aber kaum mehr in Dänemark, auch nicht im Gesundheitswesen

Dort ist die Zwangsdigitalisierung in allen Lebensbereichen – insbesondere im Kontakt mit staatlichen Stellen und damit auch im Gesundheitswesen – außerordentlich weit fortgeschritten. Darauf machen zwei Beiträge in der Frankfurter Rundschau vom 30.09.2022 aufmerksam.

Thomas Borchert, ein in Kopenhagen lebender deutscher Journalist, schildert in einem Beitrag unter dem Titel „Alles nur noch online in Dänemark“ seine Alltagserfahrungen: Es gibt ein Recht auf analoges Leben – aber kaum mehr in Dänemark, auch nicht im Gesundheitswesen weiterlesen

Ein Blick über die Grenze: Die elektronische Patientenakte (ePA) in Frankreich

Der Bertelsmann-Konzern ist mit der Konzerntochter Arvato Systems ganz dick im Geschäft beim Verkauf von Komponenten für die Telematikinfrastruktur im Gesundheitswesen in Deutschland.

Zugleich ist die Bertelsmann-Stiftung seit vielen Jahren Propagandist der Digitalisierung des Gesundheitswesens. Unter dem Titel „Digitalisierungsstrategien im internationalen Vergleich“ hat sie im November 2018 auf mehr als 300 Seiten aufgelistet, was im (außer-)europäischen Ausland in den letzten Jahren / Jahrzehnten an (Fehl-)Entwicklungen festzustellen ist. 18 dieser Seiten beschäftigen sich mit der Entwicklung in Frankreich. Sie sind lehrreich – auch für Kritiker*innen der von (Noch-)Bundesgesundheitsministerter Jens Spahn (CDU) forcierten Digitalisierung des deutschen Gesundheitswesens. Und sie weisen durchaus Parallelen zur Entwicklung im deutschen Gesundheitswesen auf.

Einige (chronologisch sortierte) Auszüge: Ein Blick über die Grenze: Die elektronische Patientenakte (ePA) in Frankreich weiterlesen

„Der Digitalisierung im Gesundheitswesen eine Richtung geben und sie im Interesse der Nutzerinnen und Nutzer vorantreiben“ – Licht und Schatten in einem Antrag der Bundestagsfraktion der Grünen

Am 25.09.2019 hat die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN unter der Überschrift Der Digitalisierung im Gesundheitswesen eine Richtung geben und sie im Interesse der Nutzerinnen und Nutzer vorantreiben“ einen Antrag (Drucksache 19/13539) in den Bundestag eingebracht.

Richtig ist die Feststellung zu Beginn: Digitalisierung ist kein Selbstzweck. Es geht nicht primär um die Frage, ob das Gesundheitswesen digitalisiert wird, ob mehr Apps oder andere digitale Anwendungen eingesetzt werden, vielmehr muss durch eine systematische politische und strategische Begleitung des gesamten Digitalisierungsprozesses und durch entsprechende Rahmenbedingungen sichergestellt werden, dass primär ein Nutzen für die Patientinnen und Patienten und ihre Versorgung, für das Gesundheitswesen, für die Pflege und für die Forschung tatsächlich erzielt wird.“ „Der Digitalisierung im Gesundheitswesen eine Richtung geben und sie im Interesse der Nutzerinnen und Nutzer vorantreiben“ – Licht und Schatten in einem Antrag der Bundestagsfraktion der Grünen weiterlesen

20 % aller Ärzt*innen boykottieren – Spahn will Druck auf Verweigerer erhöhen

„‚Mich wundert, dass 20 Prozent der Praxisinhaber offenbar lieber in Kauf nehmen, ein Prozent vom Umsatz abgezogen zu bekommen, als sich an die gesetzliche Frist vom 30. Juni zu haltenWenn sich viele verweigern, müssen wir noch einmal nachdenken, wie wir darauf reagieren‘…“ Diese Aussage von Spahn findet sich am 15.05.2019 im Deutschen Ärzteblatt

In einem aktuellen Beitrag auf der Homepage der Ärzt*innen-Initiative „Freiheit für 1%“ wird Ilka Enger, Vorsitzende der IG Med (Interessensgemeinschaft Medizin), zitiert mit der Aussage: „Es dürften deutlich mehr als 20% sein. Ich rechne eher mit 30 bis 40%, die vernünftig genug sind, sich nicht an die unsichere TI-Infrastruktur zwingen zu lassen. 20 % aller Ärzt*innen boykottieren – Spahn will Druck auf Verweigerer erhöhen weiterlesen

„Ja – ich bleibe dabei – ein Konnektor kommt nicht in meine Praxis“

Diese Erklärung steht am Beginn einer Stellungnahme eines Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten aus der Region Rhein-Main. Der Verfasser hat seine Stellungnahme der Redaktion dieser Homepage zur anonymisierten Veröffentlichung zur Verfügung gestellt. Diesem Wunsch kommen wir gerne nach. Die Stellungnahme kann hier im Wortlaut nachgelesen werden.

Am Ende der Stellungnahme teilt der Verfasser mit: „Das Netzwerk sammelt auch Telematik-Verweigerer um Aktivitäten zu planen. Dort haben sich bereits mehr als 1.800 KollegInnen angemeldet…“

Der Widerstand unter Ärzt*innen und Psychotherapeut*innen gegen den Anschluss an die Telematik-Infrastruktur ist weiter stark. Einige weitere Beispiele: „Ja – ich bleibe dabei – ein Konnektor kommt nicht in meine Praxis“ weiterlesen

Ein Blick über die Grenze: Digitale Patientendossiers in Frankreich – Viel Geld verbrannt, viel Zeit ins Land gegangen und trotzdem ein Flop

Der Blog “Der digitale Patient” ist ein Produkt der Bertelsmann-Stiftung. In seinen Beiträgen kommen regelmäßig Befürworter*innen der ungebremsten Digitalisierung im Gesundheitswesen zu Wort. E-Health-Entwicklungen, z. B. in Dänemark, Estland, Israel, Österreich oder der Schweiz werden in den höchsten Tönen gelobt und gegenüber Politik und Öffentlichkeit in Deutschland als Vorbilder gepriesen. Im Beitrag vom 22.11.2018 Digitale Patientendossiers in Frankreich: Nach vielen Anläufen erfolgreich? sind dagegen deutliche Moll-Töne zu hören:

“Stell dir vor, es gibt die elektronische Patientenakte, und keiner nutzt sie. So geschehen in Frankreich. Ein Blick über die Grenze: Digitale Patientendossiers in Frankreich – Viel Geld verbrannt, viel Zeit ins Land gegangen und trotzdem ein Flop weiterlesen

IT-Infrastrukturen des Gesundheitssektors nicht ausreichend: Sicherheit hält mit der Vernetzung nicht Schritt

Mit dieser These wird Pierre Gronau, Geschäftsführer der Gronau IT Cloud Computing GmbH in der Mittelbayrischen Wirtschaftszeitung vom Juli 2018 zitiert. In einem Interview, das die Zeitung veröffentlichte, kommt Gronau zu interessanten – dem Mainstream widersprechenden – Bewertungen.

  • Zur Frage “wie ist es um die Digitalisierung des Gesundheitssektors bestellt?” stellt Gronau fest: “… In den Krankenhäusern… ist das große Problem, dass die Digitalisierung nicht mit den Anforderungen an die IT-Sicherheit Schritt hält. Laut Eigenangaben verwendet nur ein Drittel der 130 Krankenhäuser Deutschlands, die als kritische Infrastruktur eingestuft werden, eine dem Stand der Technik gemäße IT. Mindestens zwei Drittel aller Krankenhäuser – wahrscheinlich sind es viel mehr – sind durch die Anbindung an das Internet unzureichend vor Cyberangriffen geschützt.”

IT-Infrastrukturen des Gesundheitssektors nicht ausreichend: Sicherheit hält mit der Vernetzung nicht Schritt weiterlesen

Die Pläne der GroKo zur Digitalisierung des Gesundheitswesens

Das Handelsblatt hat am 06.02.2018 auf seiner Homepage den zum 05.02.2018, 11:30 Uhr bestehende Verhandlungsstand zu einem Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD veröffentlicht. Im Abschnitt “e-Health/Gesundheitswirtschaft” (S.93 f.) ist zu lesen:

“Die Digitalisierung des Gesundheitswesens ist eine der größten Herausforderung desGesundheitswesens in den nächsten Jahren.

Wir werden die Telematikinfrastruktur weiter ausbauen und eine elektronische Patientenakte für alle Versicherten in dieser Legislaturperiode einführen. Wir wollen neue Zulassungswege für digitale Anwendungen schaffen, die Interoperabilität herstellen und die digitale Sicherheit im Gesundheitswesen stärken. Die einschränkenden Regelungen zur Fernbehandlung werden wir auf den Prüfstand stellen. Auch die pflegerische Versorgung wollen wir mit den Möglichkeiten der Digitalisierung weiterentwickeln, so dass sowohl Pflegekräfte als auch pflegebedürftige Menschen Informations- und Kommunikationstechnologien sowie neue technischen Anwendungen besser nutzen können. Dazu gehört auch, die Pflege in die Telematikinfrastruktur einzubeziehen. Ziel ist zudem, Bürokratie in Diagnostik und Dokumentation abzubauen. Die Pläne der GroKo zur Digitalisierung des Gesundheitswesens weiterlesen

Wenn Propheten über e-Health und Digitalisierung sprechen – eine Glosse über Blütenträume, Datenschutz und Gesundheitsdaten

Am 09.10.2017 veröffentlichte Ärzteblatt.de, die Internet-Zeitung der Bundes­ärzte­kammer und der Kassenärztliche Bundesvereinigung, einen Beitrag unter dem Titel E-Health: Von Zeitgewinn und Präventionschancen“. Darin kommen glühende Befürworter der Digitalisierung im Gesundheitswesen zu Wort.

Die schönsten Phantasien und Stilblüten – vorgetragen von Christian Baudis (lt. Ärzteblatt.de „Internet-Experte und Digitalunternehmer“) – seien hier zusammengetragen:

  • Durch die zunehmende Digitalisierung verdoppelten sich schon heute jährlich die Daten; genutzt würden aber nur ein Prozent davon. Mit intelligenten Algorithmen könnten sie hingegen auch für das Gesundheitswesen nutzbar gemacht werden, damit Ärzte zum Beispiel viel stärker präventiv tätig sein können. ‚Es wäre doch schön, wenn ich wüsste, dass mein Patient in fünf Tagen Husten bekommt, und ich ihm frühzeitig etwas verschreiben kann‘…“
  • Baudis… ergänzte mit Blick auf Exoskelette, dass es bereits gelungen sei, ‚Teile der Gedanken zu lesen, die Elektroimpulse abzuleiten und in mechanische Bewegung umzusetzen‘. Er geht davon aus, dass sich die Technik so weiterentwickeln wird, dass man künftig Unfälle und Stürze vorhersagen und damit verhindern kann.“
  • Baudis sprach von einem erheblichen Zeitgewinn, wenn Patienten bereits mit digitalen Gesundheitsdaten in die Praxis kommen. ‚Von den zwei Minuten Zeit, die ein Arzt im Schnitt für jeden Patienten hat, hat er heute eineinhalb Minuten, mich zu vermessen und eine halbe Minute für die Beratung. Künftig gibt es zwei Minuten für die Beratung, weil die Daten schon da sind‘“

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