„Der Digitalisierung im Gesundheitswesen eine Richtung geben und sie im Interesse der Nutzerinnen und Nutzer vorantreiben“ – Licht und Schatten in einem Antrag der Bundestagsfraktion der Grünen

Am 25.09.2019 hat die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN unter der Überschrift Der Digitalisierung im Gesundheitswesen eine Richtung geben und sie im Interesse der Nutzerinnen und Nutzer vorantreiben“ einen Antrag (Drucksache 19/13539) in den Bundestag eingebracht.

Richtig ist die Feststellung zu Beginn: Digitalisierung ist kein Selbstzweck. Es geht nicht primär um die Frage, ob das Gesundheitswesen digitalisiert wird, ob mehr Apps oder andere digitale Anwendungen eingesetzt werden, vielmehr muss durch eine systematische politische und strategische Begleitung des gesamten Digitalisierungsprozesses und durch entsprechende Rahmenbedingungen sichergestellt werden, dass primär ein Nutzen für die Patientinnen und Patienten und ihre Versorgung, für das Gesundheitswesen, für die Pflege und für die Forschung tatsächlich erzielt wird.“

Richtig ist auch die Feststellung, dass „die informationellen Selbstbestimmungsrechte der Patientinnen und Patienten sowie der Pflegebedürftigen nicht als Hindernis, sondern als Grundlage für Akzeptanz und Vertrauen in die digitale Transformation zu verstehen“ sind. Dass Patient*innen, die sich – gut informiert und aus freien Stücken – für die Nutzung einer elektronischen Patienten*innenakte entscheiden, ein „verständliches und leicht zu pflegendes Einwilligungs- und Berechtigungsmanagement für die in die elektronische Patientenakte(ePA) einzustellenden Daten“ erhalten „und den Versicherten schon zum Start der ePA die Möglichkeit ein(ge)räumt (wird), die in die ePA aufgenommenen Befunde und Behandlungsdaten nur bestimmten Leistungserbringern zugänglich zu machen“ sind unabdingbare Selbstverständlichkeiten.

Auch die Forderung nach einem Beschlagnahmeverbot nach § 97 StPO, das vollumfänglich auch auf die in der elektronischen Patientenakte nach § 291a SGB V verschlüsselten Daten übertragen“ werden soll und die Forderung, dass sichergestellt bleibt, dass von Versicherten nicht verlangt werden kann, einem anderen als dem in § 291a Abs. 8 SGB V genannten Personenkreis und zu anderen als den dort genannten Zwecken den Zugriff auf ihre elektronische Patientenakte und die darin gespeicherten Daten zu gewähren“, ist gut und richtig.

Den Grünen im Bundestag dämmert auch zu Recht, dass mit der Gematik „kein Staat mehr zu machen“ ist. Fälschlicherweise verorten sie das Problem aber in unzureichendem Projektmanagement. Projektmanagement ist bei IT-Projekten jedoch selten das Problem (höchstens in der Form, dass das halt noch zusätzlich was kostet). Das Problem liegt eher bei den Softwarearchitekten, die keinen oder wenig Realitätsbezug haben oder bestimmte Probleme auch bewusst ausblenden. Das beste Beispiel dafür ist die auch von den Grünen kritisierte abgespeckte elektronische Patientenakte (ePA) ohne Berechtigungskonzept und damit mehr als nur mangelhaftem Schutz sensibelster Gesundheits- und Behandlungsdaten.

Insbesondere in der Begründung ihres Antrags nehmen die Grünen im Bundestag zudem mehrmals unkritisch Bezug auf Studien der Bertelsmann-Stiftung und des Blogs „Digitale Patienten“, der von der Bertelsmann-Stiftung betrieben wird. Die Bertelsmann-Stiftung ist aber kein neutraler Begleiter des Digitalisierungsprozesses im Gesundheitswesen, sondern mit Arvato Systems einer der großen Konzerne in der IT-Gesundheitsindustrie und damit Profiteur der Digitalisierung des Gesundheitswesens.

Auch die unkritische Bezugnahme auf Digitalisierungsprozesse im Gesundheitswesen von Dänemark, Großbritannien und der Schweiz macht nachdenklich.

Dies alles befeuert die Skepsis, dass die Grünen immer noch in erheblichem Umfang digitale Naivlinge sind, die zwar von Datenschutz schreiben, aber gleichzeitig im Hinterkopf haben, dass dies nur eine Frage von gesetzlichen Regelungen wäre und wenig bis nichts mit wirtschaftlichen Interessen und mit technischer oder organisatorischen Datensicherheit zu tun hat.

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