In einem Gutachten kommt das Netzwerk Datenschutzexpertise zu dem Ergebnis, dass der IT-Dienstleister BinDoc aus Tübingen unter Verletzung des Datenschutzes und des Patientengeheimnisses von Krankenhäusern pseudonymisierte Falldaten einsammelt und diese kommerziell weitervermarktet.
BinDoc-Eigenwerbung
Krankenhäuser sind nach § 21 Krankenhausentgeltgesetz verpflichtet, diese Fall-Beschreibungen zu erstellen und für gesetzlich eng definierte Zwecke bereitzustellen. BinDoc bietet Krankenhäusern einerseits an, diese personenbeziehbaren hochsensitiven Gesundheitsdaten für eigene Wirtschaftlichkeits- und Marktanalysen auszuwerten und mit den Daten anderer Krankenhäuser zu vergleichen. Das Unternehmen speichert die Daten der Auftraggeber daher – in vorgeblich anonymisierter Form – um sie für eigene Analysen sowie für andere Auftraggeber zu nutzen.
Diese Dienstleistungen werden von einer Reihe prominenter Krankenhäuser in Anspruch genommen. Unter den Auftraggebern befinden sich sogar staatliche Stellen bis hin zum Bundesgesundheitsministerium. Es ist erstaunlich, wie sehr sich diese Auftraggeber offensichtlich auf die Behauptung des Unternehmens verlassen, es verarbeite nur anonymisierte Daten, obwohl diese Behauptung schon bei genauer Betrachtung der publizierten Dokumente offensichtlich falsch ist.
Tatsächlich verarbeitet BinDoc institutionsübergreifend bundesweit die Patientendaten in pseudonymisierter Form und speichert diese in einer Datenbank, in der nach eigenen Angaben ca. 17 Millionen Behandlungsfälle gespeichert sind. Wenig Zusatzwissen genügt, um die Falldaten zu reidentifizieren.
Karin Schuler vom Netzwerk Datenschutzexpertise: „Die Verantwortlichen der Krankenhäuser machen sich der Verletzung der ärztlichen Schweigepflicht strafbar. Die Speicherung in der zentralen Datenbank stellt eine massive Gefährdung der in den Krankenhäusern behandelten Patienten dar.“ Der Koautor des Netzwerks Thilo Weichert fordert: „Das illegale Vorgehen BinDocs muss grundlegend geändert werden. Krankenhäuser müssen ihre Praxis der Weitergabe der Patientendaten stoppen. Die eingeschaltete Datenschutzaufsicht – der Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit Baden-Württemberg – muss umgehend tätig werden.“
Quelle: Pressemitteilung des Netzwerk Datenschutzexpertise vom 26.06.2024
Das Gutachten des Netzwerks Datenschutzexpertise, auf das sich die Pressemitteilung stützt, finden Sie hier.
Eine Übersicht über illegale Zugriffe auf Gesundheits- und Behandlungsdaten und andere (kleinere und größere) Datenpannen im Umgang mit Gesundheits- und Behandlungsdaten finden Sie hier.