Die federführenden Ausschüsse des Europäischen Parlaments haben am 28.11.2023 für die Schaffung eines „Europäischen Raums für Gesundheitsdaten“ (European Health Data Space – EHDS) gestimmt, mit dem Informationen über sämtliche ärztliche Behandlungen von EU-Bürger*innen zusammengeführt werden sollen. Der beschlossene Gesetzentwurf im Wortlaut (in Englisch) ist hier
nachlesbar. EU-Parlamentsausschüsse stimmen für Zwang zur vernetzten elektronischen Patientenakte für alle weiterlesen
Lauterbachs Visionen: Künstliche Intelligenz (KI) als Zuhörerin bei Gesprächen zwischen Ärzt*innen und Patient*innen?
In einem Beitrag, der in der Fachzeitschrift NeuroTransmitter 11/2023 veröffentlicht wurde, informiert Dr. med. Andreas Meißner, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie in München und einer der Sprecher*innen des Bündnis für Datenschutz und Schweigepflicht über Aussagen von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD). Wir zitieren: Lauterbachs Visionen: Künstliche Intelligenz (KI) als Zuhörerin bei Gesprächen zwischen Ärzt*innen und Patient*innen? weiterlesen
Die elektronische Patientenakte (ePA) soll kein Ladenhüter bleiben.
Im Januar 2023 veröffentlichte die Bertelsmann Stiftung ein Impulspapier zur Einführung der elektronischen Patientenakte (ePA) [1]. Auf Basis einer bevölkerungsrepräsentativen Befragung von insgesamt 1871 Personen im Alter ab 14 Jahren wurden Handlungsempfehlungen erstellt und der Politik sowie den beteiligten Berufs- und Interessengruppen an die Hand gegeben. Das Ziel dieser Befragung bestand darin, Argumente zu finden, wie man die ePA der Bevölkerung schmackhaft machen kann. Die elektronische Patientenakte (ePA) soll kein Ladenhüter bleiben. weiterlesen
Psychotherapeut*innen fordern: Patient*innen müssen selbstbestimmt über die Nutzung ihrer Gesundheitsdaten entscheiden können
In einer Resolution, die vom 43. Deutscher Psychotherapeutentag am 17./18.11.2023 verabschiedet wurde, wird festgestellt: „Mit großer Sorge beobachtet die Psychotherapeutenschaft Bestrebungen im Zusammenhang mit dem Europäischen Gesundheitsdatenraum (EHDS), die Nutzung der Gesundheitsdaten für Forschungszwecke deutlich über das Recht auf informationelle Selbstbestimmung zu setzen.“
Die Forderung lautet: „Das Kernstück der Digitalisierung, die ePA, muss sich am Nutzen für Patient*innen und Leistungserbringer*innen im konkreten Versorgungsablauf orientieren. Es muss bei der Etablierung von gesetzlichen Regelungen auf EU- und Bundesebene gewährleistet werden, dass Versicherte bewusst aktiv entscheiden können, ob sie eine ePA nutzen möchten und wenn ja, welche Daten darin gespeichert werden und wer diese einsehen und nutzen kann.“ Psychotherapeut*innen fordern: Patient*innen müssen selbstbestimmt über die Nutzung ihrer Gesundheitsdaten entscheiden können weiterlesen
Statt bewusster und informierter Einwilligung: Opt-out auch bei der Organspende?
Die Landesregierungen von Nordrhein-Westfalen (CDU/Grüne) und Baden-Württemberg (Grüne/CDU) haben am 10.11.2023 eine Entschließung unter dem Titel „Einführung einer Widerspruchslösung als Grundlage für die Zulässigkeit der Organentnahme im Transplantationsgesetz (TPG)“ in den Bundesrat eingebracht.
Ziel der Entschließung ist es, dass der Bundesrat die Bundesregierung auffordert, „angesichts der niedrigen und rückläufigen Organspendezahlen… einen Gesetzentwurf in den Deutschen Bundestag einzubringen, der vorsieht, dass die Widerspruchslösung als Grundlage für die Zulässigkeit der Organentnahme in das Transplantationsgesetz (TPG) aufgenommen wird.“ Statt bewusster und informierter Einwilligung: Opt-out auch bei der Organspende? weiterlesen
Aberwitzig: Chef der Uniklinik Frankfurt empfiehlt als Schutz vor Hackerangriffen die zentralisierte elektronische Patientenakte
Die Auswirkungen eines Hackerangriffs Anfang Oktober an der Uniklinik Frankfurt sind riesig. Die komplette IT muss nach Angaben des Ärztlichen Direktors Jürgen Graf neu aufgesetzt werden. Eine dreistellige Zahl an IT-Fachleuten sei dabei, die Cyberattacke aufzuarbeiten, Übergangslösungen zu bauen und die Systeme neu aufzusetzen. Bis alles wieder ohne Einschränkungen läuft, werde es Monate dauern, sagte Graf nach Angaben der Hessenschau. Die reguläre Homepage ist seitdem offline, es gibt lediglich eine Seite mit Kontaktdaten zu den einzelnen Abteilungen. Derzeit würden Rechnungen zum Teil gefaxt und Verbindlichkeiten per Papier-Überweisungsträger beglichen. Auch das Telefon erlebe eine Renaissance. Es sei wie in den 80er-Jahren, erklärte Graf. Immerhin sei eine Lösung gefunden, um zumindest von einigen Rechnern mit der Außenwelt verbunden zu sein. Im Klinikum gebe es als rot definierte Computer, sie dürften nur innerhalb des Hauses benutzt werden; und nur die grün markierten Rechner dürften nach draußen kommunizieren.
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Kehrtwende der Linksfraktion im Bundestag: Jetzt auch für die opt-out-Patientenakte !?!
Am 10.10.2023, wenige Tage vor ihren politischen Zerfall, hat die Fraktion DIE LINKE einen Antrag „Elektronische Patientenakte zum Wohl der Versicherten nutzen“ in den Bundestag eingebracht (Bundestags-Drucksache 20/8798). Nahezu lyrisch die Einleitung:
- „Die Digitalisierung kann im Gesundheitswesen sowohl mehr als auch weniger Selbstbestimmung für die Patient*innen bzw. Versicherten bedeuten.
- Sie kann Prozesse vereinfachen oder auch verkomplizieren.
- Sie kann die Datensicherheit in der Kommunikation deutlich verbessern oder auch großen Schaden anrichten…“
So weit – so allgemein! Kürzer wäre die Feststellung: Alles ist möglich!
Diesen Sätzen folgt eine – durchaus zutreffende – Beschreibung bisheriger (Fehl-)Entwicklungen bei der Digitalisierung des Gesundheitswesens. Um dann festzustellen: „Das höhere Maß an Verbindlichkeit durch die opt-out-Variante muss daher durch eine Reihe von Maßnahmen flankiert werden, die das Vertrauen von Versicherten und Leistungserbringenden in die ePA stärken…“ Und weiter: „Es muss jederzeit eine anwender*innenfreundliche und barrierefreie Widerspruchsmöglichkeit für die Nutzung einer zugewiesenen ePA gegeben sein…“ Ein klares und eindeutiges NEIN! zur opt-out-Patientenakte (ePA) ist das nicht! Kehrtwende der Linksfraktion im Bundestag: Jetzt auch für die opt-out-Patientenakte !?! weiterlesen
Das will die Bundesregierung: Eine faktische Zwangs-Patientenakte (ePA) und die Freigabe der Gesundheits- und Behandlungsdaten „für die Forschung“ und die Krankenkassen ohne vorherige Einwilligung der Betroffenen
Es wird ernst! Am 09.11.2023 hat die Bundesregierung ihre Gesetzentwürfe für
- das Gesetz zur Beschleunigung der Digitalisierung des Gesundheitswesens (Digital-Gesetz – DigiG) und
- das Gesetz zur verbesserten Nutzung von Gesundheitsdaten (Gesundheitsdatennutzungsgesetz – GDNG)
in den Bundestag eingebracht. Vieles deutet darauf hin, dass die 74 Mio. gesetzlich versicherten Menschen in Deutschland, was den Schutz ihrer Gesundheits- und Behandlungsdaten, aber auch ihrer genetischen Daten angeht, in Kürze in einer neuen Realität ankommen werden. Verlauf und Ergebnisse der 1. Lesung der Bundestagsabgeordneten zu den beiden Gesetzentwürfen lassen dies erkennen. Deutlich wird, dass – über die Abgeordneten der Ampelkoalition hinaus – eine breite Mehrheit des Bundestags den Plänen für eine opt-out-Patientenakte im Grundsatz zustimmen will. Das will die Bundesregierung: Eine faktische Zwangs-Patientenakte (ePA) und die Freigabe der Gesundheits- und Behandlungsdaten „für die Forschung“ und die Krankenkassen ohne vorherige Einwilligung der Betroffenen weiterlesen
Macht es Sinn, jetzt schon eine Erklärung gegen die Zuweisung einer Zwangs-ePA gegenüber der Krankenkasse abzugeben?
Ein Arzt, der sich kritisch mit der Telematik-Infrastruktur auseinandersetzt und deshalb „als Kassenarzt eine Menge Druck aushalten und Zwangszahlungen leisten muss“ hat an den Verein Patientenrechte und Datenschutz eine Anfrage gerichtet: „Was wir (in unserer Praxis) uns fragen:
- Macht es Sinn, dass die Patienten jetzt schon eine Erklärung unterschreiben und der Kranken Kasse zukommen lassen, dass sie da nicht mitmachen?
- Oder geht das eigentlich erst, wenn man schon mit einer ePA zwangsbeglückt worden ist?“
Jan Kuhlmann, Jurist und Mitglied des Vorstands des Vereins Patientenrechte und Datenschutz e.V., hat die beiden Fragen wie folgt beantwortet: „Sehr geehrter Herr Dr. …, vielen Dank für Ihre Mail und Ihr Engagement. Sie schlagen vor, dass PatientInnen schon jetzt gegenüber Ihrer Krankenkasse erklären, dass sie keine Elektronische Patientenakte (ePA) haben wollen.
- Es ist eine gute Idee für eine politische Kampagne. Man müsste den PatientInnen, die daran teilnehmen, aber sagen: Es ist nicht sicher, dass diese Erklärung von den Krankenkassen nach Inkrafttreten eines zukünftigen Gesetzes als wirksames ‚opt-out‘ zur ePA anerkannt wird.
- Die Krankenkassen könnten sagen, es gehörte nicht zu ihren Aufgaben, Erklärungen ihrer Mitglieder in Bezug auf zukünftige Gesetztesvorhaben zu erfassen und zu speichern. Deswegen, so deren mögliche Argumentation, brauchen sie es nicht tun und dürfen es nicht einmal, denn als Behörden dürfen sie nichts tun, was nicht zu ihren Aufgaben gehört.
- Wir halten es für sinnvoll, ein gemeinsames Vorgehen der verschiedenen Organisationen von Patienten- und Datenschützern zu diesem Thema herbeizuführen. In diesem Rahmen sollte Ihr Vorschlag besprochen werden.
- Wir möchten den Vorgang des opt-out jedenfalls automatisiert anbieten, ähnlich wie wir es mit unserem Anfrage-Generator machen (kassenauskunft.de). Solche Ideen müssen breit getragen und von vielen vorbereitet werden. Daran müssen wir alle arbeiten.
Sie weisen zu Recht darauf hin, dass eine gehackte elektronische Patientenakte unter Kriminellen für hunderte EUR oder Dollar gehandelt wird. Unserer Meinung nach kann eine zentral organisiere Infrastruktur für solche Patientenakten nicht sicher sein. Das zeigen zum Beispiel die berühmten „Steuer-CDs“, über die bereits vielfach Bankkonto-Daten von Schweizer Banken bekannt wurden. Bei den ePA kommt noch eine Besonderheit dazu. Sie sollen gar nicht sicher sein. Sonst könnten sie nicht für die Forschung ausgewertet werden…“
Der Europäische Gerichtshof bestätigt das Recht auf kostenlose Erst-Kopie der vollständigen Patientenakte
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat mit Urteil vom 26.10.2023 (Aktenzeichen: C-307/22) die Auskunftsrechte von Patient*innen gegenüber Krankenhäusern und behandelnden Ärzt*innen gestärkt. In seinem Urteil stellt der EuGH klar, dass jeder Person in ärztlicher Behandlung eine kostenfreie Kopie der Patientenakte zusteht. Dieser Anspruch umfasse den vollständigen Inhalt der Akte im Sinne einer originalgetreuen und verständlichen Reproduktion. Der Antrag sei voraussetzungsfrei und müsse nicht begründet werden. Unentgeltlich sei nur die erste Kopie, für weitere Ausfertigungen dürfen Gebühren erhoben werden. Der Europäische Gerichtshof bestätigt das Recht auf kostenlose Erst-Kopie der vollständigen Patientenakte weiterlesen