Archiv der Kategorie: Telematik-Infrastruktur

Auch in zweiter Instanz: Gerichtsverfahren gegen Datensammlung der Krankenkassen erfolgreich

Das 2019 in Kraft getretene Digitale-Versorgung-Gesetz (DVG) sieht vor, dass die Krankenkassen u.a. ärztliche Diagnosen, Daten zu Krankenhausaufenthalten und zu Medikamenten ihrer Versicherten an eine Datensammelstelle des Spitzenverbands der Krankenkassen übermitteln. Diese Daten wurden erstmals zwischen dem 1. August und dem 1. Oktober 2022 in einer Datenbank zusammengeführt. Sie sollen jährlich aufgestockt und bis zu 30 Jahre gespeichert werden. Privatversicherte werden nicht erfasst. Die Datenbank wird auf Antrag interessierten Forschungsinstituten und Firmen zur Verfügung gestellt. Für die Übermittlung der Daten werden lediglich Namen, Geburtstag und -monat der Versicherten entfernt. Es gibt zugleich keine Möglichkeit, der Weitergabe sensibelster Gesundheitsdaten zu widersprechen – auch nicht für besonders schutzbedürftige Menschen. Darin sieht die Gesellschaft für Freiheitsrechte e.V. (GFF) Verstöße gegen das Grundrecht, selbst über die eigenen Daten zu bestimmen, und gegen das Datenschutzrecht der Europäischen Union. Mit ihren Verfahren will sie einen besseren Schutz der Daten erreichen und Missbrauch verhindern. Die GFF reichte am 3.5.2022 gegen die Sammlung von Gesundheitsdaten durch die Datensammelstelle des Spitzenverbands der Krankenkassen zwei Eilanträge bei Sozialgerichten in Berlin und Frankfurt ein. In beiden Verfahren hatten die gesetzlich versicherten klagenden Personen im Jahr 2022 erreicht, dass ihre Gesundheitsdaten bis zum Abschluss des Verfahrens nicht an die Datenstelle der Krankenkassen weitergegeben werden dürfen. Das war ein wichtiger Erfolg.

Inzwischen liegt zu einer dieser beiden Klagen auch eine Entscheidung des Hessischen Landessozialgerichts vom 14.09.2022 (Aktenzeichen: L 8KR 168/22 DS B ER) vor. Im Tenor des Urteils stellt das Gericht fest, dass der Krankenkasse des Klägers im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig untersagt (ist), die den Antragsteller betreffenden, in § 303b Abs. 1 SGB V und § 3 Abs. 1 DaTraV bezeichneten Daten für das Berichtsjahr 2019 an den Spitzenverband Bund der Krankenkassen zu übermitteln.“ Auch in zweiter Instanz: Gerichtsverfahren gegen Datensammlung der Krankenkassen erfolgreich weiterlesen

Die Digitalisierung des Gesundheitswesens; ein „Haifischbecken mit vereinzelten Tintenfischen“

Wilfried Deiß, Hausarzt in Siegen, seit vielen Jahren ein außerordentlich kritischer Begleiter der Digitalisierung des Gesundheitswesens, hat im April 2023 unter diesem Titel eine Information (nicht nur) für seine Patient*innen veröffentlicht. Die Digitalisierung des Gesundheitswesens; ein „Haifischbecken mit vereinzelten Tintenfischen“ weiterlesen

„Digitalisierte Gesundheit“ – Streitgespräch mit Dr. Andreas Meißner (München, Bündnis für Datenschutz und Schweigepflicht) am 27. April in Saarbrücken und online

Dr. Andreas Meißner (München, Bündnis für Datenschutz und Schweigepflicht), Ko-Autor des Buchs Digitalisierte Gesundheit, spricht am Do. 27.04.2023 um 19.00 Uhr in Saarbrücken.

Die Veranstaltung findet als Präsenz- & Online-Veranstaltung in Kooperation mit dem Gesundheitsforum Saarland e.V. und der Liberalen Stiftung Saar in der Villa Lessing in Saarbrücken statt. Alle notwendigen Informationen zur Veranstaltung finden Sie hier.
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Wichtige Fragen und Feststellungen zum Thema opt-out-Patientenakte…

veröffentlicht Lilith Wittmann, die Krawallinfluencerin, der Schwarze Block der Verwaltungsdigitalisierungso ihre Selbstbeschreibung – in acht Tweets auf Twitter:

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Haben (Strafverfolgungs-)Behörden Zugriffsmöglichkeiten auf die elektronische Patientenakte (ePA)? – Die Antwort des Bundesdatenschutzbeauftragten: Das ist nicht ausgeschlossen!

Ein Mitglied einer großen bundesweit vertretenen Krankenkasse hat im November 2021 eine Anfrage zu diesem Thema an den Bundesdatenschutzbeauftragten (BfDI) gerichtet. Im Januar 2023 ging das fünfseitige Antwortschreiben des BfDI beim Anfrage ein. Dieser hat den Schriftwechsel dem Verein Patientenrechte und Datenschutz e.V. und der Bürgerrechtsgruppe dieDatenschützer Rhein Main zur Verfügung gestellt mit der Bitte, sie in anonymisierter Form auszugsweise anderen interessierten Versicherten zur Verfügung zu stellen.

Der Versicherte fragte den Bundesdatenschutzbeauftragten: „Besteht rechtlich die Möglichkeit, dass andere Behörden (z. B. Polizei und Justiz) Zugriff auf die in meiner ePA gespeicherten Unterlagen nehmen können?“ Als Begründung für seine Fragestellung hat der Versicherte auf einschlägige Regelungen in der Strafprozessordnung (StPO) hingewiesen:

  • § 53 StPO  (Zeugnisverweigerungsrecht der Berufsgeheimnisträger);
  • § 97 StPO (Beschlagnahmeverbot) und
  • § 163 StPO (Aufgaben der Polizei im Ermittlungsverfahren).

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Hausärzteverband macht sich zum Vorreiter der opt-out-Patientenakte

Mit einem Eckpunktepapier zur Nutzung der elektronischen Patientenakte im hausärztlichen Versorgungsalltag vom 09.12.2022 hat sich der Deutsche Hausärzteverband zum uneingeschränkten Befürworter der elektronische Patientenakte (ePA) als opt-out-Patientenakte gemacht.

Die erste im Positionspapier benannte Begründung für diese Position stützt sich auf eigenwirtschaftliche Gründe. Die opt-out-ePA stärkt und fördert die Schlüsselposition der Hausärztinnen und Hausärzte im Gesundheitswesen“, meint der Hausärzteverband. Als ein weiterer Grund wird benannt, dass „eine Überversorgung (z. B. Doppeluntersuchungen)… vermieden werden“ kann. Hausärzteverband macht sich zum Vorreiter der opt-out-Patientenakte weiterlesen

Nein! – der GKV-Spitzenverband hat kein Mandat der Versicherten, die opt-out-Patientenakte zu fordern

Weniger als 1 % aller gesetzlich krankenversicherten Menschen in Deutschland hat innerhalb der beiden letzten Jahre für sich die Einrichtung einer elektronischen Patientenakte (ePA) beantragt, obwohl diese Möglichkeit seit 01.01.2021 besteht. Mit Stand 28.12.2022 meldet die gematik, dass lediglich 578.804 der mehr als 70 Mio. gesetzlich versicherter Menschen über eine ePA verfügen.

Quelle: gematik / TI-Dashboard Verlauf ePA 

Trotz aller anderslautenden Bekundungen, auch der gematik selbst: Die (sinnbildlich) „Abstimmung mit den Füßen“ zeigt, dass nur ein Bruchteil der Versicherten die ePA will und nutzt. Nein! – der GKV-Spitzenverband hat kein Mandat der Versicherten, die opt-out-Patientenakte zu fordern weiterlesen

Kassenzahnärztliche Vereinigungen vermuten Korruption beim Konnektortausch und erstatten Anzeige beim Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen

Aufgrund des Verdachts der zweckwidrigen Verwendung von Versichertengeldern haben sieben kassenzahnärztliche Vereinigungen am 11.10.2022 gemeinsam eine Anzeige bei der Antikorruptionsstelle der GKV (dem Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen) erstattet. Das berichtet heise.de am 16.12.2022. In dem Beitrag wird informiert, dass „aufgrund eines Korruptionsverdachts bei den Konnektoren… sieben kassenzahnärztliche Vereinigungen als Verbund eine Anzeige bei den gesetzlichen Krankenkassen (GKV-Spitzenverband) eingereicht“ haben. Sie berufen sich dabei auf das Gesetz ‚zur Bekämpfung der Korruption im Gesundheitswesen‘. Dieses sieht vor, dass Verbände selbst eine Stelle einrichten müssen, um gegen Korruptionsvorwürfe vorzugehen.“ Und weiter: Die anzeigenden kassenzahnärztlichen Vereinigungen werfen der GKV vor, unnötig entstehende Mehrausgaben beim Konnektortausch in Höhe von 72.654.050 Euro allein im Zeitraum 1. September 2022 bis 31. März 2023 hinzunehmen. Dies lege den ‚Verdacht der zweckwidrigen Verwendung von GKV-Mitteln zum Konnektortausch in der Telematikinfrastruktur‘ nahe.“ Kassenzahnärztliche Vereinigungen vermuten Korruption beim Konnektortausch und erstatten Anzeige beim Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen weiterlesen

Bundesrat fordert opt-out-Regelung für die elektronische Patientenakte, aber auch für alle anderen Gesundheits- und Behandlungsdaten

In der Sitzung des Bundesrats am 16.12.2022 wurde ein entsprechender Antrag der Landesregierung Baden-Württemberg (Grüne/CDU), der von den Landesregierungen in Berlin und Bremen (jeweils SPD/Grüne/Linke) unterstützt wurde, beschlossen. In der Entschließung wird gefordert, dass die „Digitalisierung im Gesundheitswesen… zügig und umfassend voranzutreiben“ ist, „um durch die sektorenübergreifende Nutzung von Gesundheitsdaten die medizinische Versorgung der Patientinnen und Patienten zu verbessern und das Innovationspotential Deutschlands im Gesundheitswesen auszuschöpfen.“ Bundesrat fordert opt-out-Regelung für die elektronische Patientenakte, aber auch für alle anderen Gesundheits- und Behandlungsdaten weiterlesen

“Halb zog sie ihn, halb sank er hin“ – oder: Die Datenschutzkonferenz und der Schutz der Gesundheits- und Behandlungsdaten

Goethes Ballade Der Fischer endet mit den Zeilen: „Sie sprach zu ihm, sie sang zu ihm; Da wars um ihn geschehn: Halb zog sie ihn, halb sank er hin, Und ward nicht mehr gesehn.“

Diese Verszeilen kamen aus dem Gedächtnis des Verfassers dieses Beitrags hoch, als er beim Lesen der Petersberger Erklärungder Konferenz der Datenschutzaufsichtsbehörden des Bundes und der Länder vom 24.11.2022 zur datenschutzkonformen Verarbeitung von Gesundheitsdaten in der wissenschaftlichen Forschung“ im Punkt 1. (von ingesamt sieben Punkten) auf die se Aussage stieß: Auch wenn eine Verarbeitung ihrer Daten im öffentlichen Interesse gesetzlich erlaubt und nicht auf ihre Einwilligung gestützt wird, sind die betroffenen Personen in geeigneter Form einzubinden.“ “Halb zog sie ihn, halb sank er hin“ – oder: Die Datenschutzkonferenz und der Schutz der Gesundheits- und Behandlungsdaten weiterlesen