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Elektronische Patientenakte (ePA): Mit der Ampel-Koalition vom Regen in die Traufe…

Der noch wenige Tage amtierende Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) wurde ob seines Digitalisierungswahns und Gesetzgebungseifers auch als „Minister Fleißig“ bezeichnet. Viele Gesetze brachte er auf den Weg, mit denen er Patienten- und Behandlungsdaten erfassen und für die Nutzung durch universitäre Forschung, Pharmakonzerne und Krankenkassen zur Verfügung stellen wollte. An eines aber traute er sich nicht heran: An das in den §§ 342 – 345 SGB V verankerte Prinzip der informierten und freiwilligen Einwilligung (§ 343 Abs. 1. Ziff. 3 und 4 SGB V) zur Nutzung einer elektronischen Patientenakte (ePA).

Dass die ePA – gesetzlich eingeführt zum 01.01.2021 – bislang kein „Renner“ ist, machen Meldungen von Krankenkassen und Medien deutlich. In einem Beitrag des ARD-Magazins plusminus vom 18.08.2021 wird informiert: In Deutschland haben sich bisher erst 260.000 Versicherte für die neue Patientenakte angemeldet. Im Jahr 2020 waren in der Bundesrepublik rund 73,36 Millionen Menschen in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert. Das bedeutet, dass bislang weniger als 0,5 % aller gesetzlich Krankenversicherten eine ePA für sich beantragt haben.

Dies möchte die neue Ampelkoalition aus SPD, Grünen und FDP offensichtlich mit brachialen Methoden jetzt ändern. In ihrem am 24.11.2021 veröffentlichten Koalitionsvertrag erklären Sie dazu:

Quelle: Koalitionsvertrag 2021 – 2025 von SPD, GRÜNEN und FDP, dort S. 83

Bei allem verwendeten Wortgeklingel: Alle Versicherten bekommen DSGVO-konform eine ePA zur Verfügung gestellt; ihre Nutzung ist freiwillig (opt-out)“ bedeutet auch: Das bisher geltende Prinzip der informierten und freiwilligen Einwilligung (§ 343 Abs. 1. Ziff. 3 und 4 SGB V) zur Nutzung einer ePA (opt-in) soll dergestalt geändert werden, dass allen gesetzlich Krankenversicherten eine ePA auf Auge gedrückt wird, von der sie sich nur mit einem mehr oder weniger umständlichen Verfahren wieder verabschieden können. Österreich und die dort vom Gesetzgeber verordnete opt-out-ELGA (so die dortige Abkürzung für die ELektronische GesundheitsAkte) lassen grüßen.

Wie schwierig es Versicherten in Österreich gemacht wird, aus der Zwangs-ELGA wieder auszusteigen und welche Nachteile in der medizinischen Versorgung sie dabei erleiden müssen, wird hier und hier in zwei Beiträgen skizziert.

 

Koalitionsverhandlungen von SPD, Grünen und FDP: “Alle Versicherten bekommen DSGVO-konform eine ePA zur Verfügung gestellt; ihre Nutzung ist freiwillig (opt-out).”

Das meldet der Journalist Detlef Borchers, seit Jahren ein intimer Kenner der Entwicklungen der Telematik-Infrastriuktur im Gesundheitswesen, am a9.11.2021 auf seinem Twitter-Account.

Koalitionsverhandlungen von SPD, Grünen und FDP: “Alle Versicherten bekommen DSGVO-konform eine ePA zur Verfügung gestellt; ihre Nutzung ist freiwillig (opt-out).” weiterlesen

Arbeitsgericht Dresden: 1.500 € Schadenersatz für unerlaubte Weitergabe von Gesundheitsdaten an Ausländerbehörde und Bundesagentur für Arbeit

Hat ein Betroffener Anspruch auf Schadens nach Art. 82 DSGVO, wenn seine Gesundheitsdaten durch den ehemaligen Arbeitgeber an Behörden (in diesem Fall: an die Ausländerbehörde und die Bundesagentur für Arbeit) unerlaubt weitergegeben werden? Zu dieser Frage hat das Arbeitsgericht Dresden mit Urteil vom 26.08.2020 (Aktenzeichen: 13 Ca 1046/20) Stellung genommen. Arbeitsgericht Dresden: 1.500 € Schadenersatz für unerlaubte Weitergabe von Gesundheitsdaten an Ausländerbehörde und Bundesagentur für Arbeit weiterlesen

Telematik-Infrastruktur: „Komplex und störungsanfällig“

Dr. Andreas Meißner, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie in München undimm engagierter Kritiker der Telematik-Infrastruktur im Gesundheitswesen, hat unter diesem Titel im Berliner Tagesspiegel am 12.10.2021 einen lesenswerten Beitrag zur aktuellen Situation der Telematik-Infrastruktur (TI) veröffentlicht. Er kritisiert in seinem Beitrag, dass die auf die Telematik-Infrastruktur aufgesetzten digitalen Anwendungen schon ohne Krisenfall nicht wie geplant funktionieren. Seine Behauptungen belegt er u. a. mit Erfahrungen, die bei der Einführung von Projekten wie der elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (e-AU) oder dem e-Rezept gemacht wurden.

Sein Fazit: „Typisch deutsch – wieder einmal hinten dran und unfähig bei der Digitalisierung, könnte man nun sagen. Die Beispiele zeigen jedoch, wie Digitalisierung ihren eigenen Zielen leicht zuwiderlaufen kann, indem Abläufe nicht effizienter und schneller werden, sondern bewährte praktische Abläufe nun mit hoher Komplexität und Störanfälligkeit zu Alltagsbremsern werden.“

Corona-Pandemie: Darf der Arbeitgeber den Impfstatus abfragen?

Diese Frage wird derzeit in vielen Betrieben und Verwaltungen kontrovers diskutiert. Der Anlass: Die Konferenz der Gesundheitsminister des Bundes und der Länder hat am 22.09.2021 beschlossen hat, dass Nicht-Geimpfte bei einer Corona-Quarantäne spätestens ab dem 1. November keine Entschädigung mehr erhalten sollen. Entschädigungen nach § 56 Abs. 5 Infektionsschutzgesetz (IfSG) sind zunächst vom jeweiligen Unternehmen bzw. der jeweiligen Beschäftigungs-Behörde auszuzahlen. Sie werden dann auf Antrag von der zuständigen Landesbehörde erstattet.

Aus guten Gründen ist es Arbeitgebern nicht gestattet, Informationen über die medizinischen Ursachen von Arbeitsunfähigkeit zu erfragen und zu verarbeiten.

Ist das bei der Verabeitung des Impfstatus auch so?

Einige Datenschutz-Aufsichtbehörden haben sich zu dieser Frage positioniert: Corona-Pandemie: Darf der Arbeitgeber den Impfstatus abfragen? weiterlesen

“Die Forderung nach Selbstauskunft über den eigenen Impfstatus ist ein No-go“

sagt Anja Piel, Mitglied des Vorstands des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB).

Impfen kein Ersatz für Arbeitsschutz

“Die Forderung nach Selbstauskunft über den eigenen Impfstatus ist ein No-go. Bei allem gemeinsamen Werben für eine höhere Impfquote muss auch klar sein: Die Information, ob jemand geimpft ist, unterliegt wie alle anderen Gesundheitsdaten der Beschäftigten dem Datenschutz, sie hat Arbeitgeber nicht zu interessieren. “Die Forderung nach Selbstauskunft über den eigenen Impfstatus ist ein No-go“ weiterlesen

Wohltuend seriös und informativ: Die Broschüre der Bundespsychotherapeutenkammer zur Nutzung und zu den Risiken eine elektronischen Patientenakte (ePA)

Die Bundespsychotherapeutenkammer hat im August 2021 eine Praxis-Info „E-Patientenakte“ veröffentlicht. Sie richtet sich vorrangig an Psychotherapeut*innen. So wird zu Beginn im Editorial u. a. festgestellt:

  • Die unabdingbare Patientensouveränität wird dazu führen, dass die Informationen der E-Patientenakte sehr wahrscheinlich unvollständig sind, sodass sie nur begrenzt als Entscheidungsgrundlage für Psychotherapeut*innen und Ärzt*innen über eine Behandlung dienen können.“
  • Die E-Patientenakte ist bisher technisch unausgereift und nicht ausreichend datensicher… Das Speichern von sensiblen Daten einer psychischen Erkrankung in der E-Akte ist eine der schwierigsten Neuerungen, die mit der Digitalisierung des Gesundheitssystems eingeführt werden. Schwierig ist für Patient*innen insbesondere, den Nutzen der E-Akte für ihre Behandlung und die Risiken für ihre Daten gegeneinander abzuwägen. Sie sollten möglichst umfassend und verständlich auch über die speziellen Risiken der Daten zu ihrer psychischen Erkrankung aufgeklärt werden.“

Die Praxis-Info „E-Patientenakte“ ist aber auch für alle Versicherten, die sich über Sinn und Nutzen einer elektronischen Patientenakte (ePA) informieren möchten, eine seriöse und differenzierte Informationsquelle. Wohltuend seriös und informativ: Die Broschüre der Bundespsychotherapeutenkammer zur Nutzung und zu den Risiken eine elektronischen Patientenakte (ePA) weiterlesen

Corona-Pandemie: Und niemand braucht die #LucaApp!

Ohne sie beim Namen zu nennen, hat dies die Konferenz der unabhängigen Datenschutzaufsichtsbehörden des Bundes und der Länder am 29.04.2021 festgestellt. Unter der Forderung „Chancen der Corona-Warn-App 2.0 nutzen“ wird empfohlen, die mit der Version 2.0 der Corona-Warn-App (CWA) eröffneten datensparsameren Möglichkeiten der pseudonymisierten Clustererkennung und Kontaktbenachrichtigung eingehend und zeitnah zu prüfen.Die DSK empfiehlt den Ländern, die Nutzung der CWA jedenfalls als ergänzende Möglichkeit zur Benachrichtigung potentiell infizierter Personen und zur Clustererkennung in ihren Konzepten zur Pandemiebekämpfung zu berücksichtigen. Seit dem Update auf die Version 2.0 verfügt die CWA über eine entsprechende Funktion, die genutzt werden kann, um sich an Orten oder Veranstaltungen, wo viele Menschen zusammenkommen, zu registrieren. Auch wenn hierbei –anders als bei anderen Apps – keine personenbezogenen Daten erhoben und später an ein Gesundheitsamt übermittelt werden können, kann die pseudonymisierte Clustererkennung der CWA einen erheblichen Beitrag zur Unterbrechung von Infektionsketten leisten. Durch die unmittelbare Vernetzung der CWA-Nutzenden werden Personen, die einem potentiellen Infektionsrisiko ausgesetzt waren, unmittelbar und somit schneller als über die Gesundheitsämter informiert…“

Quelle: Entschließung der Konferenz der unabhängigen Datenschutzaufsichtsbehörden des Bundes und der Länder vom 29.04.2021

Oberlandesgericht Frankfurt: 50.000 € Schmerzensgeld für eine 70-jährige Patientin nach Befunderhebungsfehler

Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt hat mit Urteil vom 22.12.2020 (Aktenzeichen: 8 U 142/18) einem Kläger 50.000 € Schmerzensgeld zugesprochen. Dieser hatte für seine verstorbene Ehefrau Schmerzensgeld gegen den behandelnden Arzt geltend gemacht. Oberlandesgericht Frankfurt: 50.000 € Schmerzensgeld für eine 70-jährige Patientin nach Befunderhebungsfehler weiterlesen

Klinikbeschäftigte richten Hilferuf an Spahn: Belegschaftsvertretungen fordern schnellstmöglich bedarfsgerechte Personalvorgaben

Die betrieblichen Interessenvertretungen von insgesamt rund einer halben Million Krankenhausbeschäftigten haben in einem Offenen Brief eindringlich an Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) appelliert, den Krankenhäusern schnellstmöglich bedarfsgerechte Personalvorgaben zu machen. In einem offenen Brief fordern die knapp 180 Betriebs- und Personalräte sowie Mitarbeitervertretungen, ein neues Personalbemessungsinstrument (PPR 2.0) kurzfristig auf den Weg zu bringen. Dieses Instrument zur Personalbemessung in der Krankenhauspflege hatten die Deutsche Krankenhausgesellschaft, der Deutsche Pflegerat und die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) bereits vor über einem Jahr gemeinsam vorgelegt. „Für weitere Verzögerungen gibt es kein Verständnis mehr“, heißt es in dem Schreiben. „Unsere Geduld ist aufgebraucht.“ Klinikbeschäftigte richten Hilferuf an Spahn: Belegschaftsvertretungen fordern schnellstmöglich bedarfsgerechte Personalvorgaben weiterlesen