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Süddeutsche am 27. 5. 2015: Speichern [von medizinischen Daten] lohnt sich

Dies ist keine offizielle Stellungnahme der Initiative Patientendaten, sondern ein persönlicher Kommentar des Autors

In der Süddeutschen Zeitung erschien am 27. Mai 2015 ein Kommentar, dessen Tenor sich etwa so zusammenfassen lässt: Man kann Bedenken gegen die universelle zentrale Speicherung  medizinischer Daten haben, aber der Nutzen überwiegt.

Wie kommt der Autor zu dieser überraschenden Folgerung?

Ausgehend von der Feststellung, dass Patienten durch die  Späh-Affäre verunsichert seien und Bedenken hätten, ihre “Urlaubsbilder ins Netz hoch[zu]laden […] aus Angst, sie können einem Geheimdienst in die Hände fallen“, nimmt er an, dass sie bei der Speicherung von Gesundheitsdaten in der geplanten “Telematikinfrastruktur für das Gesundheitswesen” ähnliche Vorbehalte hegen. Und wenn die Versicherten aus diesem Grund freiwillige Anwendungen wie den Notfalldatensatz auf der elektronischen Gesundheitskarte nicht nutzen, dann – so befürchtet der Autor – würden sie “lieber sterben als Daten speichern”.

Zunächst einmal: Die freiwillige Veröffentlichung von Urlaubsbildern ist nicht vergleichbar mit der zentralen Speicherung der Sozial- und Gesundheitsdaten aller gesetzlich Krankenversicherten. Der Unterschied liegt zum Einen in der besonderen Sensibilität medizinischer Daten, zum Anderem in dem enormen Missbrauchspotential umfassender Datensammlungen. Sind die Daten einmal vorhanden, so gibt es immer interessierte Kreise, die darauf hinarbeiten, sie für ihre Zwecke nutzen zu können – sei es durch Gesetzesänderungen, die weitergehende Datensammlungen und -nutzungen erlauben, sei es durch illegalen Zugriff auf die Daten.

Möglichkeiten, Patientendaten zu Geld zu machen, gäbe es viele:
Wirtschaftsunternehmen könnten basierend auf Patientendaten ein Angebote entwickeln, die von personalisierter Werbung über Gesundheitsscoring bis zur Selektion fitter Bewerber bei der Besetzung von Arbeitsplätzen reichen. Staatlicherseits wäre auf der Basis der gesammelten Daten aller Versicherten ein Umbau der gesetzlichen Krankenversicherung nach amerikanischem Modell viel leichter zu steuern, da man Patientengruppen mit bestimmten Merkmalen erfassen und unterschiedlich behandeln kann – sei es über Gruppenverträge mit bestimmten Leistungserbringern oder indem man ihnen Mitschuld an ihrer Erkrankung zuweist. Kriminelle könnten durch den Handel mit widerrechtlich angeeigneten Patientendaten viel Geld einnehmen. Der Wert eines zentralen Datenbestands mit den Daten aller gesetzlich Versicherten in Deutschland wird auf mindestens 50 Milliarden Euro (wahrscheinlich wesentlich mehr) geschätzt. Bei dieser Größenordnung würden ein paar Millionen für die Bestechung eines Insiders mit Zugang zur Datensammlung nicht allzu sehr ins Gewicht fallen.

Vor diesem Hintergrund ist es mehr als verständlich, dass Patienten die Anwendungen der elektronischen Gesundheitskarte und der damit verbundenen Telematikinfrastruktur nur dann akzeptieren, “wenn sie dem System vertrauen, etwa dass ihre Daten tatsächlich vor fremden Blicken geschützt sind. Und dass das Arztgeheimnis auch weiterhin gilt”. Den Beweis der Vertrauenswürdigkeit hat das System bisher nicht erbracht. Angesichts der Datenschutz- und
Datensicherheitsmängel der Telematikinfrastruktur ist allerdings auch nicht damit zu rechnen, dass es ihm je wird erbringen können.

Dass wegen fehlender Notfalldatensätze Menschen sterben, ist ebenso wenig zu erwarten: Notfallmediziner stehen dieser Anwendung kritisch gegenüber. Zum Einen, weil im Notfall oft Lesegerät, Strom oder Zeit fehlen, um die Karte auszulesen. Zum anderen, weil ein Notarzt sich gar nicht auf die auf der Karte möglicherweise falsch gespeicherten Angaben verlassen darf, sondern verpflichtet ist, die Blutgruppe des Patienten usw. selbst zu bestimmen.

Als Fazit bleibt festzuhalten: Das Speichern von medizinischen Daten lohnt sich durchaus – aber nicht für die Patienten, sondern für die Goldgräber der eHealth-Epoche.

 

Links:

http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/kommentar-speichern-lohnt-sich-1.2495821

Umfrage “Erfahrungen ohne eGK mit Krankenkassen und Ärzten” (3. Teil) im Mai und Juni

Bereits im Februar hatte die Initiative Patientendaten in einer Umfrage Versicherte ohne elektronische Gesundheitkarte nach Ihren Erfahrungen mit Krankenkassen und Ärzten gefragt (Auswertung Februar).

Im März und April setzten wir die Umfrage mit einer verbesserten Form des Fragebogens fort (Auswertung März/April).

Im Mai und Juni findet der dritte und letzte Teil der Umfrage statt. Wenn Sie bereits an einer früheren Version der Umfrage teilgenommen haben, können Sie in der dritten Phase der Umfrage noch einmal teilnehmen.

Update: Die Umfrage wurde zu Ende Juni beendet.
Zur Auswertung Mai/Juni

Auswertung Umfrage “Erfahrungen als Versicherte/r ohne eGK mit Krankenkassen und Ärzt/inn/en” von März/April

Die zweite Phase der Umfrage “Erfahrungen als Versicherte/r ohne eGK mit Krankenkassen und Ärzt/inn/en” wurde zum 30. April beendet. Über die Monate Mai und Juni führen wir den dritten und letzten Teil der Umfrage durch.

Ergebnisse der Umfrage von März/April

Vorbemerkung
Diese Umfrage ist nicht repräsentativ, weil keine zufällig ausgewähle Stichprobe von gesetzlich Krankenversicherten ohne eGK befragt wurde.
“Patient”, “Versicherter”, “Arzt” usw. meint hier immer alle Geschlechter. Da wir ohnehin nicht wissen, wer den Fragebogen ausgefüllt hat, verwenden wir der besseren Lesbarkeit halber durchgehend die kürzere männliche Form.

Teilnehmerzahl
Die Umfrage in den Monaten März und April ergab 109 auswertbare Fragebögen. (Weitere 53 Datensätze wurden nicht in die Auswertung einbezogen, weil die Bearbeitung abgebrochen worden war ohne inhaltliche Aussagen zu machen.) Von den 109 Teilnehmern gaben 30 an, bereits im Februar an der ersten Version der Umfrage teilgenommen zu haben.

Verhalten der Krankenkassen insgesamt

Zum Verhalten der Krankenkasse machten vier Teilnehmer keine Aussagen, so dass 105 auswertbare Antworten übrig blieben.
Von denjenigen, die die Frage beantworteten, hatte etwa ein Viertel Quartalsnachweise erhalten, davon wiederum mehr als zwei Drittel problemlos. Ungefähr ein Drittel der Teilnehmer bekam Tagesnachweise zugesendet – in über der Hälfte der Fälle ohne Schwierigkeiten. In ca. ein Sechstel der Fälle faxte die Krankenkasse den Nachweis in die Arztpraxis, jeweils zur Hälfte ohne Probleme, zur Hälfte nur auf Nachdruck. Etwa einem Viertel verweigerte die Krankenkasse jeglichen Nachweis.

Verhalten einzelner Krankenkassen

AOK
Bei den Allgemeinen Ortskrankenkassen waren 14 Umfrageteilnehmer versichert. Von diesen machte einer keine Angaben zum Verhalten der Krankenkasse, so dass 13 auswertbare Antworten verblieben.
Sieben AOK-Mitgliedern wurde der Nachweis verweigert. Von den übrigen gaben drei an, Quartalsnachweise erhalten zu haben, weitere drei bekamen Tagesnachweise zugesendet oder in die Arztpraxis gefaxt. (Diese Fallzahlen sind zu gering, um Aussagen darüber zu machen, wie häufig dazu durchschnittlich Nachdruck erforderlich war.)

Barmer GEK
19 Teilnehmer waren Versicherte der Barmer GEK.
Sechs von ihnen erhielten Quartalsnachweise, meist problemlos. In acht Fällen sendete die Barmer GEK den Versicherten Tagesnachweise zu, in der Hälfte der Fälle war dazu Nachdruck erforderlich. Zwei weitere Teilnehmer kreuzten an, die Barmer GEK habe ihre Tagesnachweise auf Nachdruck in die Arztpraxis gefaxt. Drei Versicherten wurde jeglicher Nachweis verweigert.

BKK
19 Umfrageteilnehmer waren Mitglied einer Betriebskrankenkasse, davon machten drei allerdings keine Angaben zum Verhalten der Krankenkasse. In den verbleibenden 16 auswertbaren Fällen wurden zehn Versicherte (verschiedener BKK) mit einem Quartalsnachweis ausgestattet, davon acht problemlos. In drei Fällen faxte die Krankenkasse einen Tagesnachweis in die Arztpraxis, in drei weiteren verweigerte sie jeglichen Nachweis.
(Da es pro BKK jeweils maximal zwei Nennungen gab, reicht die Datengrundlage für eine Auswertung nach einzelnen BKK nicht aus.)

DAK
Für die DAK nahmen 13 Versicherte an der Umfrage teil. Einem davon gelang es, einen quartalsweise gültigen Nachweis zu ergattern. Vier DAK-Mitglieder bekamen Tagesnachweise zugesendet, zwei davon ohne Probleme. In weiteren drei Fällen faxte die Krankenkasse einen Tagesnachweis in die Arztpraxis. Fünf Versicherten verweigerte die DAK jeglichen Nachweis.

IKK
12 Umfrageteilnehmer waren bei einer Innungskrankenkasse versichert. Der Hälfte davon wurde jeglicher Nachweis verweigert. Ein IKK-Mitglied gelangte mit Nachdruck in den Besitz eines Quartalsnachweises. Vier IKK-Versicherte bekamen auf Nachdruck einen Tagesnachweis zugesendet, in einem weiteren Fall faxte die Krankenkasse eine Tagesnachweis in die Arztpraxis.
Für eine realistische Auswertung nach Krankenkasse sind die Fallzahlen für einzelne IKK zu gering. Andeutungsweise ist bei der IKK Classic eine Neigung zur Verweigerung erkennbar (3 von 4 Fällen) und bei der BIG direkt eine Tendenz zum Tagesnachweis (3 von 3 Fällen).

TK
28 Mitglieder der Techniker Krankenkasse beteiligten sich an der Umfrage. Drei davon erhielten ohne Probleme einen Quartalsnachweis. Die Hälfte aller teilnehmenden TK-Mitglieder bekam problemlos einen Tagesnachweis zugesendet, weitere drei Versicherte erst auf Nachdruck. In sechs Fällen faxte die Krankenkassen einen Tagesnachweis in die Arztpraxis (überwiegend problemlos). Zwei TK-Mitgliedern wurde jeglicher Nachweis verweigert.

Sonstige Krankenkassen
4 Umfrageteilnehmer waren bei anderen als den bereits erwähnten Krankenkassen versichert. Sie erhielten Quartals- oder Tagesnachweise. Die Datengrundlage reicht hier allerdings nicht aus, um Aussagen über einzelne Krankenkassen treffen zu können.

Erfahrungsberichte zu Krankenkassen

Die Umfrage enthielt ein Freitextfeld, in dem die Teilnehmer ihre Erfahrungen mit eigenen Worten schildern konnten. Diese geben wir hier zusammenfassend wieder. Zur Veranschaulichung zitieren wir aus einzelnen Berichten, für deren Wiedergabe wir die Genehmigung der Autoren erhalten haben.

Die am häufigsten genannte Erfahrung von eGK-Verweigerern im Umgang mit Krankenkassen ist, dass die Krankenkasse sich weigert, einen Nachweis auszustellen, solange man kein Foto einreicht oder die eGK beantragt. Auch in den Fällen, in denen  die Krankenkasse den gewünschten Nachweis ausstellt, wird häufig die Einreichung des Fotos angemahnt.

Ebenfalls sehr häufig berichteten Umfrageteilnehmer, dass die Aussagen der Krankenkassenmitarbeiter sehr unterschiedlich und zum Teil widersprüchlich sind. Ein Versicherter teilte beispielsweise mit: “Ich bekomme den Nachweis […] nur über das Callcenter, während die Mitarbeiter der Geschäftsstelle sagen, ohne eGK hätte ich kein Anrecht auf den Nachweis.” Ein anderer schrieb: “KK macht verwirrende/sich widersprechende Angaben. Jeder Mitarbeiter der Hotline erzählt etwas anderes. Dies kann von Patienten/Mitgliedern der KK kaum nachgeprüft werden. Ziel ist wohl JEDEN zu der eKarte zu zwingen bzw. durch nervtötende/unwürdige Bittgesuche die Mitglieder zur Abgabe der Fotos und Akzeptanz der eKarte zu zwingen.”
Gelegentlich kommt es auch vor, dass Krankenkassenmitarbeiter schlecht informiert oder von eGK-Gegnern genervt sind. Einzelne scheinen aber auch die eGK bzw. die Vorgaben ihres Arbeitgebers skeptisch zu betrachten. Ein Umfrageteilnehmer fasste das folgendermaßen zusammen: “Mitarbeiter wirken frustriert, bekommen viel Ärger ab der Versicherten, dadurch hohe Krankheitsbelastung, können die Vorgaben von oben auch nicht nachvollziehen.” (Anmerkung: Trotz der emotional belastenden Thematik sollten Sie im Gespräch mit Krankenkassenmitarbeitern zwar beharrlich, aber stets höflich und sachlich zu bleiben. Die Chancen, doch noch zu einer Einigung zu kommen, sind so am größten.)
Ein weiterer Umfrageteilnehmer notierte: “Das Personal der Krankenkasse ist gespalten in indifferente Mitläufer a la “Das ist halt jetzt Gesetz” und “Ich kann verstehen, dass Sie sich sträuben, mir ist auch nicht wohl dabei”-Leuten, die das grundlegende Problem verstehen (also das Hauptproblem, nicht dass es nur eins gäbe).”

Relativ häufig wurde berichtet, dass die Krankenkasse nicht reagierte, die Ausstellung eines Nachweises verzögerte oder angekündigte Nachweise schließlich doch nicht zusendete bzw. an die Arztpraxis faxte. Dies kann Arztbesuche sehr umständlich gestalten, wie z.B. im folgenden Fall:
“Die Einfälle des Hinhaltens seitens der TK nehmen zu: Sachbearbeiter/in a kenne sich nicht aus – man muss dann in der Tel.-leitung warten – zweite/r Sachbearbeiter/in will einen in Gespräch verwickeln, läßt sich ausgiebig erklären, was man will und warum, weitere Nachfragen, ständiges “Bitten-Müssen” unsererseits erforderlich. Dann erhält man nun auch einen unangemeldeten Rückruf zu diesem Thema von (Rang?) einer männlichen, offensichlich gut geschulten, bewusst freundlichen und bewusst geduldigen Stimme…. Für unser Kind wurde uns jetzt einfach eine neue eGK zugesandt, obwohl wir diese abgelehnt hatten. Beim letzten Arztbesuch war zuerst die Einzelfallbestätigung noch nicht in die Praxis gefaxt worden, daher wurde ein neuer Anruf durch uns von der Arztpraxis aus notwendig vor Behandlung!). Sachbearbeiter/in meinte, ja, sie sehe, dass eine Bestätigung angefordert wurde, sie könne sich im Moment nicht erklären, weshalb diese noch nicht herausgefaxt worden sei. Nochmaliger Faxnummernabgleich, diesmal mit Anschriftabgleich der Praxis u.u.u. und nochmalige Bitte, die Bestätigung in die Praxis zu faxen war notwendig. Dann endlich nach weiteren 10 Minuten war die Bestätigung da und wir wurden ins Behandlungszimmer weitergeleitet (Kinderarzt). Obwohl mir von o.g. männlicher Stimme erklärt wurde, dass die TKK für Kinder bis 15 Jahren eine quartalsweise Bestätigung ausstellen könne und uns diese, nach eigener Aussage, per Brief zukommen lassen wollte, kam diese für keins unserer Kinder je bei uns an. Dafür aber die neue Versichertenkarte für eines der Kinder.”

Einige Krankenkassen vertraten die Ansicht, dass sie Nachweise nicht im Vorhinein ausstellen dürfen. Sie sendeten sie daher nur nach der Behandlung zu oder faxten sie höchstens direkt zum Termin in die Praxis.
Durch kreative Gültigkeitsbeschränkungen fiel vor allem die Barmer GEK auf: Sie vergab als (soweit uns bekannt) einzige Krankenkasse Nachweise für ein oder zwei Wochen. Auch berichtete ein Barmer GEK-Mitglied von einem Quartalsnachweis, der nur für eine bestimmte Arztpraxis galt.

Anfragen nach Nachweisen, die länger als einen Tag gültig sind, werden von den Krankenkassen oft abschlägig beschieden. Ein Versicherter berichtete z.B.:
“Die TK schrieb mir auf Anfrage, die 4 Wochen lang gültige Ersatzbescheinigung könne laut BMV-Ä nur in Einzelfällen ausgestellt werden, bei Diebstahl oder Verlust einer (grundsätzlich aber vorhandenen) Karte. Ein Leistungsanspruch bestehe für mich aber selbstverständlich weiter. Ich könne für Behandlungen eine Einzelfallbestätigung telefonisch anfordern, den ich innerhalb 10 Tagen dem Arzt vorlegen könne. Dieses Verfahren sei “für Versicherte ohne gültigen Versicherungsausweis” und sei “den gesetzlichen Krankenkassen vom GKV-SV empfohlen” worden, “damit Versicherte keine Privatrechnung vom Arzt erhalten”. Alle längerfristigen Bescheinigungen könnten sie für mich nicht ausstellen, weil dies der Vereinbarung des aktuellen BMV-Ä nicht entspräche. – Mir wurde teils am Telefon wahlweise das Fax an mich oder die Praxis angeboten.”

In einigen Fällen teilte die Krankenkasse mit, dass sie die Bescheinigung nur ausnahmsweise oder letztmalig ausstelle. In Einzelfällen erklärten Krankenkassen kategorisch, 2015 sei eine Behandlung ohne eGK nicht mehr möglich.

Nachfragen von Versicherten zur rechtlichen Grundlage scheinen überwiegend unbeantwortet zu bleiben, ebenso Nachfragen zu Datenschutz und Datensicherheit von eGK und Telematikinfrastruktur: “[erg.: Die Krankenkasse] antwortet nicht auf Schreiben, die die Bedenken zur Sicherheit und dem Datenschutz der eGK thematisieren und sitzt das Thema aus”.
Gelegentlich wurden kritische Versicherte auf ihre “Mitwirkungspflicht” oder auf das Urteil des Bundessozialgerichts vom 18. November 2014 hingewiesen, das die Rechtmäßigkeit der eGK belege.

Einig scheinen sich die Krankenkassen darin zu sein, dass sie keine eGK ohne Foto ausstellen, auch nicht bei Angabe religiöser Gründe. Ein Umfrageteilnehmer schrieb hierzu: “Auf meine Bitte, mir eine Karte ohne Bild zukommen zu lassen, wurde mir geantwortet ich solle meine Gründe schriftlich darlegen. Ein Fax an die örtliche Niederlassung meiner Krankenkasse ging am selben Abend raus.” In seiner Begründung berief sich der Versicherte auf §291 Abs. 2 Satz 1 SGB V, der für Menschen, die aus weltanschaulichen Gründen an der Erstellung eines Lichtbilds nicht mitwirken können, eine Karte ohne Lichtbild vorsieht. Im weiteren Verlauf fragte er mehrmals nach dem Bearbeitungsstand und erkundigte sich nach den rechtlichen Grundlagen für die Befristung von Ersatzbescheinigungen auf einen Tag. Die Mitarbeiter der Krankenkasse waren überfragt und kündigten einen Rückruf der Rechtsabteilung an. Diese teilte dann mit, dass sie mit dem Versicherten ausschließlich schriftlich kommunizieren würde. Auf die angekündigte schriftliche Stellungnahme wartete der Betreffende zur Zeit der Umfrageteilnahme noch.

Mehrere Umfrageteilnehmer erwähnten, dass ihnen mit Privatrechnungen gedroht worden sei. Umgesetzt hatten die Krankenkassen ihre Drohung (zumindest bis zum Zeitpunkt der Umfrageteilnahme) nicht. Einen weiteren Fall schilderte ein Versicherter folgendermaßen: “Die Krankenkasse hat mich direkt vor der Behandlung zu der “Wahl” des Kostenerstattungsverfahrens gedrängt, da ich sonst keinerlei Anspruch auf Versicherungsleistung hätte und die Behandlung privat zahlen müsse.”

In einem Fall drohte die Krankenkasse mit einer Art Strafgebühr: “Bisher hatte es problemlos geklappt, den Abrechnungsschein für einen Monat direkt in die Praxis zu faxen. Bisher hatte ich immer gesagt, das hätte mit dem Bild noch nicht geklappt. Kürzlich hatte ich am Telefon angedeutet, dass dies mit Datenschutzbedenken zu tun hat, daraufhin haben sie angedroht, dass der Nachweis zukünftig jeweils 15€ kosten würde und sie ihn nur dann zusenden dürften, wenn ich direkt in der Praxis stehe, also unmittelbar vor dem Termin.”
(Anmerkung: Wie die Krankenkasse auf diesen Betrag kommt, ist nicht nachvollziehbar. In Gröhes Entwurf zum eHealth-Gesetz ist die Rede davon, künftig die Gebühr, die der Ersatz einer verlorenen Versichertenkarte kostet (5 Euro), immer auch dann zu verlangen, wenn jemand eine Ersatzbescheinigung verlangt, dem aus “vom Versicherten
verschuldeten Gründen” keine eGK ausgestellt werden konnte. Dies wäre sozusagen eine Strafgebühr für eGK-Verweigerer. Das eHealth-Gesetz ist jedoch noch nicht in Kraft. Bei derartigen Äußerungen einer Krankenkasse sollte der betroffene Versicherte die schriftliche Mitteilung der Rechtsgrundlage verlangen.)

Aufgrund der geschilderten Schwierigkeiten hatten einzelne Versicherte einen Wechsel der Krankenversicherung erwogen oder Ihrer Krankenkasse bereits gekündigt. Zwei Versicherte erwähnten, dass sie bei ihrer Krankenkasse Widerspruch gegen die eGK eingelegt hätten. Zwei weitere hatten beim Sozialgericht eine einstweilige Verfügung (“Eilantrag”) beantragt, in einem Fall ohne Erfolg, im anderen Fall lag zum Zeitpunkt der Umfrageteilnahme noch keine Entscheidung vor. Ein Umfrageteilnehmer notierte, dass er ein gerichtliches Klageverfahren gegen die eGK führe, ein weiterer, dass er eine Klage erwäge.

Verhalten der Ärzte/Leistungserbringer im Durchschnitt

Die 109 Umfrageteilnehmer gaben insgesamt 187 Bewertungen (“problemlos”, “mit Nachdruck”, “verweigert”) für die Leistungserbringer (Haus-, Fach-, Zahnärzte, Krankenhäuser und Psychotherapeuten) ab. Über alle Sparten gerechnet wurden im Durchschnitt 58% aller Fälle problemlos behandelt, 27% auf Nachdruck und 15% gar nicht.

Verhalten der Ärzte/Leistungserbringer nach Sparten

Hausärzte
Von den 69 bewerteten Hausarztkontakten verliefen 62% problemlos, 28% erforderten Nachdruck, 10% endeten ohne Behandlung.

Zahnärzte
Für Zahnärzte gaben die Umfragteilnehmer 41 Bewertungen ab. In 63% der Fälle gab es keine Probleme. 17% der Zahnärzte behandelten auf Nachdruck, 10% lehnten die Behandlung ab.

Fachärzte
Von 58 bewerteten Fachärzten akzeptierten 43% Patienten ohne eGK problemlos. 31% ließen sich mit Nachdruck dazu bewegen, den Versicherten zu behandeln. 16 % wiesen den Patienten ab.

Krankenhäuser
Für Krankenhäuser liegen uns nur 10 Bewertungen vor, daher ist die Auswertung wenig aussagekräftig. Von den Umfrageteilnehmern, die eine stationäre Behandlung benötigten, wurden 80% ohne Probleme in Krankenhaus aufgenommen, 20% mit Nachdruck. Abgewiesen wurde keiner der Umfrageteilnehmer.

Psychotherapeuten
Für Psychotherapeuten wurden lediglich 9 Bewertungen abgegeben, so dass die Auswertung kaum Aussagekraft hat. In zwei Drittel der Fälle erfolgte die Therapie problemlos, in einem weiteren Drittel wurde sie verweigert. Durch Nachdruck umstimmen ließ sich (in den berichteten Fällen) kein einziger Therapeut.

Führung von Patientenakten auf Papier
Sieben Umfrageteilnehmer hatten ihrem Arzt gegenüber den Wunsch geäußert, dass er ihre Patientenakte auf Papier führen möge. In 23 Fällen führten die Ärzte tatsächlich Papierakten. Allerdings: nur in zwei Fällen stimmten Wunsch und Realität überein, d.h. meist führten Ärzte, die darauf angesprochen wurden, keine Papierakten, anderen führen Papierakten, ohne dass sie darum gebeten worden waren. (Ob es sich bei Letzteren um eher altmodische oder besonders datenschutzbewusste Mediziner handelt, ist den Umfrageergebnissen nicht zu entnehmen.) 14 Umfrageteilnehmer hatten ihren Ärzten eine andere Form der Datenschutzanweisung gegeben, indem sie sie z.B. baten, ihre Patientenakte nur auf einem Rechner ohne Anschluss an das Internet bzw. die Telematikinfrastruktur zu führen, oder die “Patientenverfügung” der Initiative Stoppt-die-eCard vorlegten.

Erfahrungsberichte zu den Ärzten

Die Umfrage enthielt ein Freitextfeld, in dem die Teilnehmer ihre Erfahrungen mit eigenen Worten schildern konnten. Diese geben wir hier zusammenfassend wieder. Zur Veranschaulichung zitieren wir aus einzelnen Berichten, für deren Wiedergabe wir die Genehmigung der Autoren erhalten haben.

Am häufigsten berichteten Umfrageteilnehmer, dass die Arztpraxis darauf bestand, dass sie die eGK nachreichen. Ein Versicherter schrieb hierzu beispielsweise: “Mein Hausarzt und meine Zahnarztpraxis behandelten mich trotz datumsbezogenem papiergebundenem Versicherungsnachweis im Januar 2015 nur mit der Zusage, dass ich bis zum Ende des Quartals die dann vorliegende eGK nachreiche.”
In einzelnen Fällen wurde sogar eine Kaution von 20 bis 30 Euro für das Nachreichen der eGK einbehalten. (Anmerkung/Update 21.05.2015: Für die Erhebung einer derartigen Kaution gibt es nach unserer Kenntnis keine Rechtsgrundlage.)
Noch teuerer wurde es im folgenden Fall: “Behandlung beim zahnärztlichen Notdienst nur gegen Kaution von 150,- Euro. [Die] Zahnarzthelferin erzählte von einem Schreiben der Krankenkassen, in dem der Praxis mitgeteilt wurde, dass Versicherte ohne eGK keinen Versicherungsschutz mehr haben.”
(Anmerkung: Dass Versicherte ohne eGK keinen Versicherungsschutz haben, ist natürlich falsch. Sie haben genau den gleichen Leistungsanspruch wie Versicherte mit eGK, allerdings haben sie es etwas schwerer, ihren Anspruch nachzuweisen und durchzusetzen.
An dieser Stelle muss auf die unterschiedlichen Abrechnungsregelungen von Ärzten und Zahnärzten hingewiesen werden:  Ärzte dürfen erst dann eine Privatrechung stellen, wenn innerhalb von 10 Tagen nach der Behandlung kein Anspruchsnachweis (Papiernachweis oder eGK) vorgelegt wurde. Wenn mehr als 10 Tage, aber noch vor Ende des Quartals ein Anspruchsnachweis nachgereicht wird, zahlt die Krankenkasse und der Arzt muss die privat bezahlte Rechnung zurückerstatten. Die Kassenärztlichen Vereinigungen empfehlen daher ihren Mitgliedern, mit der Ausstellung von Privatrechnungen bis zum Quartalsende zu warten, um den Aufwand für eventuelle Rücküberweisungen zu vermeiden. Zahnärzte hingegen dürfen bei fehlendem Anspruchsnachweis sofort eine Privatrechung ausstellen, die zurückgezahlt werden muss, wenn der Versicherte innerhalb von zehn Tagen einen Anspruchsnachweis vorlegt.)

Mehreren Umfrageteilnehmern wurde eine private Abrechnung angekündigt. Tatsächlich eine Privatrechnung erhalten hatten bis zum Zeitpunkt ihrer Umfrageteilnahme jedoch nur zwei Versicherte – in beiden Fällen liess sich das Problem im Gespräch mit dem Arzt klären.

Praxispersonal und Ärzte beklagten häufig die zusätzliche Arbeit, die ihnen das Verfahren mit Papierbescheinigungen verursacht. Nur wenige Umfrageteilnehmer berichteten, dass das Praxispersonal deswegen unfreundlich wurde. Mehrere Ärzte äußerten sich skeptisch über die eGK oder interessierten sich für die Beweggründe der eGK-Verweigerer.

In vielen Fällen war das Praxispersonal unsicher und/oder schlecht informiert, seltener war auch der Arzt fehlinformiert. Versicherte ohne eGK wurden des Öfteren mit der Aussage konfrontiert, seit 2015 gelte nur noch die eGK. Dabei wurde oft auf das gleichlautende Plakat der Kassenärztlichen Bundesvereinigung verwiesen, das anscheinend in vielen Wartezimmern aushängt. In Einzelfällen wurden Patienten ohne eGK abgewiesen, obwohl sie akute Beschwerden hatten.

Oft wird der Versicherungsnachweis vor der Behandlung verlangt. Dies entspricht zwar den geltenden gesetzlichen Vorschriften, nach denen der Anspruchsnachweis grundsätzlich vor der Behandlung vorzulegen ist und nur in dringenden Fällen nachgericht werden darf (siehe §15 SGB V), ist jedoch nicht vereinbar mit der Verfahrensweise einiger Krankenkassen, die Papiernachweise grundsätzlich nur nach der Behandlung ausstellen. In mehreren Fällen wurden deswegen Behandlungen bis zur Vorlage der Bescheinigung verschoben oder ganz verweigert.

Einige Praxismitarbeiter vertreten die Ansicht, mit einem papiergebundenen Anspruchsnachweis sei Abrechnung nicht möglich, sehr wenige konstatierten (korrekterweise), dass die Grundlage für die Abrechnung der Arztpraxis mit der Krankenkasse allein die neue Versichertennummer ist. (Anmerkung: Diese Versichertenummer beginnt mit einem Buchstaben und ist sowohl auf der eGK als auch auf einem ordnungsgemäßen Papiernachweis aufgedruckt.) Ein wenig skurril wirkt vor diesem Hintergrund folgendes Erlebnis eines Umfrageteilnehmers: “In der Augenarzt-Praxis eröffnete man mir, daß man mit dem gefaxten Schein nicht abrechnen könne. Ich möge bitte bei der KK ein Original beantragen und vorbeibringen…”

Mehrere Umfrageteilnehmer erwähnten, dass die manuelle Eingabe der neuen Versichertennummer in vielen Praxisinformationssystemen umständlich und nur an versteckter Stelle möglich ist. Überdies scheinen bei vielen (oder allen?) Praxisinformationssystemen ohne Einlesen der eGK keine Kassenrezepte ausgedruckt werden zu können. Dazu berichteten Umfrageteilnehmer: “Der Arzt konnte mit dem System trotz Ersatzbescheinigung kein Rezept ausstellen und beharrte auf einer Privatrechnung, wenn nicht bis 31.03. eine eGK vorgelegt werde.” und: “Auch Ärzte wurden und werden dermaßen unter Druck gesetzt, daß die Arzthelferinnen letztlich die Leidtragenden sind … zusätzlich Modifikation der Praxis-Software mit erweiterten Einschränkungen für eGK-Verweigerer.”
Dazu muss man wissen: Die Software für Arztpraxen wird durch die Kassenärztliche Bundesvereinigung zertifiziert. Dieser ist also zumindest bekannt, dass Teile der Software, wie z.B. für die Rezepterstellung ohne eGK nur eingeschränkt oder gar nicht funktionsfähig sind.

Auch die Kassenärztlichen Vereinigungen der Länder scheinen laut Mitteilungen von Umfrageteilnehmern daran zu arbeiten, eGK-kritischen Krankenversicherten das Leben zu erschweren. Dazu hier ein paar Auszüge aus den Erfahrungsberichten:
“Als neuer Patient mußte ich die erste Behandlung privat bezahlen, sonst wäre ich nicht zum Arzt vorgelassen worden. Es wurde auf das ausgehängte Schild verwiesen, daß ohne Versichertenkarte keine Behandlung erfolgt. Der Arzt selbst war offen für meine datenschutzkritische Haltung. Beim nächsten Termin half der Praxis ein Anruf bei der Krankenkasse, die einen Abrechnungsschein zufaxte. Das Problem liegt anscheinend bei der KV.”

“Ein Hausarzt weigerte sich schlicht mich ohne eGK zu behandeln und berief sich auf eine interne Anweisung der Kassenärztlichen Verrechnungsstelle. Die Hautärzte in meiner Stadt sind bis auf eine Ausnahme bereits bei der Praxisgebühr sozialdarwinistisch aufgefallen, indem sie mich ohne 10€ nicht behandelt hatten (Interessanteste Aussage: Es gäbe keine hautärztlichen Notfälle und daher auch keine Verpflichtung jemanden ohne Praxisgebühr zu behandeln. Diese Haltung hat sich nicht geändert, eine Behandlung bei einem dieser Hautärzte war erst nach längerer Diskussion möglich. Berufen haben sie sich ebenfalls auf die Kassenärztliche Vereinigung.”

Einem Versicherten war trotz Schmerzen, vereinbartem Termin und ordnungsgemäßem Anspruchsnachweis die Behandlung verweigert worden – “Aussage des Praxispersonals: Ich sollte mich bei der KV beschweren, denn die KV hätte der Praxis schriftlich mitgeteilt, dass sie keine Patienten mit “Bescheinigungen” mehr annehmen darf. Bei der KV war telefonisch kein zuständiger Mitarbeiter zu erreichen.”

Sonstiges

Ein Umfrageteilnehmer wies außerdem darauf hin, dass es seit dem neuen Personalausweisgesetz von 2009 verboten ist, den Personalausweis kopieren zu lassen. Ausnahmen gibt es nur für Telekommunikationsunternehmen und Banken, bei denen der Ausweisinhaber einen Telekommunikationsdienst buchen oder ein Konto eröffnen möchte – keinesfalls aber für Arztpraxen.
Der Umfrageteilnehmer schrieb hierzu: “Desweiteren wollte man eine Kopie des Personalausweises von mir, die ich verweigert habe, da das Kopieren lt. Datenschutzbeauftragten verboten ist. https://www.datenschutzbeauftragter-info.de/nicht-bemerkt-personalausweis-kopieren-verboten/”

Zwei weitere Erfahrungsberichte aus den Freitextfeldern der Umfrage förderten interessante Aussagen bezüglich der Zweckbindung von Patientendaten zutage. Diese bieten jedoch so viel Anlass für ausführliche Kommentare, dass sie aus dieser Umfrageauswertung ausgeklammert und demnächst in einem eigenen Blogbeitrag behandelt werden.

Umfrage “Erfahrungen als Versicherte/r ohne eGK mit Krankenkassen und Ärzt/inn/en” ab März

Bereits im Februar hatte die Initiative Patientendaten in einer  Umfrage Versicherte ohne elektronische Gesundheitkarte nach Ihren Erfahrungen mit Krankenkassen und Ärzten gefragt (Auswertung).

Ab März setzten wir die Umfrage mit einer verbesserten Form des Fragebogens fort. Die zweite Phase der Umfrage von März bis April 2015 ist nun ebenfalls abgeschlossen (Auswertung).

Von Mai bis Juni führen wir den dritten und letzten Teil der Umfrage durch. Wenn Sie bereits an einer früheren Version der Umfrage teilgenommen haben, können Sie in der dritten Phase der Umfrage noch einmal teilnehmen.

 

Auswertung Umfrage “Erfahrungen mit Krankenkassen und Ärzt/inn/en ohne im Besitz einer eGk zu sein” vom Februar 2015

Die erste Phase der Umfrage “Erfahrungen mit Krankenkassen und Ärzt/inn/en ohne im Besitz einer eGk zu sein” wurde zum 28. Februar beendet. Wir setzen die Umfrage ab März mit einem verbesserten Fragebogen fort.

Ergebnisse der Umfrage vom Februar

Vorbemerkung
Diese Umfrage ist nicht repräsentativ, weil keine zufällig ausgewähle Stichprobe von gesetzlich Krankenversicherten ohne eGK befragt wurde. (Möglicherweise sind diejenigen, die negative Erfahrungen gemacht haben, motivierter, an derartigen Umfragen teilzunehmen)
“Patient”, “Versicherter”, “Arzt” usw. meint hier immer alle Geschlechter. Da wir ohnehin nicht wissen, wer den Fragebogen ausgefüllt hat, verwenden wir der besseren Lesbarkeit halber durchgehend die kürzere männliche Form.

Teilnehmerzahl
Ausgewertet wurden 172 vollständig ausgefüllte Fragebögen. (Annähernd dieselbe Zahl von unvollständigen Fragebögen musste aussortiert werden, da die Bearbeitung abgebrochen worden war ohne inhaltliche Aussagen zu machen.)
In diesen 172 vollständigen Fragebögen gaben die Teilnehmer insgesamt 231 Bewertungen (“problemlos”, “mit Nachdruck”,”verweigert”) über Kontakte mit Krankenkassen und 268 Bewertungen über Erlebnisse mit Ärzten, Zahnärzten oder Krankenhäusern ab.

Verhalten der Krankenkassen insgesamt

In 231 mitgeteilten Fällen erhielten die Versicherten 40 mal problemlos, 8 mal mit Nachdruck einen quartalsweise gültigen Anspruchsnachweis. Für einen Tag gültige Nachweise wurden in 30 Fällen problemlos, in 24 Fällen auf Nachdruck den Versicherten zugesandt. In 31 Fällen faxte die Krankenkasse die Bescheinigung problemlos an die Arztpraxis, in 27 Fällen erst auf Nachdruck. In 67 Fällen verweigerte die Krankenkasse jeglichen Nachweis.

Verhalten einzelner Krankenkassen

AOK
25 Umfrageteilnehmer waren bei den Allgemeinen Ortskrankenkassen versichert. Sie bewerteten 27 Kontakte mit verschiedenen AOK.
Die Erfahrungen mit den Ortskrankenkassen scheinen sehr unterschiedlich zu sein. In fast der Hälfte der geschilderten Fälle bekamen die Versicherten Quartalsnachweise ausgestellt, außerdem in wenigen Einzelfällen Bescheinigungen mit einer Gültigkeitsdauer von einem Monat. In einem Fünftel der Fälle wurde jeglicher Nachweis verweigert. Der Rest verteilt sich auf die mehr oder weniger problemlose Zusendung von Bescheinigungen an die versicherten bzw. Arztpraxen. Für einen Auswertung nach einzelnen AOK war die Datengrundlage zu gering.

Barmer GEK
26 Teilnehmer waren Versicherte der Barmer GEK, sie teilten 30 Erfahrungen mit der Krankenkasse mit.
In einem Drittel der Fälle erhielten die Versicherten einen Quartalsnachweis problemlos, in wenigen weiteren Fälle mit Nachdruck. In einem Drittel der Fälle verweigerte die Barmer GEK jeglichen Nachweis, in allen übrigen Fällen sandte sie die Bescheinigung problemlos an die Versicherten oder per Fax an die Arztpraxis.

BKK
Bei den Betriebskrankenkassen ist das Bild sehr unterschiedlich. Während die BKK Securvita (6 Teilnehmer waren dort versichert) in den berichteten Fällen problemlos Quartalsnachweise ausstellte, scheint die “BKK vor Ort” (5 Teilnehmer) papiergebundene Anspruchsnachweise durchgehend zu verweigern. Bei den übrigen BKK waren die Teilnehmerzahlen zu gering für eine Einzelauswertung. Im Schnitt ist bei den übrigen BKK (13 Teilnehmer) eine annähernde Gleichverteilung auf Quartalsnachweise, Tagesnachweise und Verweigerung jeglichen Nachweises zu beobachten.
Anmerkung zur BKK Securvita:
Wir haben neugierhalber bei der Pressestelle der BKK Securvita angerufen. Dort teilte man uns mit, dass die BKK Securvita wie alle anderen Krankenkassen voll hinter der eGK stehe. Auch bei der Ausstellung von Anspruchsnachweisen verhalte man sich nicht anders als andere Krankenkassen. Falls man in diesem Punkt tatsächlich kulanter sei als andere, dann aufgrund des Servicegedankens und weil in Deutschland grundsätzlich niemand ohne Krankenversicherung sein dürfe.

DAK
18 Versicherte der DAK nahmen an der Umfrage Teil und bewerteten 25 Erfahrungen.
In ca. der Hälfte der Fälle verweigerte die DAK der Nachweis, ansonsten sendete sie den Nachweis auf Nachdrucke an den versicherten oder an die Arztpraxis.

IKK
Bei den Innungskrankenkassen war nur für die IKK Classic mit 6 Teilnehmern und 6 Bewertungen eine Einzelauswertung möglich. Die IKK Classic verweigerte in allen Fällen jeglichen Nachweis. Die wenigen Angaben zu den sonstigen IKK sind gemischt, ergeben kein einheitliches Bild.

Techniker Krankenkasse
Es nahmen 58 Mitglieder der Techniker Krankenkasse an der Umfrage teil. Sie machten Angaben zu 96 Kontakten mit der TK.
Nur wenige Versicherte erhielten Quartalsnachweise. In mehr als zwie Drittel der Fälle schickte die Tk Tagesnachweise problemlos oder auf Nachdruck an die versicherten bzw. per Fax an die Arztpraxen. In etwa einem Fünftel der Fälle verweigerte die TK den Versicherungsnachweis.

Sonstige Krankenkassen
Bei den übrigen Krankenkassen war die Anzahl der Teilnehmer zu gering für eine Auswertung.

Bemerkenswertes
Es scheint auch (sehr wenige) Versicherte zu geben, denen ihre Krankenkasse unbefristete Anspruchsnachweise ausstellte. Wir hoffen, dass dabei keine Verwechslung mit der Versicherungsbescheinigung für den Arbeitgeberwechsel vorliegt, die nicht für die Abrechnung in der Arztpraxis geeignet ist. Zumindest heißt es offiziell, dass diese Bescheinigung dafür nicht geeignet ist. Ein Versicherter ließ sich davon nicht abhalten und legte beim Zahnarzt statt der eGK die Bescheinigung für den Arbeitgeber vor – zusammen mit dem Schreiben der Bundesregierung an Frau Vogler MdB, das bestätigt, dass auch Versicherte ohne eGK Anspruch auf die regulären Leistungen haben – und erhielt daraufhin einen Heil- und Kostenplan von der Krankenkasse. Der Betreffende geht nun (wohl zu Recht) davon aus, dass die Krankenkasse die Kosten für seine Behandlung übernehmen wird.

Erfahrungsberichte zu Krankenkassen

Die Umfrage enthielt ein Freitextfeld, in dem die Teilnehmer ihre Erfahrungen mit eigenen Worten schildern konnten. Leider können wir diese Schilderungen nicht wörtlich wiedergeben, da wir es versäumt hatten, die Teilnehmer nach ihrem Einverständnis für die Veröffentlichung zu fragen. (Für die aktuell laufende Version der Umfrage ist das geändert worden.) Daher geben wir die Erfahrungen hier zusammenfassend wieder.
In einigen Fälle waren die Erfahrungen mit den Krankenkassen positiv: Die Mitarbeiter verhielten sich freundlich und waren in manchen Fällen auch bereit, das Personal von Arztpraxen über die Gültigkeit und die Verwendung von papiergebundenen Anspruchsnachweisen aufzuklären. Die Mehrzahl schildert jedoch Schwierigkeiten im Umgang mit den Krankenkassen.
Die mit Abstand am häufigsten beschriebene Erfahrung ist, dass der Erhalt eines Nachweises vom Kenntnisstand und der Kooperationsbereitschaft des einzelnen Sachbearbeiters abhängt. Manche Krankenkassenmitarbeiter kennen anscheinend die Möglichkeit eines papiergebundenen Anspruchsnachweises nicht oder wissen nicht, dass es diese Bescheinigungen auch 2015 noch gibt. Versicherte großer Krankenkassen rufen daher oft mehrfach die Hotline an, bis sie an jemanden geraten, der ihnen einen Nachweis ausstellt. (Besonders häufig wird über eine unterschiedliche Behandlung je nach Mitarbeiter bei der TK berichtet.)
Ebenfalls häufig geschildert wird, dass Krankenkassen auf die Anforderungen von Nachweisen verzögert oder überhaupt nicht reagierten oder zugesagte Nachweise erst nach mehrfachem Nachhaken oder gar nicht zusandten. In extremen Fällen verweigerte oder verzögerte die Krankenkassen die Zusendung der Bescheinigung so lange, dass die Versicherten Arzttermine nicht wahrnehmen konnten oder Privatrechnungen bekamen. (Hinweis: Wenn Sie eine Privatrechnung bezahlt haben, aber bis zum Ende des Quartals einen papiergebundenen Anspruchsnachweis in der Arztpraxis einreichen, muss der Arzt Ihnen den Rechnungsbetrag zurückerstatten und stattdessen mit der Krankenkasse abrechnen. Das gilt jedoch nur für Arztpraxen – bei Zahnärzten haben Sie nur 10 Tage Zeit, um den Nachweis nachzureichen.) In wenigen Einzelfällen blockierte die Krankenkasse sogar dann, wenn die Betroffenen aufgrund von schlechtem gesundheitlichen Zustand oder von akutem Bedarf an Medikamenten dringend auf einen Arztbesuch angewiesen waren.
Viele Krankenkassen stehen auf dem Standpunkt, dass sie Nachweise erst nach dem Arztbesuch ausstellen dürfen. Manche geben Papiernachweise nur heraus, wenn man eine eGK beantragt bzw. ein Foto dafür einsendet oder erklären, es sei das letzte Mal, dass man “ausnahmsweise” eine Papierbescheinigung bekäme. Diese Krankenkassen argumentieren meist, ab 2015 sei eine Behandlung ohne eGK nicht mehr möglich oder gesetzlich nicht erlaubt (was eine – bewusste oder unbewusste – Fehlinformation ist). Anfragen zu den rechtlichen Grundlagen oder zur Datensicherheit scheinen Krankenkassen generell äußerst selten zu beantworten.
Vielfach wurde berichtet, die Krankenkasse weigere sich, eine eGK ohne Foto auszustellen. (Wir vermuten, dass die Krankenkassen so nachdrücklich auf einem Foto bestehen, seitdem Ende 2014 die Kassenärztlichen Vereinigungen den Ärzten einschärften, dass sie die Fotos auf den eGK zu prüfen hätten und mit Regressforderungen rechnen müssten, wenn sie Patienten behandeln, die ersichtlich nicht die auf der Karte abgebildeten sind.)
In einem Fall erhielt ein Versicherter keine eGK, obwohl er diese ausdrücklich wünscht und mehrfach Fotos eingereicht hatte.
Wenige Umfrageteilnehmer erwähnten, die Krankenkasse habe einen Aktenvermerk darüber gemacht, dass sie die eGK ablehnen. Paradoxerweise scheint der Umgang mit der Krankenkasse anschließend oft einfacher gewesen zu sein. Einzelne Versicherte erhielten nicht erbetene Anrufe der Krankenkasse. Drohungen mit Privatrechnungen kamen selten vor. In einem Fall wurde der Versicherte zur “Wahl” des Kostenerstattungsverfahren gedrängt, da sonst angeblich nur die Behandlung als Selbstzahler möglich sei.
Einzelne Versicherte erwähnten, dass sie gegen die eGK Widerspruch eingelegt oder sogar geklagt haben. Manche Umfrageteilnehmer verkehren nur noch schriftlich mit der Krankenkasse, um im Prozessfall alles dokumentieren zu können. In wenigen Fällen wechselten Umfrageteilnehmer die Krankenversicherung oder erwägen diesen Schritt.

Verhalten der Ärzte/Arztpraxen im Durchschnitt

Die 173 Umfrageteilnehmer bewerteten insgesamt 268 Erfahrungen mit Ärzten, Zahnärzten und Krankenhäusern. Über Ärzte aller Sparten gerechnet, wurde im Durchschnitt in 59% der Fälle problemlos behandelt, in 26% der Fälle auf Nachdruck und 15% der Fälle gar nicht.

Verhalten der Ärzte/Arztpraxen nach Sparten

Hausärzte
Die Zahlen für die Hausärzte (berechnet aus 113 Bewertungen) liegen nahe am Durchschnitt: In 59% der Fälle erfolgte die Behandlung ohne Probleme und auf Nachdruck in 27%, In 13% der Fälle verweigerte ein Hausarzt die Behandlung ohne eGK.

Zahnärzte
Für die Zahnärzte wurde 69 Kontakte berichtet. Zahnärzte erwiesen sich als überdurchschittlich kulant und akzeptierten Patienten ohne eGK in 71% der Fälle problemlos, in weiteren 20% mit Nachdruck. Nur 9% der Zahnärzte lehnte die Behandlung ab.

Fachärzte
Aufgrund der griegen Zahlen für einzelnen Fachrichtungen, wurden die Angaben zu den Fachärzten zusammenfassend ausgewertet. Von den 69 bewerteten Facharztkontakten verliefen 49% problemlos, 29% erforderten Nachdruck, 22% endeten ohne Behandlung.

Krankenhäuser
Für Krankenhäuser liegen uns nur 17 Bewertungen vor, daher ist die Auswertung wenig aussagekräftig. Im Krankenhaus wurden die Patienten in 53% der Fälle problemlos aufgenommen, in 23,5% der Fälle mit Nachdruck, in 23,5% der Fälle gar nicht

Führung von Patientenakten auf Papier
Viele Umfrageteilnehmer sind unsicher, ob sie den Wunsch geäußert haben, dass ihr Arzt ihre Akte auf Papier führen möge. Andere sind unsicher in welcher Form ihr Arzt ihre Akte führt. 18 Umfrageteilnehmer gaben an, sie hätten den Wunsch geäußert, 20 Teilnehmer berichteten, ihr Arzt führe ihre Patientenakte auf Papier. Zwischen Wunsch und Erfüllung gibt es jedoch keine erkennbare Korrelation, d.h. meist führt ein Arzt eine Papierakte, dessen Patient das nicht verlangt hat oder ein Arzt führt keine Papierakte, obwohl der Patient diesen Wunsch geäußert hat. Vermutlich entscheiden die Ärzte hierüber nach eigener Überzeugung.

Erfahrungsberichte zu den Ärzten/Arztpraxen

Die Umfrage enthielt ein Freitextfeld, in dem die Teilnehmer ihre Erfahrungen mit eigenen Worten schildern konnten. Wir können ihre Berichte hier nur zusammenfassend wiedergeben.
Ärzte äußern häufig Verständnis dafür, dass die Patienten die eGK ablehnen, Arzthelferinnen seltener. Beide verweisen jedoch auf die zusätzliche Arbeitsbelastung durch die manuelle Übertragung der Patientendaten aus dem papiergebundenen Anspruchsnachweis ins Praxisinformationssystem. Das Praxispersonal scheint häufiger unfreundlich zu reagieren als die Ärzte selbst. Wenn Ärzte unfreundlich reagieren, ist das für die Patienten jedoch dramatisch. In Einzelfällen wurde die Behandlung, eine Überweisung oder – mit Hinweis auf bürokratische Schwierigkeiten – eine geplante Operation verweigert. Es kam auch vor, dass der Arzt die Konsultation abbrach, nachdem der Patient sich als Gegner der eGK zu erkennen gab, oder dass er den Patienten nur sehr knapp untersuchte und beriet und in der Folge unverträgliche Medikamente verordnete.
In einem Fall akzeptierte eine Facharztpraxis die Überweisung nicht und verweigerte einem Patienten mit hohem Fieber die Untersuchung selbst dann noch, als dieser sich mit privater Abrechnung einverstanden erklärte. Erst auf nachdrückliches Drängen seitens der Krankenkasse wurde die Untersuchung nach längerer Wartezeit durchgeführt.
In vielen Fällen ist das Paxispersonal schlecht informiert, selten auch der Arzt. In Einzelfällen ist der Papiernachweis oder die Möglichkeit der manuellen Eingabe der Stammdaten in das Praxisinformationssystem unbekannt. Häufig wird die Meinung vertreten, es gelte nur noch die eGK – oft unter Berufung auf einschlägige Plakate, Flyer, Schreiben oder sonstiges Material der Kassenärztlichen Bundesvereinigung. Verbeitet ist auch die Meinung, mit dem papiergebundenen Anspruchsnachweis könne man nicht abrechnen. Daher wird vielfach kategorisch das Nachreichen der eGK im selben Quartal gefordert, sonst drohe eine private Abrechnung. In wenigen Fällen wurden bereits Privatrechnungen ausgestellt. (Auch hier noch einmal der Hinweis: Wenn Sie eine Privatrechnung bezahlt haben, aber bis zum Ende des Quartals einen papiergebundenen Anspruchsnachweis in der Arztpraxis einreichen, muss der Arzt Ihnen den Rechnungsbetrag zurückerstatten und stattdessen mit der Krankenkasse abrechnen. Das gilt jedoch nur für Arztpraxen – bei Zahnärzten haben Sie nur 10 Tage Zeit, um den Nachweis nachzureichen.)
In einem Fall wurde in der Arztpraxis wegen des Papiernachweises eine Gebühr von 10 Euro erhoben, in einem anderen Fall 20 Euro als Pfand für das Nachreichen der eGK verlangt.
Ein Umfrageteilnehmer schilderte, dass das Praxisinformationssystem (geprüft und zugelassen durch die Kassenärztlichen Vereinigungen) keine manuelle Eingabe der Versichertennummer erlaubte. Ohne die neue Versichertennummer kann die Arztpraxis jedoch nicht mit der Krankenkasse abrechnen. In einem anderen Fall musste das Praxispersonal den Begleitschein für Laborproben manuell ausfüllen, weil die automatisierte Erstellung ohne eGK nicht funktionierte.
In einzelnen Fällen gab es Probleme bei der Ausstellung von Rezepten, weil der Patient nur einen eintägigen oder nachträglichen Versicherungsnachweis vorlegen konnte. Manche Patienten bekamen deswegen eine Privatrezept. Auch die Einlösung eines Kassenrezepts ohne eGK (d.h. mit der alten Versichertennummer auf dem Rezept) scheint von der Kulanz der Apotheke abzuhängen.

Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung fordert Stopp der eGK

Wie am 20. Februar 2015 bekannt wurde, wurde bei Gemalto, einem der größten Hersteller der elektronischen Gesundheitsdaten, kritische Daten gestohlen. Die Gesundheitskarte kann somit nicht mehr als sicher gelten.

Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung fordert nun den Stopp des Projektes, da “es sich für die Absicherung der sensiblen Gesundheitsdaten von Millionen von Menschen als grundlegend ungeeignet erweist.”

Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung ist ein Zusammenschluss von Bürgerrechtlern, Datenschützern und Internetnutzern, die sich in
Zusammenarbeit mit weiteren zivilgesellschaftlichen Initiativen gegen die ausufernde Überwachung im Allgemeinen und gegen die
Vollprotokollierung der Telekommunikation und anderer Verhaltensdaten im Besonderen einsetzen.

Links:

https://firstlook.org/theintercept/2015/02/19/great-sim-heist/

http://www.heise.de/tp/artikel/44/44189/1.html

http://www.vorratsdatenspeicherung.de/content/view/751/1/lang,de/

Veranstaltungshinweis: “Die elektronische Gesundheitskarte und das geplante E-Health-Gesetz: Ist die Angst berechtigt, dass Gesundheitsdaten missbraucht werden können?”

Unter dieser Fragestellung lädt die Bürgerrechtsgruppe dieDatenschützer Rhein Main ein zu einer Informationsveranstaltung mit Jan Kuhlmann, Rechtsanwalt und IT-Entwickler aus Berlin. Die Veranstaltung findet statt am Freitag, 20. Februar 2015 ab 15.00 Uhr im Bürgerhaus Bornheim, Frankfurt, Arnsburger Str. 24.

Immer wieder gibt es Beispiele dafür, dass Gesundheitsdaten nicht ausreichend vor Missbrauch geschützt sind. Zuletzt Anfang Februar 2015 wurde bekannt, dass in einer Offenbacher Klinik 90 Beschäftigte unberechtigt Zugang zu der Patientenakte von Tugce Albayrak hatten und eine Datenbank der zweitgrößten Krankenversicherung in USA gehackt wurde; Daten von mehr als zehn Millionen Versicherten wurden geklaut.

Die Angst, dass zentral gesammelte und elektronisch gespeicherte Daten über Krankheiten und ihre Behandlung missbraucht werden könnten, prägt seit Jahren die Auseinandersetzung um die Einführung der elektronischen Gesundheitskarte (eGk).

Bundesgesundheitsminister Gröhe hat Mitte Januar 2015 einen Gesetzentwurf vorgelegt, der o. a. vorsieht, dass die derzeit über 200 unterschiedlichen Datenverarbeitungssysteme im deutschen Gesundheitswesen mit einander vernetzt
werden, damit potentiell alle, die im Gesundheitswesen tätig sind, darauf einen ungehinderten Zugriff haben. Datenschützer bewerten den Gesetzentwurf kritisch. Die ärztliche Schweigepflicht Grundlage eines vertrauensvollen Verhältnisses zwischen Arzt und Patient werde durch die geplanten Regelungen
ausgebremst.

Zu diesen Themen wird Jan Kuhlmann informieren und diskutieren.

Jan Kuhlmann (http://kuhlsite.de/index.html) beschäftigt sich seit ca. 20 Jahren mit Fragen der Digitalisierung im Gesundheitswesen. Eine
seiner frühesten Veröffentlichungen zu dieser Thematik aus dem Jahr 1995 trägt den Titel Der Gesundheits-Chip. Vom Arztgeheimnis zum gläsernen Patienten (http://kuhlsite.de/Der_Gesundheitschip.pdf).

Siehe: http://ddrm.de/?p=3673

Umfrage “Erfahrungen mit Krankenkassen und Ärzt/inn/en ohne im Besitz einer eGk zu sein”

Seit dem 1. Januar 2015 ist es schwieriger geworden, ohne elektronische Gesundheitskarte behandelt zu werden. Wir interessieren uns für die Erfahrungen von Menschen, die ohne eGK ihre Ansprüche als gesetzliche Krankenversicherte in Anspruch nehmen wollen.

Wir freuen uns, wenn sie an der Umfrage teilnehmen. Die Umfrage ist anonym.

Update: Die Umfrage für Februar ist beendet. Ab März können Sie an einer neuen Version der Umfrage mit verbessertem Fragebogen teilnehmen.

EU-Digitalkommissar greift den Datenschutz an

Auf der sogenannten Isny-Runde, zu der seit vielen Jahren der Ludwigsburger Saatgutunternehmer Helmut Aurenz namhafte Manager und Politiker einlädt, rief EU-Digitalkommisar Oettinger den Deutschen zu „Übertreibt es nicht mit dem Datenschutz“ (http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.managertreffen-in-isny-datenschutz-als-wettbewerbsnachteil.50a32619-2769-496a-b206-0e1af626091f.html).

Wir meinen, der Datenschutz ist ein Vorteil des Standorts Deutschland und stimmen Datenschützer Thilo Weichert zu, dass er „von der Politik nicht umgesetzt“ wird (http://www.deutschlandfunk.de/kongress-kiel-datenschutz-wird-von-der-politik-nicht.697.de.html?dram:article_id=295675).
Wie soll man also Aussagen der „Digital-Politiker“ Oettinger und Dobrindt bei der Isny-Runde interpretieren? Es scheint, als ob solche Forderungen allein wirtschaftliche Gründe berücksichtigen – nicht aber das legitime Interesse der Bürger, ihr Recht auf informationelle Selbstbestimmung gewahrt zu sehen.

Wir sehen das insbesondere im Hinblick auf unsere hochsensiblen Patientendaten als kritisch an, die derzeit verstärkt im Fokus der Datengoldgräber sind. Es sei in diesem Zusammenhang an die Vernetzung von Versichertendaten mit Körpertrackern erinnert, für die Medizin-Informatikerin Britta Böckmann am 12.11.2014 bei einer Anhörung des Bundestagsausschusses Digitale Agenda plädierte (http://www.heise.de/newsticker/meldung/Elektronische-Gesundheitskarte-Mit-Koerpertrackern-vernetzen-2454873.html). Eine weiteres Beispiel ist ein Versicherungstarif, der die Benutzung von Schrittzählern belohnt, wie er von der Generali erwogen wurde, wobei die generierten Daten kontinuierlich an die Versicherung übermittelt werden müssen (http://www.netzwelt.de/news/150032-datensammlung-generali-plant-offenbar-tarif-schrittzaehler.html).

Die so gewonnenen und verdichteten persönlichen Daten können in der Tat wirtschaftlich gewinnbringend eingesetzt werden, für den Patienten selber fällt statt eines Nutzens eher ein Schaden ab, wenn er entweder teurer oder gar nicht mehr versichert wird oder wenn er aufgrund seiner Gesundheitsbewertung einen Arbeitsplatz oder eine Wohnung nicht bekommt (http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/debatten/die-digital-debatte/sensible-gesundheitsdaten-die-vermessung-des-koerpers-13047158-p2.html). Die möglichen Folgen reichen von teuren Versicherungstarifen für Nichtnutzer der Körpertracker bis zur Vernichtung der persönlichen Existenz, wenn medizinische Daten in die falschen Hände geraten.

Wir meinen: Diese Daten müssen besser geschützt werden und nicht schlechter. Der beste Datenschutz ist Datensparsamkeit bzw. Datenvermeidung.