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Wenn Propheten über e-Health und Digitalisierung sprechen – eine Glosse über Blütenträume, Datenschutz und Gesundheitsdaten

Am 09.10.2017 veröffentlichte Ärzteblatt.de, die Internet-Zeitung der Bundes­ärzte­kammer und der Kassenärztliche Bundesvereinigung, einen Beitrag unter dem Titel E-Health: Von Zeitgewinn und Präventionschancen“. Darin kommen glühende Befürworter der Digitalisierung im Gesundheitswesen zu Wort.

Die schönsten Phantasien und Stilblüten – vorgetragen von Christian Baudis (lt. Ärzteblatt.de „Internet-Experte und Digitalunternehmer“) – seien hier zusammengetragen:

  • Durch die zunehmende Digitalisierung verdoppelten sich schon heute jährlich die Daten; genutzt würden aber nur ein Prozent davon. Mit intelligenten Algorithmen könnten sie hingegen auch für das Gesundheitswesen nutzbar gemacht werden, damit Ärzte zum Beispiel viel stärker präventiv tätig sein können. ‚Es wäre doch schön, wenn ich wüsste, dass mein Patient in fünf Tagen Husten bekommt, und ich ihm frühzeitig etwas verschreiben kann‘…“
  • Baudis… ergänzte mit Blick auf Exoskelette, dass es bereits gelungen sei, ‚Teile der Gedanken zu lesen, die Elektroimpulse abzuleiten und in mechanische Bewegung umzusetzen‘. Er geht davon aus, dass sich die Technik so weiterentwickeln wird, dass man künftig Unfälle und Stürze vorhersagen und damit verhindern kann.“
  • Baudis sprach von einem erheblichen Zeitgewinn, wenn Patienten bereits mit digitalen Gesundheitsdaten in die Praxis kommen. ‚Von den zwei Minuten Zeit, die ein Arzt im Schnitt für jeden Patienten hat, hat er heute eineinhalb Minuten, mich zu vermessen und eine halbe Minute für die Beratung. Künftig gibt es zwei Minuten für die Beratung, weil die Daten schon da sind‘“

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Bund der Steuerzahler empfiehlt: Estland als digitales Vorbild – Auslieferung aller personenbezogen Daten an den Staat

Das neue Schwarzbuch des Bundes der Steuerzahler e. V. (BdSt) mit seiner Kritik an der elektronischen Gesundheitskarte (eGk) war auch in den Massenmedien der letzten Tage ein Thema.
Der BdSt beschäftigt sich auf den ersten 30 Seiten des neuen Schwarzbuchs kritisch mit diversen Fehlentwicklungen und Geldverschwendung bei der Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung. Stutzig machen müssen aber seine Empfehlungen, wie alles besser und kostengünstiger zu machen sei.
So wird auf Seite 19 in den „ABSCHLIESSENDE(N) HANDLUNGSEMPFEHLUNGEN ZUM E-GOVERNMENT“ u. a. gefordert: Einführung des ‚Once-Only‘-Prinzips, das besagt, dass gültige Dokumente (etwa Geburtsurkunden, Meldebescheinigungen, Einkommensnachweise) nur ein einziges Mal an den Staat übermittelt werden müssen. Anschließend haben alle Behörden, die eine entsprechende Berechtigung und Signatur besitzen, Zugriff auf die Unterlagen…“

Missbrauch mit der Gesundheitskarte – Datendiebstahl leicht gemacht

Missbrauch mit der Gesundheitskarte – Datendiebstahl leicht gemacht

Unter diesem Titel hat das ZDF-Magazin frontal21 am 23.05.2017 einen sehenswerten Beitrag (8 Min.)gesendet. Darin kommen prominente KritikerInnen der elektronischen Gesundheitskarte (eGk) zu Wort, darunter

  • Christoph Kranich, Verbraucherzentrale Hamburg;
  • Dr. Silke Lüder, Allgemeinmedizinerin, Sprecherin der Aktion: Stoppt die e-Card! und
  • André Zilch, IT-Sicherheitsexperte.

Im Beitrag schildern zudem zwei Redakteurinnen des ZDF-Magazin frontal21, wie sie – allein durch einen Anruf bei der Techniker Krankenkasse und ohne weitere Prüfung der telefonisch vorgetragenen Sachverhalte – per Brief von der TK eine eGk auf den Namen der jeweils anderen Person erhielten.

Der Beitrag ist noch bis 23.05.2018 im Internet verfügbar.

Kostendruck und Outsourcing von Aufgaben in Krankenhäusern – eine Gefahr für die Sicherheit von Patienten- und Behandlungsdaten

In ihrem Tätigkeitsbericht für 2016 (Abschnitt 1.4) hat die Berliner Datenschutzbeauftragte Maja Smoltczyk kritisiert, dass durch Kostendruck und damit verbundenes Outsourcing von Aufgaben in Krankenhäusern Gefahren für die Sicherheit von Patienten- und Behandlungsdaten entstehen. Aus dem Bericht geht hervor, dass einige Berliner Kliniken Patientenakten von Tochtergesellschaften oder externen Dienstleistern digitalisieren und archivieren lassen. Diese Praxis erklärt die Berliner Datenschutzbeauftragte für rechtswidrig. Sie stellt fest:

„Bedingt durch den steigenden wirtschaftlichen Kostendruck haben einige Kliniken Tochtergesellschaften gegründet, um bestimmte im Krankenhaus anfallende Dienstleistungen auszulagern… Mittlerweile gibt es Bestrebungen, weitere Tätigkeiten, die den inneren Bereich des Krankenhauses betreffen und bei denen unmittelbar medizinische Daten verarbeitet werden, wie die Archivierung und Digitalisierung von Patientenakten, ebenfalls an Dritte auszulagern. Bei dieser Tätigkeit ist es unumgänglich, anvertraute Patientendaten zur Kenntnis zu nehmen… Soweit Archivdienstleistungen durch das Krankenhaus selbst geleistet werden, unterliegen die mit dieser Aufgabe betrauten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter als Gehilfen des ärztlichen Personals der beruflichen Schweigepflicht. Durch die Auslagerung dieser Aufgabe an einen Dienstleister, bei dem die Beschäftigten nicht der ärztlichen Schweigepflicht unterliegen, würden schweigepflichtige Daten unzulässig und strafbewehrt offenbart. Kostendruck und Outsourcing von Aufgaben in Krankenhäusern – eine Gefahr für die Sicherheit von Patienten- und Behandlungsdaten weiterlesen

EU-Digitalkommissar greift den Datenschutz an

Auf der sogenannten Isny-Runde, zu der seit vielen Jahren der Ludwigsburger Saatgutunternehmer Helmut Aurenz namhafte Manager und Politiker einlädt, rief EU-Digitalkommisar Oettinger den Deutschen zu „Übertreibt es nicht mit dem Datenschutz“ (http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.managertreffen-in-isny-datenschutz-als-wettbewerbsnachteil.50a32619-2769-496a-b206-0e1af626091f.html).

Wir meinen, der Datenschutz ist ein Vorteil des Standorts Deutschland und stimmen Datenschützer Thilo Weichert zu, dass er „von der Politik nicht umgesetzt“ wird (http://www.deutschlandfunk.de/kongress-kiel-datenschutz-wird-von-der-politik-nicht.697.de.html?dram:article_id=295675).
Wie soll man also Aussagen der „Digital-Politiker“ Oettinger und Dobrindt bei der Isny-Runde interpretieren? Es scheint, als ob solche Forderungen allein wirtschaftliche Gründe berücksichtigen – nicht aber das legitime Interesse der Bürger, ihr Recht auf informationelle Selbstbestimmung gewahrt zu sehen.

Wir sehen das insbesondere im Hinblick auf unsere hochsensiblen Patientendaten als kritisch an, die derzeit verstärkt im Fokus der Datengoldgräber sind. Es sei in diesem Zusammenhang an die Vernetzung von Versichertendaten mit Körpertrackern erinnert, für die Medizin-Informatikerin Britta Böckmann am 12.11.2014 bei einer Anhörung des Bundestagsausschusses Digitale Agenda plädierte (http://www.heise.de/newsticker/meldung/Elektronische-Gesundheitskarte-Mit-Koerpertrackern-vernetzen-2454873.html). Eine weiteres Beispiel ist ein Versicherungstarif, der die Benutzung von Schrittzählern belohnt, wie er von der Generali erwogen wurde, wobei die generierten Daten kontinuierlich an die Versicherung übermittelt werden müssen (http://www.netzwelt.de/news/150032-datensammlung-generali-plant-offenbar-tarif-schrittzaehler.html).

Die so gewonnenen und verdichteten persönlichen Daten können in der Tat wirtschaftlich gewinnbringend eingesetzt werden, für den Patienten selber fällt statt eines Nutzens eher ein Schaden ab, wenn er entweder teurer oder gar nicht mehr versichert wird oder wenn er aufgrund seiner Gesundheitsbewertung einen Arbeitsplatz oder eine Wohnung nicht bekommt (http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/debatten/die-digital-debatte/sensible-gesundheitsdaten-die-vermessung-des-koerpers-13047158-p2.html). Die möglichen Folgen reichen von teuren Versicherungstarifen für Nichtnutzer der Körpertracker bis zur Vernichtung der persönlichen Existenz, wenn medizinische Daten in die falschen Hände geraten.

Wir meinen: Diese Daten müssen besser geschützt werden und nicht schlechter. Der beste Datenschutz ist Datensparsamkeit bzw. Datenvermeidung.