Opt-out-Patientenakte – wie und wann rechtssicher widersprechen?

Diese Frage bewegt derzeit viele gesetzlich krankenversicherte Menschen. Ein Versicherter, der auf „Nummer Sicher“ gehen wollte, hatte sich nach Verabschiedung der entsprechenden gesetzlichen Änderungen durch das Gesundheitsdatennutzungsgesetz (GDNG) und das Digitalgesetz (DigiG) an seine Krankenkasse gewandt, um der Anlage einer elektronischen Patientenakte (ePA) für sich rechtzeitig zu widersprechen. Er erhielt zwischenzeitlich eine Stellungnahme seiner Krankenkasse, die er der Redaktion dieser Homepage zur anonymisierten Veröffentlichung zur Verfügung stellte. Sie ist hier im Wortlaut nachlesbar:

Die Auskunft der DAK erscheint nach derzeitigem Kenntnisstand die Rechtslage korrekt abzubilden. Mit den gesetzlichen Neuregelungen ist folgendes Verfahren vor Errichtung einer opt-out-ePA vorgeschrieben:

  • Die gesetzlichen Krankenkassen (KK) müssen ausnahmslos alle ihre Mitglieder über die gesetzliche Neuregelung informieren.
  • Danach haben alle Versicherten 6 Wochen Zeit, ihren Widerspruch gegen die ePA bei ihrer KK anzumelden.
  • Wer diese Frist versäumt, erhält danach eine ePA und alle behandelnden Ärzt*innen haben dann die gesetzliche Verpflichtung, die ePA mit ihren Behandlungen, Diagnosen, Medikationen, Röntgenbildern und was auch immer zu befüllen.
  • Aber auch danach haben alle Versicherten noch die Möglichkeit, wieder „auszusteigen“ und für die Zukunft die ePA abzulehnen und für die Vergangenheit die ePA komplett und unwiederbringlich löschen zu lassen. Die Gesundheits- und Behandlungsdaten, die zu diesem Zeitpunkt bereits für Forschungszwecke ausgeleitet wurden, dürften dann in aber der Realität nicht mehr rückholbar sein.

Worüber die Krankenkassen informieren müssen

ist in § 343 SGB V geregelt: (1a) Die Krankenkassen haben den Versicherten, bevor sie ihnen eine elektronische Patientenakte gemäß § 342 Absatz 1 Satz 2 zur Verfügung stellen, umfassendes und geeignetes Informationsmaterial über die elektronische Patientenakte in präziser, transparenter, verständlicher und leicht zugänglicher Form in einer klaren und einfachen Sprache und barrierefrei zur Verfügung zu stellen. Die Informationen müssen über alle relevanten Umstände der Datenverarbeitung für die Einrichtung der elektronischen Patientenakte, über die Übermittlung von Daten in die elektronische Patientenakte und über die Verarbeitung von Daten in der elektronischen Patientenakte durch Leistungserbringer einschließlich der damit verbundenen Datenverarbeitungsvorgänge in den verschiedenen Bestandteilen der Telematikinfrastruktur und über die für die Datenverarbeitung datenschutzrechtlich Verantwortlichen informieren. Das Informationsmaterial muss insbesondere Informationen enthalten über

1. …

2. die Gewährleistung, dass der Versicherte weder bevorzugt noch benachteiligt wird, wenn er von seinen Widerspruchs-, Einwilligungs-, Lösch- und Beschränkungsrechten Gebrauch macht, mit Ausnahme des Verzichts auf Nutzen und Mehrwert der elektronischen Patientenakte…

5. die selbstbestimmte und eigenverantwortliche Nutzung der elektronischen Patientenakte, insbesondere über a) das Recht, der Bereitstellung zu widersprechen

7. die Möglichkeit des Widerspruchs gegen die Datenverarbeitung in der elektronischen Patientenakte gegenüber Krankenkassen und Anbietern der elektronischen Patientenakte sowie die Möglichkeit des Widerrufs des Widerspruchs…

10. die Übermittlung von bei der Krankenkasse gespeicherten Daten in die elektronische Patientenakte… sowie über die Verarbeitung dieser Daten durch die Krankenkassen und Anbieter der elektronischen Patientenakte in der elektronischen Patientenakte, die Möglichkeit des Widerspruchs gegen diese Übermittlung sowie die Möglichkeit des Widerrufs des Widerspruchs…

13. die Möglichkeit des Widerspruchs gegen die Übermittlung von Daten in die elektronische Patientenakte… insbesondere die Möglichkeit des Widerspruchs gegen die Übermittlung von Daten, deren Bekanntwerden Anlass zu Diskriminierung oder Stigmatisierung des Versicherten geben kann, insbesondere zu sexuell übertragbaren Infektionen, psychischen Erkrankungen und Schwangerschaftsabbrüchen, sowie die Möglichkeit des Widerrufs des Widerspruchs,

14. …über das Erfordernis der vorherigen Einwilligung in die Übermittlung und Speicherung von Ergebnissen genetischer Untersuchungen oder Analysen im Sinne des Gendiagnostikgesetzes in die elektronische Patientenakte

16. die Möglichkeit des Widerspruchs gegen den Zugriff auf Daten in der elektronischen Patientenakte… durch Leistungserbringer…“

Insgesamt sind es 24 unterschiedliche Aspekte der ePA, zu denen die KK informieren müssen – im Original hier (ab S. 28) nachlesbar.

Für das Widerspruchsverfahren der Versicherten in Sachen ePA

gilt § 344 SGB V: (1) Hat der Versicherte nach vorheriger Information gemäß § 343 der Einrichtung einer elektronischen Patientenakte gegenüber der Krankenkasse nicht innerhalb einer Frist von sechs Wochen widersprochen, stellt die Krankenkasse dem Versicherten eine elektronische Patientenakte bereit

„(2a) Macht der Versicherte nach vorheriger Information gemäß § 343 von seinen… Rechten zum Widerspruch gegen die Übermittlung und Speicherung von Daten in die elektronische Patientenakte keinen Gebrauch, dürfen die Krankenkassen, der Anbieter der elektronischen Patientenakte und die Anbieter von einzelnen Diensten und Komponenten der elektronischen Patientenakte die übermittelten personenbezogenen Daten speichern…

(3)„ Die Versicherten können einer bereitgestellten elektronischen Patientenakte gemäß Absatz 1 auch jederzeit nach Einrichtung widersprechen. Der Widerspruch kann gegenüber der Krankenkasse erklärt werden oder über eine Benutzeroberfläche eines geeigneten Endgeräts erfolgen. Die Krankenkasse hat den Versicherten umfassend darüber zu informieren, dass nach einem erfolgten Widerspruch die elektronische Patientenakte einschließlich aller darin gespeicherten Daten gelöscht wird und diese Daten auch bei einer erneuten Einrichtung auf Verlangen nach Absatz 5 nicht wiederhergestellt werden können. Macht der Versicherte von seinem Widerspruch gegen die bereitgestellte elektronische Patientenakte Gebrauch, hat der Anbieter auf Veranlassung der Krankenkasse die elektronische Patientenakte unverzüglich und vollständig zu löschen.“

Im Original hier (ab S. 30) nachlesbar.

Wo finde ich Unterstützung, wenn ich der Anlage einer ePA für mich widersprechen will?

Ein Bündnis von Guppen und Personen, die der opt-out-ePA kritisch bis ablehnend gegenüber stehen (darunter der Verein Patientenrechte und Datenschutz e. V. und die Bürgerrechtsgruppe dieDatenschützer Rhein Main) bereiten derzeit Informationsmaterialien und Handlungsanleitungen vor:

  • Es soll eine Webseite aufgesetzt werden, mit der ePA-kritische Versicherte informiert werden sollen. U.a. soll diese Webseite eine FAQ zur ePA enthalten und es soll dort ein sogenannter Opt-Out-Generator angeboten werden, der es einfach macht, rechtssicher die Widerspruchsmöglichkeiten gegen das Anlegen einer ePA und die anderen Widerspruchsoptionen (siehe oben unter § 343 SGB V) zu nutzen. Diese Webseite wird in Kürze erreichbar sein.
  • Für alle, die in diesem Opt-Out-Bündnis mitarbeiten wollen, stellt die Bürgerrechtsgruppe dieDatenschützer Rhein Main auf ihrem Server eine Mailingliste zur Verfügung. Bei Interesse melden Sie sich bitte dafür an mit einer E-Mail an kontakt [at] ddrm.de mit dem Betreff: “Anmeldung für die Mailingliste buendnis-optout“.
  • Für alle am Thema ePA opt-out interessierten Menschen wird das Bündnis in Kürze einen Newsletter anbieten.

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