Bundesrat stimmt Digital-Gesetz und Gesundheitsdatennutzungsgesetz zu – aber: Vertrauen lässt sich nicht verordnen!

In seiner Sitzung am 02.02.2023 hat der Bundesrat den am 14.12.2023 vom Bundestag beschlossenen Gesetzen zugestimmt. Damit ist der Weg frei für die elektronische Patientenakte (ePA), die am 15.01.2025 allen gesetzlich versicherten Menschen in Deutschland ohne ihre vorherige informierte Einwilligung aufgenötigt wird. Es bedarf künftig einer ausdrücklichen Ablehnung, wenn einzelne Versicherte für sich die Anlage einer ePA und die Sammlung aller künftigen Gesundheit-, Behandlungs-, Medikations- und weiterer Daten ablehnen wollen. Wer diesen Schritt – aus welchen Gründen auch immer – nicht machen will oder kann, muss damit leben, dass alle behandelnden Ärzt*innen ab Mitte Januar 2025 alle ihnen durch die Behandlung bekannt gewordenen Daten auf Grund zwingender gesetzlicher Vorschriften in der ePA speichern müssen und damit die ärztliche Schweigepflicht massiv aufweichen.

Mit dem Digital-Gesetz (DigiG) und dem Gesundheitsdatennutzungsgesetz (GDNG) ist aber mehr verbunden als nur die Anlage einer ePA. Auf der Homepage des Bundestags wird dazu wie folgt informiert:

  • In der ePA können medizinische Befunde und Informationen aus Untersuchungen und Behandlungen gespeichert werden. Allerdings wird die freiwillige Anwendung bisher selten genutzt, daher wird auf das sogenannte Widerspruchsverfahren (Opt-out) umgestellt…
  • Das Ziel ist… eine vollumfängliche, weitgehend automatisiert laufende Befüllung der ePA mit strukturierten Daten…
  • Mit dem Gesundheitsdatennutzungsgesetz (GDNG)… ist das Ziel verbunden, Gesundheitsdaten für gemeinwohlorientierte Zwecke leichter und schneller nutzbar zu machen…
  • …sollen bürokratische Hürden gesenkt und die Forschung gestärkt werden.
  • Auch für die Datenfreigabe aus der elektronischen Patientenakte wird ein Opt-Out-Verfahren eingeführt, um die Daten aus der Akte zu Forschungszwecken besser nutzbar zu machen.“

Der Bundesdatenschutzbeauftragte Ulrich Kelber hat in einer Stellungnahme vom 28.09.2023 auf die aus seiner Sicht datenschutzrechtlich mehr als nur fragwürdigen Ziele der Gesetzgebung hingewiesen:

  • Die Nutzungsberechtigung bezüglich der versichertenbezogenen Abrechnungs-Daten im Forschungsdatenzentrum Gesundheit beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) soll von dem bisherigen Katalog benannter Berechtigter auf eine Berechtigung aller Personen und Unternehmen aufgrund benannter zulässiger Zwecke umgestellt werden…
  • Die Krankenkassen sollen – auch ohne Einwilligung der Versicherten – eine individuelle, versichertenbezogene Auswertungsbefugnis erhalten…
  • Die Gesundheitseinrichtungen, insbesondere Krankenhäuser, sollen eine bundeseinheitliche Grundlage zur Weiterverarbeitung der zu Behandlungszwecken erhobenen Daten zu weiteren Zwecken ohne Beteiligung der betroffenen Patienten erhalten…
  • Im Modellvorhaben Genomsequenzierung sollen wesentliche Datenverarbeitungen ohne Einwilligung der betroffenen Personen erlaubt werden…
  • Die Weiternutzung der Daten in der elektronischen Patientenakte zu verschiedenen weiteren Zwecken im Forschungsdatenzentrum Gesundheit soll nicht mehr zustimmungsbasiert, sondern automatisiert als Opt-out-Modell gestaltet werden…“

Vertrauen lässt sich nicht verordnen!

Unter der Überschrift Vertrauen lässt sich nicht verordnen haben eine Vielzahl von Organisationen – darunter auch der Verein Patientenrechte und Datenschutz e . V. – einen Offenen Brief zur Digitalisierung des Gesundheitswesens veröffentlicht. Darin wir zu Beginn festgestellt: Die derzeit angestrebten Prozesse, die die Digitalisierung des Gesundheitswesens vorantreiben sollen, weisen grundlegende Fehler auf. Sie sind intransparent und beteiligen Patient*innen unzureichend. Das Resultat: Ein digitales Gesundheitswesen, das nicht menschenzentriert gedacht ist und somit seine gesellschaftlichen Potenziale verfehlt.“ Der Offene Brief enthält 10 Prüfsteine zur Digitalisierung des Gesundheitswesens und ist hier im Wortlaut nachlesbar.

Ärzt*innen und Versicherte sowie Vertreter*innen vd. Organisationen, die sich kritisch mit der Digitalisierung im Gesundheitsweisen auseinandersetzen, haben erste Schritte unternommen, um Versicherte über die gesetzlichen Neuregelungen zu informieren und ihnen zu erläutern, wie sie sich erfolgreich gegen zwangsweise Erfassung ihrer Gesundheits- und Behandlungsdaten zur Wehr setzen können. In bislang zwei Online-Konferenzen (die dritte wird am 20.02.2024 um 19.00 Uhr stattfinden) wurden bereits einige Vereinbarungen getroffen:

  • Es soll eine Webseite aufgesetzt werden, mit der eine größere Öffentlichkeit angesprochen werden kann. U.a. soll diese Webseite eine FAQ zur ePA enthalten und es soll dort ein sogenannter Opt-Out-Generator angeboten werden, der einen einfachen Widerspruch gegen das Anlegen einer ePA ermöglicht. Diese Webseite ist in Kürze erreichbar unter https://widerspruch-epa.de/.
  • Für dieses Opt-Out-Bündnis stellt die Bürgerrechtsgruppe dieDatenschützer Rhein Main auf ihrem Server eine Mailingliste buendnisoptout [at] ddrm.de zur Verfügung. Bei Interesse melden Sie sich bitte dafür an mit einer E-Mail an kontakt [at] ddrm.de mit dem Betreff: “Amneldung für die Mailingliste buendnis-optout [at] ddrm.de.

Wer am nächstenOnline-Treffen teilnehmen möchte, kann sich am 20.02.2024 um 19.00 Uhr einwählen unter https://public.senfcall.de/epa.

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