Einen Blick auf den Handel der britischen Gesundheitsbehörde NHS (National Health Service) mit Gesundheits- und Behandlungsdaten…

ermöglicht eine Petition, die am 28.05.2021 von openDemocracy veröffentlicht wurde. Unter dem Titel Matt Hancock hat in aller Stille Ihren Hausarzt aufgefordert, Ihre Gesundheitsdaten auszuhändigen. Warum? wird über den Umfang dieses Vorhabens informiert. Matt Hancock ist der Gesundheitsminister der britischen Regierung.

Dass die Krankengeschichten von mehr als 55 Mio. britischen Patient*innen, die Leistungen der britischen Gesundheitsbehörde NHS (National Health Service) in Anspruch nehmen (müssen), in einer Datenbank gespeichert werden sollen, die für akademische und kommerzielle Dritte zugänglich ist und in der Datensätze eingekauft werden können, meldete die britische Zeitung Guardian am 30.05.2021. Auszüge dieses Beitrags in deutscher Übrersetzung finden Sie hier.

Nachstehend Auszüge aus dem informativen Text der Petition:

Wenn Sie in England leben, könnten alle Ihre Begegnungen mit Ihrem Hausarzt – Informationen über Ihre körperliche, geistige und sexuelle Gesundheit – an Dritte ‚verkauft‘ werden

Ab dem 1. Juli dieses Jahres wird die Regierung, wenn Sie bei einem Hausarzt in England registriert sind, eine Kopie jedes medizinischen Ereignisses, das Ihr Hausarzt in seinem System aufgezeichnet hat, seit Sie sich das erste Mal bei ihm registriert haben, mitnehmen. (Auch die Aufzeichnungen Ihrer Kinder, wenn Sie Kinder haben.) Laut der NHS-Website werden die Ereignisse – „Codes“ genannt – unter anderem gesammelt: ‚Daten über Diagnosen, Symptome, Beobachtungen, Testergebnisse, Medikamente, Allergien, Impfungen, Überweisungen, Rückrufe und Termine, einschließlich Informationen über die körperliche, geistige und sexuelle Gesundheit‘. Jedes einzelne dieser Ereignisse wird mit Ihrer NHS-Nummer, Ihrer vollständigen Postleitzahl und Ihrem Geburtsdatum verknüpft sein. Hört sich das für Sie nach ‚anonymen‘ Daten an? (Die ‚Pseudonyme‘, die verwendet werden, um diese Informationen zu verschleiern, sind leicht umkehrbar, und die Stelle, die die Datenbank betreibt, gibt freimütig zu, dass sie dazu in der Lage ist). Alle Ihre Begegnungen mit Ihrem Hausarzt werden, sobald sie in die zentrale Datenbank kopiert wurden, gegen Bezahlung an Dritte ‚weitergegeben‘, einschließlich Firmen außerhalb des NHS. (Falls Sie das kaum glauben können, hier ist die diesjährige Preisliste für die bereits zentral gespeicherten Daten, wie z.B. die Ihrer Krankenhausbesuche). Hatten Sie eine Ahnung, dass Ihre medizinischen Daten so viel wert sind… oder so wenig? Einmal aufgenommen, werden Ihre Hausarztdaten – viel sensibler als Daten über Krankenhausbesuche – nie wieder gelöscht

Das letzte Mal, als die Regierung versuchte, durch das berüchtigte ‚care.data‘-Programm, das 2013 angekündigt wurde, an unsere Hausarztdaten heranzukommen, gab es einen Aufschrei von Patienten und Fachleuten. Das Programm scheiterte, da die Regierung nicht in der Lage – oder nicht willens – war, den Menschen überzeugend zu erklären, wer genau am Ende Zugriff auf unsere Hausarztdaten haben würde. Dieser neue Plan für 2021 ist care.data auf Steroiden. Er ist viel größer und nimmt viel mehr Daten auf. Er ist viel aufdringlicher und sammelt hochsensible Codes, wie z.B. solche, die sich auf die sexuelle Gesundheit oder die Drogen- und Alkoholgeschichte beziehen, die selbst care.data nicht anzufassen wagen würde…

Warum also will die Regierung unbedingt Ihre Daten?

Ein Grund ist der Nutzen, den sie bringen können… Der andere Grund, und der, über den die Regierung am wenigsten spricht, ist, dass sie für andere so wertvoll ist. Für die ‚völlig neuen Industrien‘, die der Berater der Regierung für Biowissenschaften, John Bell, 2017 im Rahmen der Life Sciences Industrial Strategy vorgeschlagen hat. Für die profitgierigen Konzerne, die sich bereits Zugang zu Kopien von Krankenhausdaten von Patienten verschaffen – oft über ‚Informationsvermittler‘, die nur einmalig 10.000 Pfund extra zahlen müssen, um zu garantieren, dass die Namen ihrer Kunden nicht in öffentlichen Listen auftauchen. Und sogar an Kunden (Firmen und öffentliche Einrichtungen), die in der Vergangenheit gegen die Regeln (oder das Gesetz) verstoßen haben, trotz eines Versprechens der Regierung nach care.data, dass diejenigen, die dies absichtlich oder wiederholt getan haben, mit einem ‚One Strike‘-Verbot für jeden zukünftigen Zugriff rechnen müssen.

Und als nächstes sind Ihre Hausarztdaten dran… Es ist auch aufschlussreich zu sehen, was mit den Hausarztdaten passiert ist, die seit fast einem Jahr unter der außerordentlichen Pandemie ‚Kontrolle von Patienteninformationen‘ gesammelt wurden. Uns wurde versichert, dass die COVID-bezogenen Daten größtenteils in einer hochsicheren ‚sicheren Umgebung‘ analysiert würden, was eine Weiterverwendung und -verbreitung verhindern würde. Aber die Analyse der offiziellen Freigabe-Register durch MedConfidential zeigt, dass in neun von zehn Fällen dieser ‚sichere Rahmen‘ nicht genutzt wurde… Die Regierung will Ihre Hausarztdaten, und sie hat den Hausärzten keine große Wahl gelassen – aber Sie können etwas tun. Abmelden. Bis zum 23. Juni.“ Übersetzt mit www.DeepL.com/Translator

Die Petition ist hier im Wortlaut in einer deutschen Übersetzung veröffentlicht.


Und in Deutschland?

Sind wir so weit wie in Großbritannien noch nicht. Aber auf dem Weg dort hin. Wenn der Widerstand gegen Planungen und Vorschläge des Deutschen Ethikrats (2017) als auch der Sachverständigenrats Gesundheit (2021) nicht stärker wird. Beide, dem Bundesgesundheitsministerium zuarbeitende Organisationen, fordern, dass alle gesetzlich krankenversicherten Menschen in Deutschland ihre Gesundheits- und Behandlungsdaten zwangsweise „per Gesetz“ und ohne eigene Willensentscheidung einem zentralen Datenpool zuführen sollen: Dieser soll dann von Forschungsinstituten und Firmen genutzt werden können.

Auch hier sind #GesundheitsdatenInGefahr

2 Gedanken zu „Einen Blick auf den Handel der britischen Gesundheitsbehörde NHS (National Health Service) mit Gesundheits- und Behandlungsdaten…“

  1. Beim letzten Abschnitt (über Deutschland) bin ich mir nicht sicher, ob das so ganz stimmt. Hierzulande werden zwar nicht die Patientenakten der Ärzte, wohl aber die Behandlungsdaten, welche die Krankenkassen für die Abrechnung bekommen, in eine „Forschungsdatenbank“ eingespeist. Und seit der „Patientenquittung“ bekommen die Krankenkassen ja auch die Diagnosen. Ob die Forschungsdatenbank schon fertig oder noch im Aufbau ist, weiß ich nicht. Aber rechtlich ist das schon mit dem Digitale-Versorgung-Gesetz eingerichtet worden. Die Forschungsdatenbank soll die Daten nur an Forschungseinrichtungen weitergeben, aber da werden wohl auch Pharmafirmen bzw. Kooperationen zwischen Hochschuleinrichtungen und Pharmafirmen dabei sein. Ob die Datenbank dafür Geld nimmt, weiß ich nicht. Aber wenn nicht, kann das ja noch kommen… Corona-Schulden und so.

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