CDU-Gesundheitspolitiker Tino Sorge (MdB) macht Front gegen „Datenschutz in seiner antiquierten Absolutheit“

Der Gesundheitsexperte der Unions-Bundestagsfraktion, Tino Sorge (CDU), hat eine Abkehr von den strengen Datenschutzregeln im Gesundheitsbereich gefordert. ‚Datenschutz und Gesundheitsschutz müssen in ein neues und pragmatisches Verhältnis zueinander gestellt werden‘, sagte Sorge… ‚Dazu muss auch der Mut zählen, sich vom Datenschutz in seiner antiquierten Absolutheit zu verabschieden.‘“ Mit diesen Sätzen beginnt ein Beitrag im Handelsblatt vom 10.08.2021. Im weiteren Verlauf des Beitrags wird Sorge erneut zitiert mit den Aussagen: „CDU-Politiker Sorge verwies indes auf den Sachverständigenrat Gesundheit (SVR). Dieser habe jüngst ‚in seltener Deutlichkeit auf den Punkt gebracht‘, dass die alten Prinzipien der Datensparsamkeit und der Zweckbindung ‚vollkommen überholt‘ seien. ‚Es sind heutzutage eben nicht nur Ärzte, sondern auch Daten, die Leben retten‘“, so der Wirtschaftsanwalt, Unternehmensjurist und Nicht-Mediziner Sorge.

Der von Sorge zitierte Sachverständigenrat Gesundheit“ (Sachverständigenrats zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen) ist kein unabhängiges Expertengremium. Er arbeitet unter dem Dach des Bundesgesundheitsministeriums. Seine Mitglieder werden von Bundesgesundheitsminister ausgewählt.

Das Gutachten des , auf das sich Sorge bezieht, fordert eine radikale Abkehr vom bisherigen Prinzip der Freiwilligkeit bei der Nutzung der elektronischen Patientenakte (ePA) gefordert. „Unsere Lösung heißt: Jeder Bürger bekommt bei Geburt oder Zuzug automatisch eine ePA, und er kann dann widersprechen“. Dies äußerte Professor Dr. Ferdinand M. Gerlach, Vorsitzender des Sachverständigenrats in einem Interview mit der ÄrzteZeitung: „Wir empfehlen eine drastische Vereinfachung: wie in Dänemark und Estland den doppelten Opt-out statt des mehrfachen Opt-ins. Unsere Lösung heißt:

  • Jeder Bürger bekommt bei Geburt oder Zuzug automatisch eine ePA, und er kann dann widersprechen. Nach unserer Vorstellung hat er auch die Möglichkeit, bestimmte Bereiche zu verschatten, sodass nicht jeder Leistungserbringer alle Inhalte sehen kann. Wir halten es aber für gefährlich und falsch, dass der Patient, so wie es jetzt vorgesehen ist, Inhalte unwiederbringlich löschen kann.
  • Bezogen auf die Nutzung der Daten aus der Akte für gemeinwohldienliche Forschungszwecke schlagen wir ebenfalls eine Opt-out-Lösung vor. Wir sagen: Wer in einem solidarisch finanzierten Gesundheitssystem versorgt wird, der sollte unter genau geregelten und kontrollierten Voraussetzungen seine Daten auch für gemeinwohldienliche Forschung zur Verfügung stellen.“

Was der Sachverständigenrat und Politiker*innen wie Sorge und Spahn geflissentlich übersehen (wollen), sind die Regelungen in Art. 9 DSGVO. Dort wird festgehalten, dass u. a. die Verarbeitung von genetischen Daten, biometrischen Daten zur eindeutigen Identifizierung einer natürlichen Person, Gesundheitsdaten oder Daten zum Sexualleben oder der sexuellen Orientierung einer natürlichen Person grundsätzlich untersagt und nur in sehr engen rechtlichen Grenzen zulässig ist. Aber was schert das einen

Sachwalter der Interessen der „Gesundheitswirtschaft,

denn das ist der MdB Tino Sorge (Berichterstatter der CDU/CSU-Bundestagsfraktion für Digitalisierung & Gesundheitswirtschaft – nicht Gesundheitswesen). Er hat bereits am 10.12.2018 ein Positionspapier vorgelegt unter dem Titel “Datenspender könnten die Organspender des 21. Jahrhunderts werden”.

Herr Sorge macht sich darin zum Vertreter privatwirtschaftlicher Interessen, wenn er fordert, “die Wirtschaft bei politischen Entscheidungsprozessen enger mit einbinden” bei der “Ausgestaltung einer Datenautobahn oder einer Gesundheitsakte”. Wie vor ihm schon andere, fordert er deshalb: “Historische Konzepte wie ‘Datensparsamkeit’ oder ‘Datenvermeidung’ müssen eine Modernisierung erfahren.” Den Versicherten möchte er einen „Datenspendeausweis“ und ein „digitales Testament“ zur Verfügung stellen, “hinterlegt bei der Krankenkasse. Dort könnten Einwilligung oder Ablehnung zur Nutzung persönlicher Daten zu Lebzeiten und für den Todesfall verbindlich festgehalten werden.” Die – aus seiner Sicht – “starre Zweckbindung bei der Einwilligung zur Verarbeitung von Gesundheitsdaten” soll zudem aufgeweicht werden: “Darum regt die EU-DSGVO an, dass Betroffene der Verarbeitung ihrer Daten für die wissenschaftliche Forschung in einem erweiterten Maße zustimmen können sollten. Im Interesse moderner Gesundheitsforschung sollten wir das hierzulande zeitnah ermöglichen.” Nicht zuletzt möchte Herr Sorge den Krankenkassen weiter gehende Zugriffsrechte auf Versichertendaten einräumen: “Darum sollte Krankenkassen die zusammengeführte Auswertung bislang getrennter Routinedaten in Zukunft erlaubt werden. Ebenso sollten die bisher zu kurzen Daten-Löschfristen mindestens auf die volle Lebenszeit des Versicherten ausgeweitet werden.”

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