Das berichtet die Süddeutsche Zeitung am 20.04.2020: „Spahn hat vor allem eine Quarantäne-App im Sinn, die es den Mitarbeitern [der Gesundheitsämter] ermöglichen soll, den Zustand von Infizierten zu verfolgen, ohne dafür zum Telefonhörer greifen oder gar mit dem Auto zu deren Wohnung fahren zu müssen. Auch die Tracing-App sollten die Ämter mehr für ihre Arbeit nutzen…“
Diese Quarantäne-App wäre mindestens der vierte Versuch, die berechtigten Angst vor der Corona-Pandemie zu nutzen, um „Datenspenden“ unterschiedlichster Art und Qualität von einer großen Zahl von Menschen zu gewinnen.
Als Erstes war Bertelsmann in der Spur: „Der digitale Patient“, ein vom Bertelsmann-Konzern geschaffenes Internet-Magazin, das Werbung für die Digitalisierung des Gesundheitswesens macht und dabei auch Produkte der Bertelsmann-Tochter Arvato-Systems bewirbt, macht Werbung unter dem Titel „Wie Bürger durch Datenspenden zur Coronavirus-Forschung beitragen können“ wird eine Bertelsmann-Protagonistin (Mitglied des Bertelsmann-Expertennetzwerks „30 unter 40“) und das von ihr mitbetriebene Datensammelprojekt „Faster than Corona“ vorgestellt.
Als Zweites kam die Corona-Datenspende-App des Robert-Koch-Instituts (RKI), bekannt gemacht durch eine Veröffentlichung am 07.04.2020. Ulrich Kelber, Bundesdatenschutzbeauftragter, hat dazu bereits am gleichen Tag u. a. festgestellt: „„Meiner Behörde liegt bis jetzt noch keine fertige Version der ‘Corona Datenspende’-App vor. Meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben das Robert Koch-Institut im Vorfeld beraten. Grundsätzlich halte ich eine datenschutzkonforme Umsetzung für möglich und begrüße entsprechende Entscheidungen des RKI bei der Konzeption der App. Wir werden die Beratung fortsetzen und anschließend die Datenverarbeitung der App auch im Rahmen unserer Datenschutzaufsicht begleiten.“ Und der CCC, der auf Grund der öffentlich verfügbaren Angabe zu der Datenspende-App recherchiert hat, kommt am 20.04.2020 in einer Stellungnahme vom 20.04.2020 zum Ergebnis: „Das RKI hat vor dem Hintergrund der gebotenen Eile im Umgang mit der SARS-CoV-2-Pandemie in sehr kurzer Zeit eine „Corona-App“ herausgegeben. Der CCC konnte darin die Verletzung einiger „best practices“ feststellen. Zwar gelang zum jetzigen Zeitpunkt kein unmittelbarer direkter Zugriff auf die gesammelten Daten, aber die Risiken sind auf Dauer nicht tragbar. Der CCC empfiehlt eine rasche Umsetzung der empfohlenen Maßnahmen zur Behebung.“
Zum Dritten wurde dann von unterschiedlichsten Seiten Hoffnung geweckt auf PEPP-PT, die App die das Virus stoppen soll. Die Süddeutsche Zeitung erklärte hoffnungsvoll: „Der Name ist komplizierter als die Idee: ‚Pan European Privacy-Protecting Proximity Tracing‚, kurz Pepp-PT, heißt eine neue Plattform, die helfen soll, die Ausbreitung des Coronavirus zu verlangsamen. Dahinter steht ein internationales Team aus mehr als 130 Wissenschaftlern und IT-Experten. Das Projekt ist der bislang größte und ambitionierteste Versuch, die Pandemie mit moderner Technik zu bekämpfen – ohne in die Privatsphäre der Nutzer einzugreifen.“ Letzteres muss mittlerweile ernsthaft in Zweifel gezogen werden. Es regt sich massiver Widerstand gegen PEPP-PT. Denn die vorgeblich datenschutz- und privatsphärenfreundliche App scheint sich zu einem globalen Überwachungs-Instrument zu entwickeln. So zumindest die Kritik von mehr als 300 Wissenschaftler*innen, darunter mehr als 50 deutsche Forscher*innen. Sie haben sich in einem Offenen Brief vom 19.04.2020 klar von PEPP-PT und dem dabei mittlerweile eingeschlagenenWeg distanziert. In Ihrer Stellungnahme erkärten die Wissenschaftler*innen:
- „Apps zur Ermittlung von Kontaktpersonen dürfen nur zur Unterstützung von Maßnahmen im Bereich der öffentlichen Gesundheit zur Eindämmung von COVID-19 verwendet werden. Das System darf nicht in der Lage sein, mehr Daten zu sammeln, zu verarbeiten oder zu übertragen, als zur Erreichung dieses Zwecks erforderlich ist.
- Jede in Betracht gezogene Lösung muss vollständig transparent sein. Die Protokolle und ihre Implementierungen, einschließlich aller von Unternehmen bereitgestellten Unterkomponenten, müssen für die öffentliche Analyse verfügbar sein. Die verarbeiteten Daten und ob, wie, wo und wie lange sie gespeichert sind, müssen eindeutig dokumentiert werden. Solche gesammelten Daten sollten für den gegebenen Zweck minimal sein.
- Wenn es mehrere mögliche Optionen zur Implementierung einer bestimmten Komponente oder Funktionalität der Anwendung gibt, muss die Option gewählt werden, bei der die Privatsphäre am besten gewahrt bleibt. Abweichungen von diesem Grundsatz sind nur dann zulässig, wenn dies notwendig ist, um den Zweck der App effektiver zu erreichen, und müssen klar mit Verfallsbestimmungen begründet werden.Die
- Verwendung von Contact Tracing Apps und der Systeme, die sie unterstützen, muss freiwillig sein, mit der ausdrücklichen Zustimmung des Benutzers verwendet werden, und die Systeme müssen so konzipiert sein, dass sie abgeschaltet und alle Daten gelöscht werden können, wenn die aktuelle Krise vorüber ist.“ Aus dem Englischen übersetzt mit www.DeepL.com/Translator.
Und jetzt als Viertes Jens („Datenschutz ist was für Gesunde“) Spahn: Er möchte nicht nur PEPP-PT nutzen, sondern darüber hinaus eine weitere App entwickeln lassen, die es Behörden erlauben würde, Corona-Erkrankte lückenlos zu überwachen.
Quelle: DAZ.online (2016)
Danke Nein! Wir brauchen beides – Gesundheitsschutz und Grundrechtsschutz. Dies fordert auch ein Radler aus Frankfurt, Mitglied der Bürgerrechtsgruppe dieDatenschützer Rhein Main, mit seiner Ein-Mann-Fahrrad-Demonstration.
Das wurde heute in der Sendung Frontal gesendet:
https://www.zdf.de/politik/frontal-21/corona-und-der-datenschutz-100.html