Schlagwort-Archive: § 291a SGB V

Gesetz zur Ausstattung der elektronischen Gesundheitskarte mit kontaktloser Schnittstelle – Bundesgesundheitsministerium verweigert detaillierte Auskünfte

Ein Mitglied des Vorstands des Vereins Patientenrechte und Datenschutz e. V. stellte im Oktober 2018 beim Bundesministerium für Gesundheit (BMG) einen Antrag auf Auskunft nach dem Informationsfreiheitsgesetz (IFG) zum Referentenentwurf des BMG für ein Gesetz zur Ausstattung der elektronischen Gesundheitskarte mit kontaktloser Schnittstelle (15. SGB V-Änderungsgesetz).

Nach dem Wortlaut des Gesetzentwurfs soll § 291 Absatz 2a SGB V ergänzt werden um den Satz „Elektronische Gesundheitskarten, die ab dem 1. Dezember 2019 von den Krankenkassen ausgegeben werden, müssen mit einer kontaktlosen Schnittstelle ausgestattet sein; Versicherte haben ab dem 1. Dezember 2019 einen Anspruch gegenüber ihrer Krankenkasse auf die unverzügliche Ausgabe einer elektronischen Gesundheitskarte mit einer kontaktlosen Schnittstelle.“   Gesetz zur Ausstattung der elektronischen Gesundheitskarte mit kontaktloser Schnittstelle – Bundesgesundheitsministerium verweigert detaillierte Auskünfte weiterlesen

Welches Konzept für die elektronische Patientenakte nach § 291a SGB V haben Krankenkassen (GKV) und Kassenärztlichen Bundesvereinigungen (KBV und KZBV)?

Mitte Oktober 2018 berichteten verschiedene Medien, so z. B. das Handelsblatt vom 14.10.2018, dass der Spitzenverband der Krankenkassen (GKV) und die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen (KBV und KZBV) eine Vereinbarung unterzeichnet hätten, in der sie festlegen, was nach ihren Vorstellungen rechtliche und technische Grundlagen für die elektronische Patientenakte nach § 291a SGB V sein sollen. Welches Konzept für die elektronische Patientenakte nach § 291a SGB V haben Krankenkassen (GKV) und Kassenärztlichen Bundesvereinigungen (KBV und KZBV)? weiterlesen

Widerrechtliche Förderung elektronischer Arztbriefe durch die Kassenärztliche Vereinigung Bremen: Patientenrechte und Datenschutz e. V. fordert Bremer Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit zur Überprüfung auf

Die Ärzte Zeitung online vom 18.04.2017 meldete: „Nur etwa zehn Prozent aller Bremer Arztpraxen verschicken bisher elektronische Arztbriefe. Deshalb fördert die KV Bremen (KVHB) den Versand via KV-Connect nun mit einem Euro. Im Unterschied zu der bundesweiten EBM-Regelung ist diese Förderung nicht an den Heilberufeausweis (eHBA) bzw. die elektronische Signatur gekoppelt, so die KVHB.“ Die KVBH will offensichtlich die Digitalisierung und Vernetzung des Gesundheitswesens beschleunigen. Zu diesem Zweck bietet sie Arztpraxen, die Arztbrief elektronisch versenden, eine Prämie an: 1,00 € pro Arztbrief, der über KV-Connect – den  Kommunikationsdienst der Kassenärztlichen  Vereinigungen – versendet wird. Obwohl das Krankenkassenrecht (§ 291a Abs. 3 und 5 SGB V) zwingend den Einsatz eines elektronischen Heilberufsausweises zum Versand des elektronischen Arztbriefes erfordert, will die KV Bremen darauf verzichten.

Jan Kuhlmann, Vorsitzender des Vereins Patientenrechte und Datenschutz e. V. kritisiert diese rechtswidrige Praxis. Er hat sich an Dr. Imke Sommer, die Bremer Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit, gewandt und um eine Überprüfung dieses Verfahrens gebeten. Seine Begründung:
  1. Die Nutzung eines elektronischen Heilberufsausweises ist eine Grundbedingung für den Versand von elektronischen Arztbriefen, eine  weitere ist die Zustimmung des Patienten zu dieser Verwendung seiner Daten. Sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt, ist der Versand  elektronischer Arztbriefe unzulässig.
  2.  In der Gebührenordnung der KV Bremen wird der elektronische Versand von Arztbriefen mit finanziellen Anreizen gefördert. Die Vergütung für einen Arztbrief auf Papier beträgt derzeit 0,55 ct, die Portokosten betragen mindestens 0,70 €. Der Arztbrief kann also nicht kostendeckens versandt werden. Mit 1,00 € pro versendetem elektronischem Arztbrief wird ein ökonomischer Anreiz für diesen Übermittlungsweg geschaffen.

Nach dem Gesetz dürfen Patienten, die keine Anwendung der Gesundheitskarte wollen, nicht schlechter behandelt werden als andere. Die bessere Bezahlung von Leistungen mit Gesundheitskarte, bei gleichem Aufwand, ist eine solche verbotene Diskriminierung. 

Das Schreiben ist hier im Wortlaut nachlesbar.

Neue Studie der Bertelsmann-Stiftung zu Elektronischen Patientenakten – eine erste kritische Bewertung

Der Bertelsmann-Konzern verfügt mit Arvato Systems über ein Konglomerat von Firmen, die auch im Bereich der Gesundheits-IT weltweit tätig sind. Die Bertelsmann-Stiftung hat sich im Juli 2016 einen neuen Blog Der digitale Patient zugelegt. Als Ziel wurde damals formuliert: „…wollen wir dazu beitragen, dass digitale Technologien in den Dienst der Gesundheit gestellt werden. Übersetzt: Uns geht es nicht um das technologisch Machbare, sondern immer um den größtmöglichen Patientennutzen – oder anders: um einen Fortschritt der Medizin…“  Und vor wenigen Tagen hat die Bertelsmann-Stiftung eine Studie unter dem Titel Elektronische PatientenaktenEinrichtungsübergreifende Elektronische Patientenakten als Basis für integrierte patientenzentrierte Behandlungsmanagement-Plattformen veröffentlicht. Auf insgesamt 288 Seiten hat der Verfasser der Studie, Prof. Dr. Peter Haas, Professor für Medizinische Informatik an der Fachhochschule Dortmund, einen umfangreichen Überblick über Interessenlagen, Literatur, Meinungen und Studien zu diesem Thema gegeben. Auch die rechtliche und tatsächliche Entwicklung im Zusammenhang mit elektronischen Patientenakten in acht anderen Ländern (Österreich, Schweiz, Schweden, Estland, Dänemark, England, USA und Australien) wird referiert.

Was an der Studie sofort ins Auge fällt:

Der Gematik wird Überforderung unterstellt und die Fähigkeit zur zeitnahen Schaffung einer elektronischen Patientenakte abgesprochen.  Als „Kernaussage 78“ formuliert Prof. Haas: „Als Basis zum Aufbau einer nationalen durchgehenden eEPA-System- und Anwendungsinfrastruktur bedarf es eines einschlägigen Rechtsrahmens, der für alle Beteiligte Rechtssicherheit schafft. Hierzu könnte insgesamt ein neues ‚E-Health-Kapitel‘ im SGB V aufgeschlagen werden, in dem die bisherigen, in verschiedenen Gesetzen verstreuten Regelungen mit den neuen zusammengefasst werden.“ (S. 243) Im Ergebnis schlägt der Verfasser der Studie vor, dass ein Bundesinstitut für E-Patientenakten geschaffen und die Gematik an den Rand gedrängt wird. Neue Studie der Bertelsmann-Stiftung zu Elektronischen Patientenakten – eine erste kritische Bewertung weiterlesen

Unlauterer finanzieller Anreiz beim Elektronischen Arztbrief: Bremer Ärzte bekommen ein Euro je Brief – und das auch ohne elektronischen Heilberufsausweis

Die Ärzte Zeitung online vom 18.04.2017 meldet: „Nur etwa zehn Prozent aller Bremer Arztpraxen verschicken bisher elektronische Arztbriefe. Deshalb fördert die KV Bremen (KVHB) den Versand via KV-Connect nun mit einem Euro. Im Unterschied zu der bundesweiten EBM-Regelung ist diese Förderung nicht an den Heilberufeausweis (eHBA) bzw. die elektronische Signatur gekoppelt, so die KVHB. Damit könnten seit 1. April alle Ärzte und Psychotherapeuten in Bremen und Bremerhaven, die Briefe elektronisch über KV-Connect versenden, auch profitieren… Mit der Förderung reagiert die KV Bremen auf die seit Januar eingeführte Förderung des E-Arztbriefes im EBM, die es nur gibt, wenn der Brief auch elektronisch mit dem eHBA signiert wird. Weil der Heilberufeausweis noch nicht flächendeckend verteilt ist, will die KVHB einen neuen Anreiz setzen… Nach Auskunft der KVHB verschicken in Bremen etwa 120 bis 150 Praxen regelmäßig E-Arztbriefe. Zusammen mit den Psychotherapeuten gibt es in Bremen rund 1300 Praxen.“

Liegt hier ein Verstoß gegen § 291a SGB V vor?

In § 291a SGB V ist geregelt, welche Daten mit Hilfe der elektronischen Gesundheitskarte (eGk) erhoben, gespeichert und verarbeitet werden dürfen. Dazu zählt auch der elektronische Arztbrief (§ 291a Abs. 3 Nummer 2 SGB V).  In § 291a Abs. 5 wiederum ist eindeutig festgelegt: „Der Zugriff auf Daten sowohl nach Absatz 2 Satz 1 Nr. 1 als auch nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 bis 6 mittels der elektronischen Gesundheitskarte darf nur in Verbindung mit einem elektronischen Heilberufsausweis…  erfolgen, die jeweils über eine Möglichkeit zur sicheren Authentifizierung und über eine qualifizierte elektronische Signatur verfügen.“ Dies scheint bei dem von der Kassenärztlichen Vereinigung Bremen gewählten Verfahren nicht beachtet zu sein.

Werden hier zu Unrecht finanzielle Anreize gegenüber dem Arztbrief auf Papier geschaffen?

Diese Vermutung liegt ebenfalls nahe, wie ein Leserkommentar in der Ärzte Zeitung online vom 18.04.2017 deutlich macht. Ein Arzt aus Dortmund schreibt: „Die Kassenärztliche Vereinigung Bremen (KVHB) behauptet treuherzig, ‚eine neue regionale Gebührenordnungsposition (GOP) 99600 [sei] eingeführt worden … Mit 1,00 Euro [sei] die GOP höher dotiert als die Pauschale für einen Standardbrief im EBM‘. Die KVHB verschweigt damit zugleich, dass die ‚Kostenpauschale für die Versendung bzw. den Transport von Briefen und/oder schriftlichen Unterlagen bis 20 g (z. B. im Postdienst Standardbrief) oder für die Übermittlung eines Telefax‘ seit Jahren lt. Kassenärztlicher Bundesvereinigung (KBV) nur ‚Gesamt (Euro) 0,55‘ erbringt und u n t e r f i n a n z i e r t ist… Der Standard-Brief kostet nach mehreren Gebührenerhöhungen von 55 Cent auf 60 Cent und auf 62 Cent) jetzt allerdings 0,70 €. Und eine Erhöhung auf 80 Cent wird derzeit gerade diskutiert…“

Ein Fall für die Aufsichtsbehörden und Bundesgesundheitsminister Gröhe !?!