Anfang März 2022 wurde bekannt, dass die in den Arztpraxen genutzten Konnektoren zur Anbindung an die Telematik-Infrastruktur nach einer Nutzungsdauer von fünf Jahren ausgetauscht werden müssen. Das Lobby-Magazin E-HEALTH-COM, offizielles Verbandsorgan des Bundesverbandes Gesundheits-IT – bvitg e. V. Nimmt dazu unter der Überschrift „Operation Elektroschrott“ Stellung. Einige Auszüge:
„… Probleme mit der TI 2.0. Es handelt sich dabei um die nächste Generation der Telematikinfrastruktur für das deutsche Gesundheitswesen, die mit deutlich weniger Hardware und insbesondere komplett ohne die im Alltag als sperrig empfundenen Hardware-Konnektoren auskommen soll. Die TI 2.0 war noch während der Amtszeit von Jens Spahn angestoßen worden, versehen mit der Ankündigung, dass die zum damaligen Zeitpunkt sich im Rollout befindlichen Hardware-Konnektoren die letzten ihrer Art seien und es davon definitiv keine weitere Generation geben werde… habe die gematik Anfang März angekündigt, dass die TI 2.0 frühestens in zwei bis drei Jahren an den Start gehen könne und dass die Konnektoren, deren Schlüsselzertifikate ab Herbst 2022 sukzessive ablaufen werden, doch noch einmal gegen andere, neue (Hardware-)Konnektoren mit dann wieder aktuellen Zertifikaten ausgetauscht werden müssen… Eine Sprecherin der gematik teilte uns Folgendes mit: ‚Für erste Konnektoren verschiedener Hersteller läuft im Laufe dieses Jahres, für weitere nächstes Jahr die fünfjährige Nutzungszeit ab. Um die Kontinuität des Betriebs auch beim Übergang zur TI 2.0 abzusichern und aufwändige Zwischenlösungen zu vermeiden, hat sich in der Abstimmung aller Beteiligten ein Hardwaretausch als insgesamt sicherste Lösung herausgestellt…‘“
Und weiter: „Kosten in dreistelliger Millionenhöhe? Klar ist: Der Aufwand ist enorm. Je nach Ablaufdatum der Zertifikate und Fortschritten bei der TI 2.0 wird möglicherweise ein Großteil der Arztpraxen, Apotheken und Krankenhausambulanzen / -MVZ die Konnektoren austauschen müssen. Legt man die bisherigen Konnektor-Kosten zugrunde, entstehen bei komplettem Austausch der Konnektoren Kosten in dreistelliger Millionenhöhe…“
Quelle: Twitter-Account @mohr_gilbert, 17.03.2022
Dr. Thomas Kriedel, Mitglied des Vorstands der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), hat in einer Rede am 04.03.2022 Stellungnahmen von Ärzt*innen und Psychotherapeut*innen zitiert, die an die Telematik-Infrastruktur angeschlossen sind. Eine vernichtende Bilanz für die gematik: „Eine Gynäkologin aus Köln schreibt: ‚Die Praxisabläufe sind empfindlich gestört, die Versorgung teils eingeschränkt, das Verständnis seitens der Patienten ebenfalls.‘ Und eine Hausärztin aus Halberstadt schreibt, sie sei entrüstet über die Arbeitsweise der gematik, das schleppende, schleichende Fortschreiten der TI-Anbindung und die seit Jahren unzureichenden Lösungen der Umsetzung in die Praxis. Diese Aussagen sind stellvertretend für viele andere. Sie alle bewegen sich zwischen Enthusiasmus und Enttäuschung bis hin zu Entsetzen. Enthusiasmus für das Potenzial der Digitalisierung in der Versorgung ihrer Patientinnen und Patienten. Und Enttäuschung sowie Entsetzen über diese ‚überhastete und völlig fehlgeplante Zwangsdigitalisierung‘, die Unsummen verschlinge und die niedergelassene Ärzteschaft den großen Software-Unternehmen ausliefere…“
Kriedel zitiert in seiner Rede eine Stellungnahme der Technischen Universität (TU) Braunschweig zur Digitalisierungspolitik des früheren Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU): „Insgesamt dienten die Reformen vor allem dazu, neue Instrumente einzuführen oder Themen im Allgemeinen durchzusetzen, wie ‚die Digitalisierung‘, ohne dafür konkrete gesundheitspolitische Ziele oder zu lösende Probleme in den Blick zu nehmen.“
Die Schlussfolgerung von Kriedel: „Man könnte es auch so zusammenfassen: purer Aktionismus ohne Versorgungsziel und Richtung.“
Dem ist nichts hinzu zu fügen!