Geimpft oder nicht geimpft? Ein „Datum“ könnte zum Richter über unsere Freiheitsrechte werden

Unter dieser Überschrift haben Stefan Brink, Landesbeauftragter für Datenschutz und Informationsfreiheit Baden-Württemberg (LfDI), und Clarissa Henning, Referentin für Datenethik beim LfDI einen lesenswerten Aufsatz veröffentlicht. Einige Auszüge:

  • Teil der Impfzentren-Infrastruktur wird ein sogenanntes Impfregister sein, in dem festgehalten wird soll, wem wann wo welcher Impfstoff injiziert wurde. Dies ist nötig, um die dauerhafte Wirksamkeit des Impfstoffs nachverfolgen zu können, nötige Erkenntnisse für eine unbedingte Zulassung des Impfstoffes zu sammeln, Nebenwirkungen und Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln zu erkennen und mögliche Spätfolgen der Impfung identifizieren zu können. Hierbei haben die Bundes- und die Landesdatenschutzbehörden ein wachsames Auge darauf, dass die für das Impfregister nötigen personenbezogenen und besonders sensiblen Daten der Geimpften nur für eben diese Zwecke genutzt werden – und der Zugriff auf diese Daten dezidiert begrenzt wird auf einen engen Kreis von Gesundheitsbehörden und Forschungseinrichtungen. Nur diese. Warum ist das wichtig zu betonen?“
  • „… die Zusage der Regierung steht, dass es keine Impfpflicht geben wird. Aber schon planen die ersten Unternehmen, die Freiwilligkeit der Impfung zu unterlaufen. So machte die Ankündigung der Fluggesellschaft Qantas, dass nur Fluggäste befördert werden, die einen Corona-Impfschutz nachweisen können, Schlagzeilen. Und auch in der Eventbranche freundet man sich offenbar mit dem Gedanken an, nur diejenigen ein Konzert besuchen zu lassen, die eine Covid-19-Impfung nachweisen. Derartige Pläne torpedieren die Hoffnung, in die freiheitliche Ordnung zurückkehren zu können, in der wir vor einem Jahr noch lebten. Stattdessen gehen auf eine gespaltene Gesellschaft zu: hier die Geimpften, dort die nicht oder noch nicht Geimpften. Gesamtgesellschaftliche Güter und Freiheitsrechte dürfen nicht zu Privilegien werden… Wenn wir es dulden, dass einzelne Unternehmen anfangen, Menschen aufgrund ihrer Gesundheitsentscheidungen zu diskriminieren und auszuschließen, werden schnell weitere Unternehmen und viele Arbeitgeber nachziehen…“
  • Es ist leicht zu erkennen, dass von ‚Freiwilligkeit‘ der Impfung bald nicht mehr gesprochen werden kann – und auch nicht mehr von informationeller Selbstbestimmung. Ich bin nicht selbstbestimmt, wenn ich dazu gezwungen werde, sensible Daten von mir an jeder Einlasspforte zu offenbaren, um am gesellschaftlichen Leben teilnehmen zu können. Die Gesellschaft wird so in zwei Klassen geteilt: Geimpft oder Nicht-Geimpft… Dieser Zustand wäre schon gänzlich unannehmbar, wenn wir davon ausgingen, dass eine Impfung zu 100 Prozent sicherstellt, dass Geimpfte nicht nur immun gegen eine Corona-Ansteckung sind, sondern auch andere nicht mehr anstecken können. Dies ist zum jetzigen Zeitpunkt jedoch noch völlig unklar…“
  • Hier ist also der Gesetzgeber gefordert… Es muss gesetzlich garantiert werden, dass private Unternehmen und Arbeitgeber die Vorlage eines Impfpasses o. Ä. nicht dazu nutzen dürfen, den Zugang zu Dienstleistungen, Waren oder der Arbeitsstelle über die Abfrage des Impfstatus zu regulieren. So würden Freiheiten zu Privilegien, die es zu bezahlen gilt mit der Aufgabe informationeller Selbstbestimmung… Folglich sollte das Gesetz festlegen, dass der Impfstatus nur im Impfregister, begleitet von datenschutzrechtlichen Maßnahmen, dokumentiert werden darf. Der Zugang zu diesen Daten muss begrenzt und kontrolliert sein, sodass sie nur für medizinische Zwecke genutzt werden. Andernfalls wird die Abfrage eines einzelnen Datums einen Erdrutsch lostreten, der uns den Rückweg in die freiheitliche Gesellschaft verbaut. Geimpft oder nicht geimpft? Das darf nicht die Frage sein!“

 

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