Seit dem angekündigten Einführungstermin für die ePA läuft eine Werbekampagne für die zentrale Speicherung von Krankheitsdaten auf allen Kanälen. Der Bundesgesundheitsminister verspricht, dass wegen der ePA künftig mehrere 10 000 Leben im Jahr gerettet werden können. Außerdem habe „die Datensicherheit bei der ePA höchste Priorität“. Kurz vor Einführung haben Datensicherheitsexperten vom Chaos Computer Club genau das Gegenteil nachgewiesen. Wie steht es nun um die „ePA für alle“? Das Redaktionsteam vom Bündnis „Widerspruch gegen die elektronische Patientenakte“ welches seit langem über Risiken und Nebenwirkungen aufklärt, hat bei Fachleuten nachgefragt.
Sind die Krankheitsdaten aller Bürger in der ePA sicher?
„Nein, davon kann man nicht ausgehen“ sagt Jan Kuhlmann, Jurist und Datenschützer. Die Krankheitsdaten aller 72 Millionen gesetzlich Versicherten werden künftig nicht etwa „auf der Karte“ gespeichert, sondern liegen im Klartext zentral in der Cloud auf Servern der Firmen IBM und Bitmarck/Rise. In der Infrastruktur gibt es offene Sicherheitslücken, die teilweise lange bekannt sind, nicht geschlossen wurden und ziemlich wahrscheinlich auch bis zum Start des bundesweiten Rollouts nicht geschlossen sein werden. Eine dezentrale Datenhaltung, wie vom früheren Bundesdatenschutzbeauftragten Prof. Kelber empfohlen, wäre deutlich sicherer.
Kürzlich bekannt gewordene Datenlecks, wie der Diebstahl von Antragsdaten für Elektronische Heilberufsausweise (eHBA) und Praxis- bzw. Institutionsausweise (SMC-B) belegen die Unsicherheit zentral gespeicherter Daten.
Hilft die ePA im Notfall und bei der Vermeidung von Arzneimittel-Wechselwirkungen?
„Auch davon können wir nicht ausgehen,“ so Dr. Silke Lüder, Fachärztin für Allgemeinmedizin aus Hamburg. „Im Notfall wäre es deutlich besser, wenn die betreffenden Patienten im Portemonnaie einen kleinen EU Notfallausweis hätten. Dieser umfasst 9 Sprachen und ist damit auch im Ausland auslesbar. Den kann auch eine Notärztin in 1 Minute auslesen, ohne umständlich eine Onlineverbindung herstellen zu müssen. Die zentrale ePA wird eher ein unsortierter PDF-Haufen sein, den man zeitraubend durchsuchen muss. Seit der Einführung des Bundeseinheitlichen Medikationsplans haben die Patienten zudem jetzt schon einen aktualisierten Plan vom Hausarzt in der Hand. Zu glauben, dass durch die zentrale Speicherung künftig 50 000 Leben pro Jahr gerettet werden, ist absurd,“ so die Hausärztin.
Wird die Schweigepflicht künftig erhalten bleiben?
„Die Schweigepflicht für Ärzte und Psychotherapeuten wird durch die ePA praktisch zerstört“ kommentiert der Psychotherapeut Dieter Adler aus Bonn. „Alleine durch das Stecken der Versichertenkarte kann die Apotheke oder Online-Apotheke zum Beispiel 3 Tage lang auf die Berichte von der Psychotherapie oder die Arztbriefe des Urologen zugreifen“, so Adler. „Ein absolutes Unding. Die Menschen brauchen doch einen Vertrauensraum, in dem sie uns ihre sensibelsten Geheimnisse offenlegen. Den gibt es dann nicht mehr. Ein Logopäde muss nicht wissen, ob eine Patientin einen Schwangerschaftsabbruch hinter sich hat.“
Hier finden Sie Tipps und Hilfe zum Widerspruch!
Auf der Internetseite https://widerspruch-epa.de finden Sie viele Informationen zum Thema und Unterstützung, um der Anlage einer ePA zu widersprechen bzw. sie löschen zu lassen. Unsere Widerspruchsgeneratoren haben in letzter Zeit Zuwachs bekommen: Wir haben Widerspruchsgeneratoren für Kinder und betreute Personen ergänzt. Es gibt auch Teilwidersprüche, falls jemand die ePA grundsätzlich nutzen möchte, aber die Risiken zumindest etwas eindämmen will. Die Website wird inzwischen massiv genutzt, da sie bessere Aufklärung bietet als die einseitigen Werbeargumente von Krankenkassen und Regierung. Wir raten davon ab, die ePA in der jetzt vorgestellten Form zu nutzen. Widerspruch ist möglich!
Kontakt: kontakt@widerspruch-epa.de
Quelle: Pressemitteilung des Bündnisses „Widerspruch gegen die elektronische Patientenakte“ vom 29.01.2025.
Der Verein Patientenrechte und Datenschutz e. V. ist Teil dieses Bündnisses von Ärzt*innen, Datenschützer*innen, Psychotherapeut*innen und Versicherten.