Deutsche Aidshilfe informiert zum selbstbestimmten Umgang mit der elektronischen Patientenakte (ePA)

Sechs Monate vor dem Start der elektronischen Patientenakte (ePA) FÜR ALLE, bzw. für Alle, die der ePA nicht individuell widersprechen, warnt die Deutsche Aidshilfe (DAH) vor möglicher Diskriminierung bei Zustimmung zu der Anlage einer ePA durch die jeweilige Krankenkasse.

Die Deutsche Aidshilfe (DAH) will mit den von ihr bereitgestellten Informationen Patient*innen mit einer Handreichung beim Umgang mit der ePA unterstützen. Sie will damit einen selbstbestimmten Umgang mit sensiblen Gesundheitsdaten befördern und Menschen die Möglichkeit eröffnen, sich vor Diskriminierung im Gesundheitswesen zu schützen. Da die Informationen für alle gesetzlich Krankenversicherten relevant sind, stellt die DAH die Handreichung unter einer freien Lizenz allgemein zur Verfügung und bietet damit eine leicht nutzbare Alternative zu den Pflichtinformationen der Krankenkassen.

In einer Pressemitteilung vom 17.06.2024 erklärt die Deutsche Aidshilfe u. a.: „Anfang 2025 erhalten alle gesetzlich Versicherten eine elektronische Patient*innenakte (ePA) – es sei denn, sie widersprechen. Patient*innen stehen vor der Entscheidung, ob und wie sie die ePA nutzen möchten. Insbesondere für Menschen mit stigmatisierten Erkrankungen wie HIV ist diese Frage hoch relevant: Sie müssen im Gesundheitswesen mit Stigmatisierung und Benachteiligung rechnen…Dies betrifft auch viele andere Patient*innengruppen, etwa Menschen mit psychischen oder Abhängigkeitserkrankungen. Queere Menschen beispielsweise müssen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung oder geschlechtlichen Identität Diskriminierung fürchten. Wenn Patient*innen nicht selbst aktiv werden, sind ab nächstem Jahr viele ihrer Daten allen medizinischen Einrichtungen, die sie besuchen, zugänglich – vom Hausarzt über die Notfallambulanz bis zur Apotheke… Bestimmte Informationen aus der Akte herauszuhalten oder nur bestimmten medizinischen Einrichtungen zur Verfügung zu stellen, ist zwar prinzipiell möglich, jedoch kompliziert. Es gibt viele Fallstricke und Begrenzungen. So lassen die integrierte Medikamentenliste sowie die Abrechnungsdaten der Krankenkassen Rückschlüsse auf Diagnosen zu – oder zum Beispiel im Falle der HIV-Prophylaxe PrEP auf die Sexualität…“

In den von der Deutschen Aidshilfe bereitgestellten Informationen wird u. a. festgestellt:

  • Ab dem 15.01.2025 bekommen alle gesetzlich Versicherten eine elektronische Patient*innenakte (ePA), wenn sie nicht aktiv widersprochen haben…
  • Ihre Daten werden pseudonymisiert zu Forschungszwecken weitergegeben, wenn sie nicht aktiv widersprochen haben.
  • Prinzipiell gibt es die Möglichkeit, die Sichtbarkeit von Dokumenten und Inhalten der ePA zu steuern (z.B. durch Verbergen und Löschen von Dokumenten). Ärzt*innen kann der Zugriff zur ePA entzogen werden.
  • Möchte man einzelne medizinische Informationen und Diagnosen gegenüber manchen Ärzt*innen verbergen, sind mehrere Schritte erforderlich. Denn oftmals leiten sich medizinische Diagnosen oder Informationen aus Medikamenteneinnahmen oder den Abrechnungsdaten der Krankenkassen ab. Beide werden ebenfalls in der ePA eingestellt und sind im Standard für behandelnde Ärzt*innen sichtbar.“

Die Deutsche Aidshilfe informiert u. a. auch zu folgenden Themen:


Als „Zitat“ gekennzeichnete Texte sind Originaltexte der Deutschen Aidshilfe, lizensiert mit CC BY-SA 4.0.

Auch auf der Homepage von widerspruch-epa.de finden Sie eine Vielzahl von Informationen über die ePA und die Möglichkeiten, der Anlage einer ePA individuell zu widersprechen.

Ein Gedanke zu „Deutsche Aidshilfe informiert zum selbstbestimmten Umgang mit der elektronischen Patientenakte (ePA)“

  1. Manuel Hofmann, Referent für Digitales bei der Deutschen Aidshilfe hat in einem lesenswerten Interview bei heise.de u. a. erklärt:
    „In zahnärztlichen Praxen kommt Diskriminierung von Menschen mit HIV häufig vor. Möchte nun jemand nicht, dass die HIV-Infektion in der Zahnarztpraxis bekannt wird, muss dieser Mensch zunächst einzeln alle relevanten Dokumente verbergen. Danach müsste er auch noch die Medikationsliste sowie die Abrechnungsdaten der Krankenkassen ausblenden, denn auch aus diesen Bereichen der ePA gehen sensible Informationen hervor. Das ist für Patient:innen erst mal nicht offensichtlich. Es fehlt also an Komfortfunktionen für maximale, handhabbare Selbstbestimmung, etwa durch die Möglichkeit einer einfachen Anweisung wie „Ich möchte, dass meine Zahnärztin nichts von meiner HIV-Infektion erfährt.“ Davon würden im Übrigen viele weitere PatientInnen profitieren, denn Gesundheitsdaten sind immer sensibel, Erkrankungen können schambehaftet sein und die Liste der Diagnosen, mit denen mögliche Stigmatisierung einhergeht, ist lang.“
    Die Quelle:
    https://www.heise.de/hintergrund/Interview-zur-E-Patientenakte-Gesundheitsdaten-Wahl-O-Mat-gegen-Diskriminierung-9790682.html?wt_mc=sm.red.ho.mastodon.mastodon.md_beitraege.md_beitraege&utm_source=mastodon

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