Der Auskunftsanspruch in der Heilbehandlung…

…ist eines der Themen, die der Landesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit Rheinland-Pfalz (LfDI) in seinem Tätigkeitsbericht für 2019 anspricht. Im Abschnitt 9.1. (Seite 52 – 53) erklärt er darin u.a.:

Nach Wirksamwerden der Datenschutz-Grundverordnung im Mai 2018 wurde verstärkt die Frage aufgeworfen, ob sich der datenschutzrechtliche Auskunftsanspruch nach Art. 15 DS-GVO im Rahmen der Heilbehandlung auch auf die Bereitstellung einer vollständigen Kopie der Behandlungsdokumentation erstreckt. Die Angelegenheit hat für die Praxen hinsichtlich der dabei anfallenden Kosten eine praktische Relevanz: denn anders als nach § 630g Abs. 2 Satz BGB und den jeweiligen Berufsordnungen vorgesehen wäre eine auf Art. 15 Abs. 3 Satz 1 DS-GVO gestützte Kopie zumindest in der ersten Ausfertigung für die Betroffenen unentgeltlich…

Den Patienten steht danach ein einklagbarer Rechtsanspruch auf Einsicht in und Auskunft aus sämtlichen ihn betreffenden Krankenakten zu, ohne dass dies vor der Behandlung vereinbart werden muss. Der Rechtsanspruch gilt auch nach Abschluss der Behandlung. Der Patient kann zugleich die Anfertigung von Kopien verlangen. Lediglich hinsichtlich der Frage der Kostenerstattung unterscheiden sich die Vorgaben aus dem Berufs- und Vertragsrecht (Kopie mit Kostenerstattung) von denen aus dem Datenschutzrecht (erste Kopie unentgeltlich).Im Ergebnis umfasst nach Ansicht des LfDI Rheinland-Pfalz aufgrund der besonderen Umstände im Bereich der Heilbehandlung der datenschutzrechtliche Auskunftsanspruch nach Art. 15 Abs. 3 DS-GVO ausnahmsweise das Recht auf Bereitstellung einer vollständigen Kopie der Behandlungsdokumentation, wenn dies dem Auskunftsbegehren des Patienten entspricht.

Zwar ist grundsätzlich der Auskunftsanspruch nach Art. 15 DS-GVO nur auf die Erteilung einer allgemeinen Auskunft über das Ausmaß der Verarbeitung personenbezogener Daten beschränkt, so dass damit regelmäßig nicht die Ablichtung kompletter Dokumentationen oder Akten verlangt werden kann. Dies kann nur einzelfallbezogen und nach Prüfung des konkreten Anliegens bezogen auf einzelne Dokumente erforderlich sein. Im Bereich der Heilbehandlung durch Ärzte oder andere Gesundheitsberufe ist die Reichweite des datenschutzrechtlichen Auskunftsanspruchs dagegen weiter und erstreckt sich vorbehaltlich vorrangiger gesetzlicher Schranken… regelmäßig auf die Bereitstellung einer vollständigen Kopie der Behandlungsdokumentation, sofern der Patient dies verlangt.

Grund hierfür ist die Tatsache, dass es sich bei den in einer Patientenakte enthaltenen Daten fast ausschließlich um Gesundheitsinformationen und damit um personenbezogene Daten besonderer Kategorien im Sinne des Art. 9 Abs. 1 DS-GVO handelt. Diese sind nach Art. 15 Abs. 1 lit. b DS-GVO immer im Rahmen der Auskunftserteilung zu benennen. Nach Erwägungsgrund 63 zur DS-GVO umfasst das Recht der betroffenen Person auf Auskunft über ihre eigenen gesundheitsbezogenen Daten auch Informationen zu Daten in ihren Patientenakten, die Informationen wie beispielsweise Diagnosen, Untersuchungsergebnisse, Befunde der behandelnden Ärzte und Angaben zu Behandlungen oder Eingriffen enthalten. Nach Auffassung des Verordungsgebers sollte mit dem Auskunftsanspruch zumindest die Möglichkeit eines direkten Zugangs zu den Daten geschaffen werden.

Einschränkungen des Zugangsrechts ergeben sich nach der gegenwärtigen Rechtslage lediglich dann, wenn entweder erhebliche Persönlichkeitsrechte Dritter dagegen stehen oder aus therapeutischen Gründen eine Einsichtnahme für den Betroffenen zu einer erheblichen Gesundheitsgefahr führen würde… Grundsätzlich darf der Patient aber nicht vor der Kenntnis seiner gesundheitlichen Verfassung geschützt werden.“


Der LfDI Rheinland-Pfalz vertritt in dieser Frage erkennbar die gleiche Rechtsansicht wie das Langericht Dresden, das mit Urteil vom 29.05.2020 (Aktenzeichen: 6 O 76/20) den Auskunftsanspruch einer Patientin gegenüber einem Krankenhaus bestätigt hat.

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