Am 20.04.2020 legte das Bundesministerium für Gesundheit einen Entwurf für das Zweite Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite vor, am 25.04.2020 wurde dieser nach Abstimmung mit den anderen Ministerien durch eine geänderte Fassung ersetzt.
Mit Stellungnahme vom 30.04.2020 übt der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, Ulrich Kelber, daran heftige Kritik.
Unter „1. Allgemeines“ erklärt er: „Grundsätzlich ist festzustellen, dass bezüglich der aktuellen SARS-CoV-2-Pandemie fehlende belastbare wissenschaftliche Erkenntnisse zu Infektionsweg und –gefahr, Erkrankungswahrscheinlichkeit und Wiederansteckungsgefahr, zielführender medikamentöser Behandlung sowie (möglicherweise unter Umständen) mangelnde Behandlungskapazitäten nicht nur in der Bevölkerung, sondern auch in der Regierung große Unsicherheit auslösen. Dieser Unsicherheit soll nun offenbar mit umfassender Erhebung personenbezogener Gesundheitsdaten begegnet werden. Das hierbei nötige Augenmaß lässt der Gesetzentwurf leider vermissen.“ (Stellungnahme S. 1)
Konkretisiert wir dies mit der Feststellung: „Im Gesetzentwurf werden die Meldepflichten im Infektionsschutzgesetz erheblich ausgeweitet. Abgesehen von der (berechtigten) Aufnahme von der COVID-19-Erkrankung bzw. des SARS-CoV-2-Virus in die Listen der meldepflichtigen Erkrankungen bzw. Krankheitserreger, wird nun für neue bedrohliche Krankheiten die Meldepflicht bereits auf den Verdacht ausgeweitet. Unter welchen Voraussetzungen ein solcher Verdacht gegeben ist, wird jedoch nicht festgelegt. Diese Unklarheit ist problematisch, da dieser Verdacht bereits eine namentliche Meldepflicht auslöst und Grundlage für behördliche Maßnahmen sein kann. Ferner wird hinsichtlich SARS-CoV-2 (und SARS-CoV) eine Meldepflicht auch bei negativer Testung eingeführt. Konkrete Ausführungen dazu, welche Vorteile sich hieraus gegenüber einer rein statistischen Erfassung ergeben, fehlen. Die verfassungsrechtlich erforderliche Abwägung mit dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung bleibt die Gesetzesbegründung ebenfalls schuldig. Die Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit dieser Regelung bezweifle ich, zumal von den nicht-infizierten Betroffenen keinerlei Gefahr ausgehen dürfte.“ (Stellungnahme S. 2)
Festgestellt wird: „Zudem soll durch eine ergänzende Regelung der Impfpass um den Immunstatus erweitert werden. Damit ändert sich dessen Charakter: Bisher waren die Eintragungen auf die Dokumentation einer vorgenommenen Impfung beschränkt. Nun sollen medizinische Bewertungen bzw. Befunde, nämlich der Serostatus bzw. die Immunität gegen eine Krankheit, dort aufgenommen werden können. Aufgrund der aktuellen Lage der Verunsicherung muss ich befürchten, dass eine solche Dokumentation zu einer missbräuchlichen Verwendung verleiten könnte. Ich weise daher mit Nachdruck darauf hin, dass es sich bei diesen Informationen um Gesundheitsdaten handelt, deren Verarbeitung nach Artikel 9 Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) grundsätzlich untersagt und nur unter den in Artikel 9 Absatz 2 DSGVO genannten Voraussetzungen ausnahmsweise zulässig ist. Grundsätzlich darf daher niemand diese Informationen erfragen.“ (Stellungnahme S. 2)
Diese allgemeinen Bewertungen werden auf S. 3 – 6 der Stellungnahme mit der Kritik an einzelnen Formulierungen bzw. Regelungen im Gesetzentwurf ergänzt.