Seit Wochen ist bekannt, dass es bei der Installation der Telematik-Infrastruktur (TI) in den Arztpraxen teilweise zu schweren Sicherheitsmängeln kommt. Die Freie Ärzteschaft (FÄ) kritisiert scharf die Untätigkeit von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV). „Weder Herr Spahn noch die KBV lassen erkennen, dass eine Aufklärung und Lösung der Sicherheitsprobleme stattfindet“, sagte der FÄ-Vorsitzende Wieland Dietrich am Dienstag in Essen. „Falls der Minister und die KBV nicht endlich Verantwortung zeigen und aufgrund der Risikolage die TI aussetzen sowie die Sanktionen gegen Ärzte streichen, wird es zahlreiche Klagen geben.“
Bei der Installation der TI in Arztpraxen sind Berichten zufolge immer wieder Firewalls und Virenschutzprogramme abgeschaltet worden und häufig fehlten Verschlüsselungen in den Praxissystemen. Bereits vor drei Wochen hat die FÄ acht Fragen zur Behebung der Datenschutzverletzungen und der Verantwortung dafür an die KBV geschickt – Antworten hat die KBV bisher nicht geliefert. Und Gesundheitsminister Spahn fällt nichts Besseres ein als im „Digitale Versorgung Gesetz“ den Druck auf die Ärzte zu erhöhen, statt aufzuklären und Abhilfe zu schaffen: Ärzte, die sich nicht an die TI anschließen, sollen ab 2020 2,5 Prozent statt bisher bereits 1 Prozent Honorarkürzung erfahren.
Rückendeckung und Lob für die Ärzte, die sich nicht an die TI anschließen, gibt es dagegen vom Bundesdatenschutzbeauftragten Ulrich Kelber: Viele Arztpraxen seien ihrer gesetzlichen Verpflichtung nachgekommen und hätten eine Datenschutzfolgeabschätzung (DSFA) vorgenommen – und dabei auch die TI in ihre Überlegungen miteinbezogen. „Die gesetzlich vorgeschriebene DSFA der Arztpraxis ergab dann, dass ein Anschluss an die TI nicht vertretbar sei“, heißt es in einem Bericht Kelbers.
„Das bedeutet“, so FÄ-Chef Dietrich, „dass Ärzte, die sich nicht an die TI angeschlossen haben, bei negativer DSFA aus Sicht des Datenschutzes alles richtig gemacht haben. Im Umkehrschluss: Nach den Normen des Datenschutzes, insbesondere der Datenschutzgrundverordnung, wäre es in diesen Fällen sogar gesetzeswidrig, sich anzuschließen.“ Spahn und die KBV ließen die Praxen und Patienten mit den Datenschutzrisiken völlig allein, moniert Dietrich. Die Kassenärzte seien bei Datenschutzverletzungen zudem erheblichen Haftungsrisiken ausgesetzt.
Quelle: Pressemitteilung der Freie Ärzteschaft e.V. vom 21.05.2019