Lobbyismus wirkt: CDU/CSU-Bundestagsfraktion schreibt ab bei bitkom und Co – Angriff auf Datenschutz und informationelle Selbstbestimmung im Gesundheitswesen

Anfang Juni 2018 haben acht Lobbyorganisationen aus mehreren Industriebereichen in einem Positionspapier den Versuch unternommen, auf den im Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD vereinbarten eHealth-Aktionsplan Einfluss zu nehmen.

Dabei tragen sie unter den Stichworten “Datensouveränität” und “Patientenautonomie”, die auch von Bundeskanzlerin Merkel und dem Deutschen Ethikrat als Alternative zu den bisherigen gesetzlichen Regelungen im Bezug auf  Datenschutz und informationelle Selbstbestimmung verwendet werden, einen massiven Angriff auf Datenschutz und informationelle Selbstbestimmung vor.

Am 26.06.2018 hat auch die Arbeitsgruppe Gesundheit der CDU/CSU-Bundestagsfraktion ein Positionspapier zu diesem Themenfeld veröffentlicht. Und siehe da, auch darin wird – mit ähnlichen Formulierungen und gleichen Forderungen – die Nutzung von Gesundheits- und Behandlungsdaten für Unternehmen und Forschungseinrichtungen gefordert.

bitkom und Co fordern: “Die Erhebung, der Austausch und die sektorübergreifende Verarbeitung von Daten bedarf eines bundeseinheitlichen Rechtsrahmens, der sowohl einen hohen Standard an Datenschutz als auch die Nutzbarkeit von Forschungs- und Versorgungsdaten gewährleistet. Ohne einen technologieneutralen und innovationsoffenen Rechtsrahmen können die Wertschöpfungspotenziale nicht optimal genutzt werden. Die derzeit in Deutschland geltenden gesetzlichen Vorschriften erschweren einen Datenaustausch zwischen Patient, Klinik und Forschung… Das derzeitige Datenschutzmodell in Deutschland, das auf Datensparsamkeit beruht und die Nutzung der Daten ausschließlich auf den Grund der Datenerhebung beschränkt, passt weder zu einer datenbasierten Wirtschaft noch zu einer digitalisierten Gesundheitsversorgung…” (Positionspapier S. 3)

Die Arbeitsgruppe Gesundheit der CDU/CSU-Bundestagsfraktion fordert: Gesundheitsdaten bergen erhebliche Potenziale, müssen dafür aber über Sektoren- und Akteursgrenzen hinweg in Forschung und Patientenversorgung genutzt werden können sollen innovative Verbesserungen für  tausende Patienten nicht durch veraltete oder unsachgemäße Datenschutznormen ausgebremst, verhindert oder gar bestraft werden… denn in der Medizin entsteht Fortschritt gerade dann, wenn ein Wissens- und Erfahrungsaustausch zwischen Forschung und Versorgungsalltag stattfinden kann. Die EU-Datenschutzgrundverordnung muss auf nationaler Ebene so wirken, dass sie die bestehenden Vorschriften nicht auf unzumutbare Weise verschärft…” (Positionspapier S. 2)

bitkom und Co fordern: ” Regulatorische Grundsätze wie Zweckbindung, Datensparsamkeit oder Personenbezug müssen im Zuge der Vernetzung, Versorgungsforschung und Präzisionsmedizin neu gedacht werden. Neue und innovative Einwilligungsmodelle für Patienten müssen entwickelt und ermöglicht werden…  Der Patient rückt in den Mittelpunkt des Gesundheitssystems und wird ein informierter Teilnehmer im Versorgungsprozess. Er verwaltet die Zugriffsberechtigung und ist zu jederzeit Herr seiner Daten… Für mehr Vertrauen in die Digitalisierung im Gesundheitssystem müssen zudem die Chancen stärker diskutiert und neue Versorgungsansätze in Aktionsräumen konkret erprobt und der Nutzen praktisch erlebt werden. Hier bedarf es – neben dem politischen Gestaltungsprozess – auch einer bundesweiten Aufklärungskampagne, die den gesamtgesellschaftlichen Diskurs über die Vorteile der sektorübergreifenden Vernetzung und dabei auch Fragen zur Ethik umfasst.” (Positionspapier S. 6)

Die Arbeitsgruppe Gesundheit der CDU/CSU-Bundestagsfraktion fordert: Die Entscheidung über die Verarbeitung von Gesundheitsdaten muss Patienten in ihrem eigenen Interesse unbürokratischer ermöglicht werden… Der Patient ist und bleibt – wie auch im Koalitionsvertrag verankert – Eigentümer seiner Daten. Auch unter ethischen Gesichtspunkten werden aus der Digitalisierung neue Fragen erwachsen, beispielsweise im Hinblick auf das ‘Recht auf Nichtwissen’ oder die Einwilligung zur Datenverarbeitung über den Tod hinaus. Wie bei der Organspende wird bald auch über die ‘Datenspende’ zu diskutieren sein…” (Positionspapier S. 2/3)

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