In mehreren Beschlüssen hat die außerordentliche Vertreterversammlung der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein am 30.03.2019 massive Kritik am Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) und den dadurch bedingten Veränderungen in der Telematikinfrastruktur geübt.
In einer Resolution der Vertreterversammlung zum Anschluss an die Telematik-Infrastruktur stellen „die gewählten Vertreterinnen und Vertreter der Vertragsärzte- und Psychotherapeutenschaft in Nordrhein
- in Besorgnis über die aktuellen Entwicklungen und die angedrohten Sanktionen sowie weiterer angedrohten Maßnahmen bei Verweigerung des TI-Anschlusses,
- in Empörung über die katastrophale und Vertrauen beschädigende Kommunikation der Verantwortlichen zu essentiellen Sicherheitsfragen der Telematikinfrastruktur und der dezentralen Komponenten und zu daraus resultierenden Besorgnissen,
- in Solidarität mit allen Kolleginnen und Kollegen“
fest:
„1. Wir sind solidarisch mit allen verunsicherten und sich unter Druck fühlenden Kolleginnen und Kollegen, die sich unter dem massiven Drohpotential an die TI anschließen oder sich bewusst dagegen entscheiden.
- Wir sehen die Information der politisch Verantwortlichen hinsichtlich der Sicherheitsfragen und der Sicherheitsstruktur mit den Konsequenzen für Praxen und die daraus resultierenden Haftungsrisiken als Vertrauen zerstörend an.
- …
- Wir stellen uns uneingeschränkt hinter das Arzt- und Psychotherapeuten-Patientenverhältnis und fordern eine sofortige Anpassung der Sicherheitskultur in Deutschland an internationale Standards. Dieses soll gelten für alle Digitalisierungsmaßnahmen und für die Telematikinfrastruktur.
- Die Wahrung des Patientengeheimnisses als Teil der Grund- und Menschrechte ist unantastbar.
- …
- Wir stellen uns hinter alle durch ihre Entscheidungen betroffenen Kolleginnen und Kollegen…“
In einem weiteren Beschluss unter dem Titel „Unbedingter Schutz des Arzt-Patientenverhältnisses“ wird festgestellt: „Der Schutz des Arzt-Patientenverhältnisses ist ein auf unbedingter Vertraulichkeit basierender fundamentaler Bestandteil ärztlichen Handelns. Jede Zwangsmaßnahme, die direkt oder indirekt dazu führen könnte, dass diese Vertraulichkeit gefährdet wird oder Informationen an Dritte gelangen könnten, wird von der Ärzteschaft kategorisch abgelehnt. Insbesondere sind Maßnahmen kritisch zu hinterfragen, die die Patientendaten in elektronischer Form der unbeabsichtigten Weitergabe aussetzen. Eine Verpflichtung der Ärzteschaft oder der Krankenhäuser, sensible Patientendaten einem therapeutisch nicht notwendigen Ausspährisiko auszusetzen, wird von der Ärzteschaft ebenso abgelehnt. Eine elektronische Sammlung von Patientendaten kann nur unter höchstem Datenschutz und ausschließlich auf freiwilliger Basis erfolgen. Das Selbstbestimmungsrecht der Patienten und der Schutz ihrer Patientendaten darf nicht durch gesetzliche Vorgaben im Rahmen der Digitalisierung ausgehöhlt werden.“
Und zum Thema „E-Health: Datenmissbrauchsrisiken„ erklärt die Vertreterversammlung:“Die VV der KV Nordrhein lehnt nach wie vor in zentralisierten Cloud-Systemen gespeicherte Gesundheitsakten ab. Ebenfalls in den im TSVG verpflichtend vorgeschriebenen Patientenakten der Krankenkassen sieht die VV erhebliche Datenmissbrauchsrisiken für die Patienten, da Smartphone-Apps keinen Schutz bieten und die Forderungen von Unberechtigten zur Dateneinsicht kaum verhindert werden können. Eine Verpflichtung der Vertragsärzte zur Bedienung dieser Patientenakten wird abgelehnt. Die Patienten müssen über die genannten Risiken aufgeklärt werden.“
Diese und andere Beschlüsse der Vertreterversammlung sind hier im Wortlaut nachlesbar.