Der Marburger Bund (Verband der angestellten und beamteten Ärztinnen und Ärzte Deutschlands e.V.) hat am 23.07.2018 eine Stellungnahme zu elektronischen Patientenakten veröffentlicht.
„Der Marburger Bund unterstützt die im Koalitionsvertrag angekündigte Einführung der einrichtungs- und sektorenübergreifenden elektronischen Patientenakte (ePA) für alle Versicherten bis zum Ende dieser Legislaturperiode“ – mit diesem Satz beginnt die Stellungnahme. Wer als Kritiker*in der telematischen Infrastruktur im Gesundheitswesen auf das Weiterlesen verzichtet, weil sie/er eine weitere Lobhudelei der gematik und ihres Systems erwartet, macht einen Fehler.
Zwei Beispiele aus der Stellungnahme:
- Einen wesentlicher Mangel in den derzeit von mehreren Krankenkassen auf der Grundlage des § 68 SGB V entwickelten „persönlichen elektronischen Gesundheitsakten“ sieht der Marburger Bund darin, dass nicht sichergestellt ist, „dass Krankheitsdaten allein dem Inhaber der Akte und auf Wunsch des Patienten weiterenbehandelnden Ärzten zugänglich sind, nicht aber an Krankenkassen, andere Versicherungen, Arbeitgeber, staatliche Behörden oder gar kommerzielle Anbieter weitergereicht werden können…“ Der Marburger Bund fordert daher: „Krankenkassen und anderen Anbietern von elektronischen Patientenakten muss ausdrücklich verboten werden, Einblick in die medizinischen Daten der elektronischen Gesundheitsakte zu nehmen oder dergleichen mit Patienten zu vereinbaren. Andernfalls besteht die Gefahr, dass Patienten angehalten werden, ihre sensibelsten Daten für die Gewährung kleinster Vorteile mit Dritten zu ‚teilen‘ und sie so unwiderruflich preiszugeben.“
- Auch zur Aufgabe des „bisher im § 291a SGB V verankerten ‚Zwei-Schlüssel-Prinzips‘ (Patient plus Arzt) beim Zugriff auf Daten der elektronischen Patientenakte“ weist der Marburger Bund auf ein damit verbundenes Problem hin: „… muss durch entsprechende Vorschriften sichergestellt werden, dass der Patient auch zukünftig vor einer von ihm nicht gewollten Weitergabe seiner Daten (z.B. an einen Arbeitgeber) wirksam geschützt ist„. Der Marburger Bund fordert „dass ein solches Verlangen seitens Dritter unter Strafe steht.“
Danke für diesen Kommentar! Es freut mich sehr, dass offenbar noch mehr Menschen die Bedeutung des derzeit von Politikern propagierten „Eigentumsrechts an den eigenen Daten“ durchschauen! Im Gegensatz zum grundrechtlichen Schutz der Patientendaten (Recht auf Privatsphäre, Recht auf informationelle Selbstbestimmung) ist ein bloßes „Eigentumsrecht“ nämlich ein wesentlich schwächerer Schutz.
An den zwei Beispielen, die aus der Stellungnahme des MB hier genannt werden, wird deutlich, wie fatal die Abkehr von den bisherigen Maximen des Datenschutzes (Verarbeitungsverbot ohne Einwilligung oder gesetzl. Grundlage, Datensparsamkeit etc.) wäre. Das von Merkel, Spahn und anderen propagierte „Dateneigentum“ lässt genau das zu, was der MB verhindern möchte: Das Verhökern von Gesundheitsdaten für „kleines Geld“ (auch wenn die Beträge im Einzelfall ggf. höher sein könnten).