In einer vierseitigen Veröffentlichung, die Mitte März 2021 der taz beigelegt war, informiert das Bündnis Klinikrettung umfangreich und mir vielem Beispielen über die Problematik. Im ersten Beitrag dieser Veröffentlichung stellt der Frankfurter Chirurg Dr. Bernd Hontschik, bekannt durch seine Kolumnen in der Frankfurter Rundschau über Entwicklungen und Probleme im Gesundheitswesen, fest:
- „Deutschland hat ein duales Krankenhausfinanzierungssystem, die finanziellen Mittel stammen aus zwei Quellen. Für den Bau, den Unterhalt und für Investitionen sind die Bundesländer zuständig. Die laufenden Kosten für Personal oder Material tragen die Krankenkassen. Beide Säulen der Krankenhausfinanzierung werden seit Jahren auf groteske Weise vernachlässigt und untergraben, so dass ein Zerstörungsprozess in der Krankenhauslandschaft die zwangsläufige Folge ist…
- Krankenhausschließungen sind nichts anderes als Vernichtung von Gemeineigentum. Das geschieht völlig planlos, nicht nach Bedarf, sondern nach Bilanz. Krankenhausprivatisierungen sind Verschleuderung, und Dividenden sind Diebstahl von Gemeineigentum.
- Was wäre zu tun? Gewinne müssen im System bleiben und reinvestiert werden. Krankenhäuser müssen nach ihrem Auftrag finanziert werden. Sie müssen Teil der staatlichen Daseinsvorsorge sein, ihre Rechtsform muss eine gemeinnützige sein. Die konkrete Medizin am Krankenbett muss vom ökonomischen Diktat befreit werden…“
Eine Übersicht zeigt, welche Krankenhäuser 2020 in Deutschland geschlossen wurden und welche aktuell von Schließungen bedroht sind:
Quelle: Bündnis Klinikrettung
Das Bündnis Klinikrettung wurde Anfang 2020 gegründet, um dem flächendeckenden Abbau von Krankenhäusern Einhalt zu gebieten. In einer Erklärung zu dieser Problematik wird festgestellt: „In Deutschland schließen seit Jahren fast monatlich Krankenhäuser. Kommunale und freigemeinnützige Kliniken machen dicht, weil ihnen das Geld ausgeht, private Kliniken werden geschlossen, weil sie aus Sicht der Eigentümer nicht genügend Rendite erbringen. Hauptursachen sind: die Einführung von Fallpauschalen (DRG) Anfang der 2000er Jahre, der Zwang, nach dem Gewinnprinzip zu wirtschaften und die zunehmende Privatisierung der Krankenhäuser. Arbeitsdruck, Outsourcing und Einsparungen zulasten der Beschäftigten und damit die Personalknappheit sind enorm gewachsen. Zugleich sanken die Investitionsförderungen als Aufgabe der Länder seit den 1990er Jahren (ca. 7,5% der Krankenhaus-Ausgaben) auf ein Niveau weit unter Bedarf (seit 2015 2,8-3%). Aktuell fehlen den Krankenhäusern mindestens 3 Milliarden Euro jährlich. Die entstandenen Verluste führen zu Schließungen unabhängig von der Versorgungsnotwendigkeit.Der Bund fördert die Schließungen der Kliniken sogar mit 500 Millionen Euro jährlich! NRW fördert mittels regionaler Planungskonzepte die Konzentration von Krankenhäusern bis hin zur Schließung. Diese Entwicklung muss umgehend gestoppt werden. Krankenhäuser sind Bestandteil der Daseinsvorsorge. Sie dürfen nicht profitorientiert arbeiten und müssen jeder Bundesbürgerin und jedem Bundesbürger wohnortnah zur Verfügung stehen…“
Das Bündnis Klinikrettung hat eine Petition „Bundesweite Krankenhausschließungen jetzt stoppen!“ veröffentlicht, die sich an Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) richtet, und in der gefordert wird:
- „Kein Krankenhaus darf mehr schließen. Insolvente und akut von Insolvenz bedrohte Kliniken werden vom Staat aufgefangen, ihr Weiterbetrieb wird öffentlich abgesichert, notwendige Investitionen werden bezahlt.
- Die Schließungsförderung über den Krankenhausstrukturfonds wird sofort gestoppt.
- Das Krankenhauspersonal wird erheblich aufgestockt und seine Bezahlung und Arbeitsbedingungen werden verbessert, um Überlastung zu verhindern und Abwanderung zu reduzieren.
- Klinisch notwendige Behandlungen entziehen sich jeder Planung. Die gesetzlich vorgeschriebene leistungsbezogene Planung, Verhandlung und Abrechnung von Fallpauschalen (DRG-System) wird durch ein kostendeckendes Abrechnungssystem ersetzt.
- Die Krankenhäuser werden in den Zentren und auf dem Land mit ausreichenden Intensivstationen, Isolierstationen, Beatmungseinheiten und Schutzkleidung ausgestattet – so dass sie vorbereitet sind für neue Belastungsspitzen.
- Die Betten- und Personalausstattung der Krankenhäuser wird unter Einbezug von Jahresspitzen, Katastrophen und Pandemien geplant, anstelle der bisherigen Auslegung nach jahresdurchschnittlicher Auslastung.
- In den derzeit unterversorgten Regionen Deutschlands wird die Zahl der Betten, Notaufnahmen, Geburtsstationen etc. durch Förderung der öffentlichen Kliniken auf das notwendige Maß angehoben.“