Diese Frage stellt sich beim Lesen eines Beitrags von Kordula Schulz-Asche, Bundestagsabgeordnete der Grünen aus dem Wahlkreis 181 (Maintaunus und Hochtaunus), Sprecherin ihrer Fraktion für die Themen Prävention und Gesundheitswirtschaft.
Unter der Überschrift „E-Health und Große Koalition – aus Sicht von Patienten und Apotheken ein schlechter Witz“ macht sich Frau Schulz-Asche in einem Beitrag vom 02.08.2017 unverhohlen zur Lobbyistin der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände e. V., die schon seit Jahren für die Apotheken einen ungehinderten Zugriff auf die Patientendaten im System der Gematik fordern.
MdB Schulz-Asche unterstützt diese Forderungen, wenn sie schreibt: „Apotheken haben in unserem Gesundheitswesen Schlüsselaufgaben: Durch den leichten Zugang bietet die Apotheke den idealen Anlaufpunkt für die erste, niederschwellige Beratung von Patienten vor Ort. Ihre pharmazeutische Kompetenz war darüber hinaus schon immer das Kennzeichen des Berufstands und wird bei immer komplexer werdenden Therapien… in Zukunft weiter an Bedeutung gewinnen. Doch wie werden diese Potentiale der Apotheken durch die Große Koalition im Zuge der Digitalisierung in Wert gesetzt? Gar nicht! So wurde das E-Rezept ausdrücklich verboten. Und mit dem so genannten Medikationsplan schoss die Große Koalition dann noch den Vogel ab: Ein Arzt trägt in seiner Software ein, was er dem Patienten verschreibt. Dieser erhält dann den Plan ausgedruckt (sic!), damit der Apotheker handschriftlich (sic!) weitere Medikamente (also auch OTC!) dazuschreiben kann…“
In der Konsequenz fordert Frau Schulz-Asche daher: „Einbeziehen und Zusammenarbeit aller Gesundheitsberufe (z.B. Apotheker in den Medikationsplan)“. Dass ApothekerInnen und deren MitarbeiterInnen nach den Bestimmungen des § 291a Abs. 4 SGB V bereits über einen gesetzlich geregelten Zugriff auf die im System der Gematik gespeicherten Daten verfügen, verschweigt sie.
Der Forderung von Frau Schulz-Asche nachzukommen würde bedeuten, dass über die bisher geregelten Sachverhalte und Zugriffsrechte hinaus mehr als 20.000 ApothekerInnen sowie deren MitarbeiterInnen über die elektronische Gesundheitskarte einen umfassenden Zugriff auf Patientendaten hätten. In der Folge würde dies weitere Begehrlichkeiten wecken, so z. B. bei den Verbänden der Physiotherapeuten und der ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen, die im Zuge der Beratungen zum E-Health-Gesetz solche Forderungen auch bereits erhoben haben.
Völlig krude wird die Argumentation von Frau Schulz-Asche im Bezug auf die Sicherstellung der Souveränität der Patienten über ihre Daten. So meint sie, bei der Beschreibung des bundesdeutschen Gesundheitswesens (nicht der „Gesundheitswirtschaft“) u. a. als Mangel feststellen zu müssen: „… patientenbezogene Informationen fließen zwischen den einzelnen Institutionen mehr als spärlich…“ Diese Feststellung lässt nicht erkennen, welche Rechte die Betroffenen (Patienten) bei diesem Datentransfer haben sollen. Getoppt wird dies von der Forderung „Mitbestimmung und Souveränität der Patienten über ihre Daten“.
Ist Frau Schulz-Asche der Unterschied zwischen „Mitbestimmung“ und „Souveränität“ nicht bekannt?
- Souveränität der Patienten bedeutet: Jede einzelne PatientIn bestimmt nach jeweiligem Gusto alleine darüber, welche Ärzte, Krankenhäuser, Apotheken und sonstige Beschäftigte im Gesundheitswesen welche Daten erhalten.
- Mitbestimmung dagegen bedeutet bereits im engen Wortsinn, dass Andere (wer?) die Bestimmer (!) „über ihre Daten“ sind und die Betroffenen lediglich korrigierend mit-bestimmen dürfen, ihre Souveränität also bereits verloren haben.