Das will die Bundesregierung: Eine faktische Zwangs-Patientenakte (ePA) und die Freigabe der Gesundheits- und Behandlungsdaten „für die Forschung“ und die Krankenkassen ohne vorherige Einwilligung der Betroffenen

Es wird ernst! Am 09.11.2023 hat die Bundesregierung ihre Gesetzentwürfe für

in den Bundestag eingebracht. Vieles deutet darauf hin, dass die 74 Mio. gesetzlich versicherten Menschen in Deutschland, was den Schutz ihrer Gesundheits- und Behandlungsdaten, aber auch ihrer genetischen Daten angeht, in Kürze in einer neuen Realität ankommen werden. Verlauf und Ergebnisse der 1. Lesung der Bundestagsabgeordneten zu den beiden Gesetzentwürfen lassen dies erkennen. Deutlich wird, dass – über die Abgeordneten der Ampelkoalition hinaus – eine breite Mehrheit des Bundestags den Plänen für eine opt-out-Patientenakte im Grundsatz zustimmen will.

Dies vor dem Hintergrund, dass die elektronische Patientenakte (ePA) bislang der „Ladenhüter“ der Krankenkassen ist.. Nur 1,16 % aller gesetzlich krankenversicherten Menschen in Deutschland haben innerhalb der Jahre 2021-2023 die Einrichtung einer elektronischen Patientenakte (ePA) beantragt, obwohl diese Möglichkeit seit 01.01.2021 besteht.

Quelle: gematik / TI-Dashboard Verlauf ePA 

Diese Nutzerzahlen sollen mit Hilfe des GDNG durch faktischen Zwang und unter Nutzung der Unkenntnis eines großen Teils der Versicherten innerhalb kurzer Zeit nach Verabschiedung des Gesetzes auf nahe 100 % gesteigert werden. Aber es ist darüber hinaus noch mehr geplant. Auf der Homepage des Bundestags wird dazu wie folgt informiert Mit dem Gesundheitsdatennutzungsgesetz… ist das Ziel verbunden, Gesundheitsdaten… leichter und schneller nutzbar zu machen. Dazu wird eine dezentrale Gesundheitsdateninfrastruktur mit einer zentralen Datenzugangs- und Koordinierungsstelle aufgebaut. Mit der Novelle sollen bürokratische Hürden gesenkt und die Forschung gestärkt werden. Auch für die Datenfreigabe aus der elektronischen Patientenakte wird ein Opt-Out-Verfahren eingeführt, um die Daten aus der Akte zu Forschungszwecken besser nutzbar zu machen

Der Bundesdatenschutzbeauftragte Ulrich Kelber hat in einer Stellungnahme vom 28.09.2023 auf die aus seiner Sicht datenschutzrechtlich mehr als nur fragwürdigen Ziele des GDNG hingewiesen:

  • Die Nutzungsberechtigung bezüglich der versichertenbezogenen Abrechnungs-Daten im Forschungsdatenzentrum Gesundheit beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) soll von dem bisherigen Katalog benannter Berechtigter auf eine Berechtigung aller Personen und Unternehmen aufgrund benannter zulässiger Zwecke umgestellt werden…
  • Die Krankenkassen sollen – auch ohne Einwilligung der Versicherten – eine individuelle, versichertenbezogene Auswertungsbefugnis erhalten…
  • Die Gesundheitseinrichtungen, insbesondere Krankenhäuser, sollen eine bundeseinheitliche Grundlage zur Weiterverarbeitung der zu Behandlungszwecken erhobenen Daten zu weiteren Zwecken ohne Beteiligung der betroffenen Patienten erhalten…
  • Im Modellvorhaben Genomsequenzierung sollen wesentliche Datenverarbeitungen ohne Einwilligung der betroffenen Personen erlaubt werden…
  • Die Weiternutzung der Daten in der elektronischen Patientenakte zu verschiedenen weiteren Zwecken im Forschungsdatenzentrum Gesundheit soll nicht mehr zustimmungsbasiert, sondern automatisiert als Opt-out-Modell gestaltet werden…“

Dies noch zu verhindern macht in den kommenden Wochen einen weitaus stärkerer Widerstand, insbesondere von aus den Reihen der Versicherten, aber auch von Ärzt*innen, Datenschützer*innen und andere am Thema interessieren Organisationen und Personen notwendig.

 

Ein Gedanke zu „Das will die Bundesregierung: Eine faktische Zwangs-Patientenakte (ePA) und die Freigabe der Gesundheits- und Behandlungsdaten „für die Forschung“ und die Krankenkassen ohne vorherige Einwilligung der Betroffenen“

Schreibe einen Kommentar