Big Data im Gesundheitswesen: Bertelsmann fordert erleichterten Zugriff auf Patienten- und Behandlungsdaten

Die Bertelsmann-Stiftung hat sich im Juli 2016 einen neuen Blog Der digitale Patient zugelegt. Als Ziel wurde damals formuliert: „…wollen wir dazu beitragen, dass digitale Technologien in den Dienst der Gesundheit gestellt werden. Übersetzt: Uns geht es nicht um das technologisch Machbare, sondern immer um den größtmöglichen Patientennutzen – oder anders: um einen Fortschritt der Medizin…“

Hehre Worte! So sollten aber nicht vergessen lassen, dass

  1. der Bertelsmann-Konzern mit Arvato Systems maßgeblich im Bereich Gesundheitstelematik wirtschaftlich tätig ist und
  2. die Bertelsmann-Stiftung Gutachten erstellt in Bereichen, in denen der Bertelsmann-Konzern geschäftlich aktiv ist. Diese Gutachten nehmen auch Einfluss auf die deutsche Regierungspolitik.

In unregelmäßigen Abständen werden auf dem Blog Der digitale Patient Beiträge veröffentlicht, die sich mit der Nutzung von Gesundheits- und Behandlungsdaten beschäftigen. Und immer wieder scheint dabei durch, dass die Verfasser der Beiträge vor allem eines im Blick haben: Die Nutzung dieser Daten im Interesse von Forschungsinstituten und privaten Unternehmen der Gesundheitsindustrie. Deutlich wird dies auch am letzten Beitrag. Prof. Dr. Jonas Schreyögg, seines Zeichens Betriebswirtschaftler,  hat einen Beitrag veröffentlicht unter dem Titel „Big Data: Datenbestände für Wissenschaft und Patienteninformation effektiver nutzen“.

In diesem Beitrag wird unverkennbar deutlich, dass er auch auf die gegenwärtige Debatte um das Datenschutzanpassungs- und Umsetzungsgesetz Einfluss nehmen möchte. Und das mit klaren Forderungen:

  1. „Eine auch international wettbewerbsfähige Versorgungsforschung benötigt einen niedrigschwelligen Zugang zum Volldatensatz der Routinedaten gemäß § 303a SGB V. Regulatorische oder prozedurale Hürden sollten zügig abgebaut werden.
  2. Die Nutzung der Leistungs- und Strukturdaten zur Patienteninformation setzt voraus, dass diese mit einem entsprechenden Institutionenkennzeichen verbunden werden, um sie einer bestimmten Einrichtung zuordnen zu können.
  3. Es existieren wertvolle Struktur- und Leistungsdaten zur ambulanten Versorgung, diese sind aber bislang – anders als im stationären Sektor – vor allem für die Patienteninformation nicht zugänglich. Die Daten sollten künftig deutlich besser erschlossen und gezielt veröffentlicht werden.“

Und für wen das alles?

„Viele Länder haben bei der Nutzung der existierenden Daten des Gesundheitswesens für die Versorgungsforschung vergleichsweise liberale Vorschriften. Mit Blick auf die Patienteninformation existieren zwar noch große Unterschiede, aber immer mehr Länder öffnen ihre Leistungs- und Strukturdaten sowie ihre Routinedaten auch für diesen Zweck. Vor allem in England und den skandinavischen Ländern können vielfach administrative Datensätze für die Patienteninformation, auch für einzelne Krankenhäuser, herangezogen werden. Im Sinne einer optimalen Verwendung von Ressourcen im Gesundheitswesen sollte Deutschland ihrem Beispiel folgen.“

Der Blog Der digitale Patient ist angetreten mit dem Anspruch , dann neben  dem Projektteam der Bertelsmann Stiftung… in diesem Blog auch externe Experten zu Wortkommen sollen. Beim Blick auf die Blog-Beiträge und deren VerfasserInnen muss man den Eindruck gewinnen, dass Betriebswirtschaftler außerordentlich häufig zu Wort kommen, Kritiker der Digitalisierung des Gesundheitswesen aus dem Bereich der ÄrztInnen und der Versicherten aber nicht.

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