Die Delegierten des 125. Deutschen Ärztetages (01.-02.11.2021) fordern in insgesamt zehn unterschiedlichen Beschlüssen (Beschlussprotokoll S. 39 – 53) ein Moratorium für die weitere Einführung der Telematik-Infrastruktur in der vorhandenen Form.
- In einem der Beschlüsse wird u. a. festgestellt: „Das Tempo bei der Einführung der Anwendungen der Telematikinfrastruktur ist in den vergangenen Jahren – auch maßgeblich durch das Bundesgesundheitsministerium (BMG) als Mehrheitsgesellschafter der gematik veranlasst – erheblich verschärft worden, ohne dass die Anwendungen in ausreichendem Maße auf Praxistauglichkeit hin getestet worden sind. Hinzu kommt, dass die Industriepartner die an sie gestellten Forderungen regelmäßig nicht erfüllen können, die Ärzteschaft aber für diese Verzögerungen verantwortlich gemacht und mit Sanktionen belegt wird“ (Protokoll S. 43).
- In einem weiteren Beschluss wird “aufgrund gravierender praktischer Probleme bei der Einführung und der Umsetzung der Telematikinfrastruktur (TI) ein Moratorium für ihre weitere Einführung in der vorhandenen Form“ gefordert und dazu festgestellt: „Das Projekt ist im Hinblick auf Funktionalität, Stabilität und vor allem Praktikabilität unausgereift. Es ist auch hinsichtlich des Nutzens für Patientinnen und Patienten und Ärztinnen und Ärzte sowie der Kosten einer kritischen Überprüfung zu unterziehen“ (Protokoll S. 46).
- Eine Woche vor Bekanntwerden des Ransomware-Angriffs auf die Firma medatixx GmbH erklären die Delegierten in einem weiteren Beschluss: „Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) weist auf erhebliche, zunehmende Risiken für vernetzte IT-Systeme in Deutschland hin. Diese Risiken betreffen… auch das Gesundheitswesen. Risiken durch Hacking nehmen insbesondere im Hinblick auf Datenmissbrauch oder Datenverschlüsselung mit dem Zwecke der Erpressung zu. Vernetzung kann Vorteile bieten, beinhaltet aber auch erhebliche und zunehmende Risiken für Anwender, Patientendaten und die Versorgungssicherheit insgesamt…“ (Protokoll S. 50). Die medatixx GmbH ist nach der CMG CompuGroup der zweitgrößte Anbieter von Software für die Praxen von Ärzt*innen und Psychotherapeut*innen und soll in diesem Segment einen Marktanteil von 25 % haben. Auch die Software für die in den Praxen eingesetzten Konnektoren zum Anschluss an die Telematik-Infrastruktur wird von medatixx angeboten.
- Und nicht zuletzt wird in einem Beschuss die „Aussetzung von Strafzahlungen gegen Ärztinnen und Ärzte, die nicht an die Telematikinfrastruktur (TI) angeschlossen sind“ gefordert sowie „in Anbetracht der Entscheidung der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen, Strafzahlungen gegen Vertragsärzte, die mit entsprechender Begründung nicht an die TI angeschlossen sind, auszusetzen“, dass „Sanktionen bei Nichtanschluss an die TI generell aufzuheben“ sind. (Protokoll S. 52)