Seit Tagen wird von seriösen und weniger seriösen Medien die Erzählung kolportiert, „der Datenschutz“ verhindere in Niedersachsen die zeitnahe Information der Menschen, die in der ersten Stufe der Corona-Imfkampagne berechtigt sind, sich für einen Impftermin anzumelden. Das Problem hatte aber einen völlig anderen Grund: Die Ministerialbürokratie in Niedersachsen versäumte es, die Landesdatenschutzbeauftragte in die Erarbeitung des Informations- und Impfkonzepts einzubeziehen.
Die Niedersächsische Datenschutzbeauftragte Barbara Thiel hat zu dieser Problematik Stellung genommen. Sie ist nachstehend im Wortlaut wiedergegeben:
Die Landesbeauftragte für den Datenschutz (LfD) Niedersachsen, Barbara Thiel, stellt klar, dass es kein grundsätzliches datenschutzrechtliches Hindernis gibt, auf Meldedaten zurückzugreifen, um Impfinformationen an Bürgerinnen und Bürger zu schicken. Durch die öffentliche Darstellung der vergangenen Tage war der Eindruck entstanden, der Datenschutz verhindere generell die Nutzung der Meldedaten für diesen Zweck. Das ist falsch.
Richtig ist, dass dem Sozialministerium die Nutzung des Melderegisterdatenspiegels (die tagesaktuelle Zusammenstellung der kommunalen Melderegisterdaten) aufgrund landesrechtlicher Regelungen nicht möglich ist, um Impfinformationen an über 80-jährige Personen zu versenden. Insbesondere die Regelungen des Niedersächsischen Ausführungsgesetzes zum Bundesmeldegesetz stehen dem entgegen. Dies gilt auch für die Einbindung eines privaten Dienstleisters.
Allerdings gibt es andere Möglichkeiten, auf die Meldedaten zurückzugreifen, ohne mit dem Melde- oder Datenschutzrecht in Konflikt zu geraten. Zum einen können die Informationen des Sozialministeriums über die Kommunen versendet werden. Diese halten die nötigen Daten ohnehin vor und dürfen sie auch für diesen Zweck verwenden. Es ist deshalb zu begrüßen, dass das Sozialministerium das Angebot der kommunalen Spitzenverbände angenommen hat, bei der Versendung der Impfschreiben zu unterstützen.
Zum anderen kann das Sozialministerium die Daten gemäß § 34 Abs. 2 Bundesmeldegesetz auch durch eine sogenannte Gruppenauskunft von den jeweiligen Kommunen erhalten und für die Impfinformationen verwenden. Für die Versendung könnte das Ministerium hier auch einen privaten Dienstleister einsetzen. Sofern dieser Dienstleister mit personenbezogenen Daten in Berührung kommt, wäre der Abschluss eines Auftragsverarbeitungsvertrages erforderlich. Insbesondere müsste durch den Vertrag sichergestellt werden, dass der Dienstleister die Daten nicht zu eigenen Zwecken verwendet, wie z. B. für Werbung.
„Wir sehen aus datenschutzrechtlicher Sicht keine Notwendigkeit für die Verwendung der Datenbank der Deutschen Post Direkt GmbH“, sagt Landesdatenschutzbeauftragte Barbara Thiel. „Es gibt rechtlich gangbare Möglichkeiten, um die Meldedaten zu verwenden. Es ist nun wieder einmal der falsche Eindruck entstanden, Datenschutz stünde über allen anderen Gütern und würde notwendige Maßnahmen verhindern. Bedauerlicherweise ist mein Haus in diesen Fragen nicht vom Sozialministerium eingebunden worden.“
Quelle: Pressemitteilung der Niedersächsischen Datenschutzbeauftragten vom 15.01.2021