In den letzten Monaten häufen sich Berichte über Klagen, dass die Europäischen Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Arbeitsabläufe störe oder lieb gewordene Verfahrensweisen unmöglich mache. Ein schönes Beispiel dafür ist ein Gespräch der Badischen Zeitung mit einem Gemeindepfarrer, das am 18.01.2018 veröffentlicht wurde.
Die Zeitung gibt dem Pfarrer breiten Raum zur Klage über die “unseligen” Folgen der DSGVO. Sie zitiert ihn mit der Klage: “ Wir bekommen keine Patientennamen mehr, sondern müssten von Zimmer zu Zimmer ziehen. Vorher wurden mir und den Kolleginnen und Kollegen, die Krankenhausbesuche machen, die Namen auf einer Liste mitgeteilt.”
Auf die Frage “Wie finden Sie das?” antwortet der Pfarrer: “Es ist eine gravierende Einschränkung der Seelsorge. Ich besuche ja nicht nur treue Gottesdienstbesucher aus Meißenheim und Kürzell, sondern alle Gemeindemitglieder. Einmal in der Woche bin ich hingefahren. Der schärfste Fall war folgender: Ich hatte gehört, dass ein Gemeindemitglied im Krankenhaus ist, aber wusste nicht, auf welcher Station. An der Krankenhauspforte fragte ich nach. Weil ich nicht verwandt bin, wurde mir gesagt, dass ich keine Auskunft bekomme. Also ging ich unverrichteter Dinge wieder nach Hause.”
Dem Herrn Pfarrer sei gesagt, dass es auch vor Inkrafttreten der DSGVO nicht zulässig war, Daten ohne Zustimmung der Betroffenen Personen unbesehen an interessierte Dritte weiter gegeben werden durften, auch wenn diese die “besten Absichten” haben, was wir dem Herrn Pfarrer mal freundlicher Weise unterstellen. Ein Blick in das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG-alt) aus der Zeit vor dem 25.05.2018 würde dem Herrn Pfarrer vielleicht Aufklärung verschaffen und seine Kritik an der neuen Praxis des Krankenhauses deutlich relativieren.
4 BDSG (alt) enthielt folgende eindeutige Regelung: “Zulässigkeit der Datenerhebung, -verarbeitung und -nutzung (1) Die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten sind nur zulässig, soweit dieses Gesetz oder eine andere Rechtsvorschrift dies erlaubt oder anordnet oder der Betroffene eingewilligt hat. (2) Personenbezogene Daten sind beim Betroffenen zu erheben. Ohne seine Mitwirkung dürfen sie nur erhoben werden, wenn 1. eine Rechtsvorschrift dies vorsieht oder zwingend voraussetzt oder 2. a) die zu erfüllende Verwaltungsaufgabe ihrer Art nach oder der Geschäftszweck eine Erhebung bei anderen Personen oder Stellen erforderlich macht oder b) die Erhebung beim Betroffenen einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde und keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass überwiegende schutzwürdige Interessen des Betroffenen beeinträchtigt werden.”
Dass dies früher nicht beachtet wurde, schafft kein Gewohnheitsrecht, Herr Pfarrer Adler!
Übrigens haben die meisten Krankenhäuser mindestens einen Krankenhauspfaffen. Wenn man eingeliefert wird, und noch antworten kann, wird man gefragt, ob man von dem betreut werden möchte. Fast alle sagen: Nein. Auch die meisten eingetragenen Christen. Ein externer Pfaffe kann den Krankenhauspfaffen fragen. Auch der könnte ja wissen, ob einer den externen Pfaffen sehen möchte. Wenn er das weiß, darf er dem auch das Krankenzimmer verraten (Einwilligung oder mindestens 6 I f). Also, unterm Strich geht es darum, dass Pfaffen Patienten mit Gesinnungsterror überziehen wollen, ohne deren Einverständnis. Hat also doch randmäßig was mit Patientenrechten zutun.
Erstmal frage ich mich, was das auf dieser Website zu suchen hat. Die einzige Beziehung ist, dass es im Krankenhaus passiert ist. Es hätte aber genauso in einer Schule oder in einem Hotel passieren können. Jeder Beitrag zieht Aufmerksamkeit auf ein bestimmtes Unterthema. Wollen wir Aufmerksamkeit dorthin lenken? Politische Frage! Was ist die Bedeutung dieses Unterthemas, für die Bewegung. Erst das sehr gut beantworten, dann Beitrag schreiben.
Und dann: Seit dem 25.5.2018 gibt es ein vielfach verschärftes Interesse am Datenschutz. Hunderttausende, die das Thema bisher ignorierten, beschäftigen sich jetzt damit. Einige davon finden, dass wir Datenschützer auch viel Scheiss machen. Und was antworten viele Datenschützer darauf – nicht nur der Autor hier, auch viele viele andere? Sie antworten: das haben wir doch immer so gemacht.
Die richtige Antwort auf Heinz Adler aus Meißenheim ist: Nicht jeder, der laut Steuererklärung der römisch-katholischen Kirche angehört, möchte, dass plötzlich ein Pfaffe der römisch-katholischen Kirche neben seinem Krankenbett steht. Viele Leute, die Mitglied der römisch-katholischen Kirche sind, finden Pfaffen für den Alltag eher lästig. Deswegen ist in Art. 6 DSGVO auch kein Absatz enthalten, wonach für Zwecke der Seelsorge jede Verarbeitung personenbezogener Daten gut ist. Wenn der Kranke in einem Verein von Briefmarkensammlern ist, müssen die anderen Briefmarkensammler erst mal die Familie fragen, und können nicht einfach im Krankenhaus auflaufen. Seelsorge ist in unserer heidnischen Welt ein Thema wie jedes andere. Schade für dich, Heinz Adler.
Dir richtige Antwort hat vielleicht noch weniger auf dieser Website zu suchen als die falsche. Also: Thema verfehlt.