Ein Blick über die Grenze: Digitale Patientendossiers in Frankreich – Viel Geld verbrannt, viel Zeit ins Land gegangen und trotzdem ein Flop

Der Blog „Der digitale Patient“ ist ein Produkt der Bertelsmann-Stiftung. In seinen Beiträgen kommen regelmäßig Befürworter*innen der ungebremsten Digitalisierung im Gesundheitswesen zu Wort. E-Health-Entwicklungen, z. B. in Dänemark, Estland, Israel, Österreich oder der Schweiz werden in den höchsten Tönen gelobt und gegenüber Politik und Öffentlichkeit in Deutschland als Vorbilder gepriesen. Im Beitrag vom 22.11.2018 Digitale Patientendossiers in Frankreich: Nach vielen Anläufen erfolgreich? sind dagegen deutliche Moll-Töne zu hören:

„Stell dir vor, es gibt die elektronische Patientenakte, und keiner nutzt sie. So geschehen in Frankreich.

2004 hatte das französische Gesundheitsministerium offiziell den Start eines Dossier Médical Personel (DMP) ausgerufen: Über das Gesetz Nr. 2004-810 sollte sichergestellt werden, dass jeder Franzose über eine digitale Akte verfügt, die zu jeder Zeit und von jedem Ort aus erreichbar ist und die sämtliche medizinischen Daten des Patienten enthält. Doch die vollmundig versprochene Akte geriet zunächst zum Ladenhüter. Bei ersten Pilotprojekten stieß sie in der Bevölkerung nur auf eine geringe Akzeptanz, und auch medizinisches Personal etwa in Kliniken machte kaum Gebrauch davon, da es häufig zu Problemen beim Datentransfer kam und die Akte nicht überall in bestehende Krankenhaussysteme integrierbar war. Dass es sich bei den Problemen aber um wesentlich mehr als die üblichen Kinderkrankheiten eines neuen Produktes auf dem Markt handelte, sollte sich in den darauffolgenden Jahren zeigen. Im April diesen Jahres schrieb „Le Figaro“: Trotz einer halben Milliarde Euro, die seit des Starts des DMP in 2004 ausgegeben worden seien, habe sich das Dossier Médical Partagé, so wie die Patientenakte inzwischen offiziell heißt, ‚bisher als Fiasko erwiesen’… Acht Jahre nach dem Start des DMP waren bereits enorme Summen in das Projekt geflossen. Schätzungen des französischen Rechnungshofs zufolge hatte der Staat bis dahin etwa eine halbe Milliarde Euro investiert – für gerade einmal 158.000 erstellte Dossiers, von denen 89.500 eine leere Aktenhülle blieben…“

Aber die Bertelsmann-Stiftung und der Blog „Der digitale Patient“ setzen trotz dieser desaströsen Entwicklung weiter auf das „Prinzip Hoffnung“. Der Beitrag enden mit dem Satz: „Vielleicht kann man in einigen Jahren in der Zukunft tatsächlich sagen: Stell dir vor, es gibt eine elektronische Patientenakte, und alle nutzen sie.“

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