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Big Brother Award an Lauterbach für EHDS und GDNG

Gesundheitsminister Karl Lauterbach erhielt am 11.10.24 den „Big Brother Award“ der Datenschutz-Organisation digitalcourage.

Mit diesem Negativ-Preis („Oscars für Datenkraken“) werden alljährlich Personen oder Institutionen ausgezeichnet, die an vorderster Front digitale Bürgerrechte eingeschränkt haben. Er erhielt ihn „für den Europäischen Gesundheitsdatenraum – neudeutsch European Health Data Space oder kurz EHDS –, den er mitverantwortet hat. Und für dessen nationale Umsetzung mit dem Gesundheitsdatennutzungsgesetz. Diese beiden Gesetze erlauben die Verarbeitung all unserer hochsensiblen Gesundheitsdaten, etwa von Hausarztbesuchen oder Krankenhausbehandlungen, nach einem weitgehend unbestimmten Verfahren und ohne die nötigen Schutzvorkehrungen.“

Die „Preisrede“ auf Lauterbach hielt der bekannte Datenschützer Dr. Thilo Weichert, früher Datenschutzbeauftragter von Schleswig-Holstein, jetzt einer der Co-Vorsitzenden von digitalcourage. Es lohnt sich, sie zu lesen, denn Weichert hat Detailkenntnisse, die selten geworden sind. Zitat:

Jens Spahn hat dafür beste Vorarbeit geleistet. Schon unter ihm wurde ein Forschungsdatenzentrum Gesundheit – das FDZ – beschlossen, angesiedelt unter dem Dach des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM). Es soll die zentrale Datensammel‑ und ‑verteilstelle für Gesundheitsdaten sein. Hier werden sämtliche Abrechnungsdaten der Krankenkassen unter Pseudonym gespeichert, ebenso künftig die Daten der elektronischen Patientenakte – der ePA. Dieses FDZ soll noch im Herbst 2024 den Vollbetrieb aufnehmen. Geplant ist unter anderem, dass die pseudonymen Datensätze der Krebsregister mit denen des FDZ verknüpft werden. Weitere Verknüpfungen sind mit dem bundesweiten Implantateregister und mit vielen weiteren Gesundheitsdatenquellen vorgesehen.

All das erfolgt, wie gesagt, pseudonym. Allerdings sind pro Datensatz so viele sensitive Merkmale über die körperliche und seelische Gesundheit hinterlegt, dass mit ein wenig Zusatzwissen leicht herauszufinden ist, wer da mit welcher Therapie behandelt wurde – das können Daten über Erbanlagen, psychische Störungen oder über seltene Krankheiten sein. Diese Reidentifizierung würde das Ende der Vertrauensbeziehung zwischen Arzt und Patienten bedeuten.

Rohrkrepierer Elektronische Patientenakte (EPA)?

In der Gulaschprogrammiernacht des Chaos Computer Clubs hat der Hausarzt Stefan Streit einen sehr interessanten Vortrag zur Elektronischen Patientenakte gehalten, er ist hier:

Er begründet dort, warum die ePA derzeit nicht praktikabel sei. Medizinische Informationen dürfen nur mit Einwilligung der Patientin im Einzelfall in die EPA eingestellt werden. Von Ärztinnen wird verlangt, dass sie die Patientinnen über die Risiken aufklären, die damit verbunden sind, dass man dort Informationen entweder speichert oder nicht. Das soll auch geleistet werden bei der Speicherung genetischer Informationen, oder bei Speicherung von Informationen, wegen denen man diskriminiert werden kann. Dies ist im Rahmen der 5-Minuten-Medizin nicht angemessen zu leisten. Vor allem nicht bei der „Königsdisziplin“, der Behandlung von Jugendlichen, wo zunächst geklärt werden müsste, auf wessen Einwilligung es im Einzelfall ankommt. Rohrkrepierer Elektronische Patientenakte (EPA)? weiterlesen

EHDS im EU Parlament verabschiedet

Die geplante Verordnung der EU zum Europäischen Gesundheitsdatenraum (EHDS, European Health Data Space) wurde am 24. April 2024 vom EU-Parlament verabschiedet. Die Details zum Inhalt der verabschiedeten Einigung findet man hier. Der verabschiedete Text ist auf deutsch hier und auf Englisch hier veröffentlicht. Die Bürgerrechtsorganisation EDRI (European Digital Rights) hatte die Abgeordneten aufgefordert, der Einigung nicht zuzustimmen, in einer Petition, die u.A. auch unser Verein Patientenrechte und Datenschutz e.V. unterstützt hatte: weil der Vorschlag darauf hinaus läuft, PatientInnendaten zu kommerzialisieren und das Arztgeheimnis abzuschaffen.

Die Zustimmung zu EHDS kam vor allem von den größten Fraktionen im EU-Parlament, der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten), S&P (Sozialdemokraten) und Renew (Liberale). Die Fraktionen der Linken und der Grünen stimmten mehrheitlich dagegen. In allen Fraktionen gab es viele Abgeordnete, die anders stimmten als ihre Fraktionsmehrheit. Die namentlichen Ergebnisse der Abstimmung sind hier zu finden. Gegen EHDS stimmten u.a. der Pirat und Datenschützer Patrick Breyer, der PARTEI-Vorsitzende Martin Sonneborn, und der in Spanien mit Haftbefehl gesuchte ehemalige katalanische Präsident Carles Puigdemont.

Gesundheitswesen kriegstüchtig?

In einem Interview für die Neue Osnabrücker Zeitung fordert Gesundheitsminister Lauterbach, das Gesundheitswesen müsste kriegstüchtig werden. Es müsste sich auf „große Krisen“ vorbereiten. Im Sommer soll ein entsprechender Gesetzentwurf vorgelegt werden. Worum kann es gehen?

  • Die Prioritäten, wer wo behandelt werden kann und darf, werden nicht medizinisch, sondern politisch-militärisch vorgegeben,
  • Gesundheitseinrichtungen werden in eine zentrale Kommando-Struktur eingeordnet,
  • Beschäftigte werden genötigt, dort zu arbeiten, wo ein nach politischen Kriterien festgelegter Bedarf besteht.

Der Verein demokratischer Ärzt*innen hat sich gegen diese „Militarisierung des Gesundheitswesens“ ausgesprochen. Tatsächlich sind solche Ansätze besorgniserregend und müssen kritisch beobachtet werden.

  • Möglichkeiten des Gesundheitssystems müssen nach medizinischen und sozialen Gesichtspunkten verteilt und gesteuert werden. Eine Unterordnung unter eine militärisch-politische Kampf-Logik ist abzulehnen.
  • Insbesondere dürfen die Rechte der Mediziner*innen und Pflegekräfte im Fall von Krisen nicht (noch weiter) eingeschänkt werden. Das macht diese Berufe noch unattraktiver und gefährdet unsere Gesundheitsversorgung.

EHDS Zwischenbilanz – dreimal opt-out

Das EU Projekt des Europäischen Gesundheitsdatenraums nähert sich der Schlussgeraden. (Abkürzung EHDS, European Health Data Space). Der Trilog, die Diskussion darüber zwischen den EU-Gremien  Kommission, Parlament und Rat ist abgeschlossen. Ein Kompromiss wurde erzielt, der jetzt in Rat und Parlament der EU zur Abstimmung gestellt wird.

Inhalt des Verordnungs-Vorschlags

Der Vorschlag der EHDS-Verordnung sieht vor: EHDS Zwischenbilanz – dreimal opt-out weiterlesen

37C3 – Hacker sind unsere Freunde

Der 37. Kongress des Chaos Computer Clubs verbirgt sich hinter der Abkürzung 37C3. Er fand wie immer zwischen Weihnachten und Silvester statt, das erste Mal nach der Pandemie, jetzt wieder in Hamburg. (Während der Renovierung des Congress Center Hamburg (CCH) war der Kongress in Leipzig, wo mehr Platz war).

Erfreulich: Fünf gute Veranstaltungen zur Datenverarbeitung in der Medizin. Einen politischen Überblick durften sich hunderte Teilnehmende in dieser Veranstaltung von Daniel Leisegang und Bianca Kastl abholen:

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Bündnis zum Thema EPA Opt-Out gegründet

Wir (Patientenrechte und Datenschutz e.V.) haben den Versuch unternommen, ein Bündnis zum Thema „opt-out bei der elektronischen Patientenakte“ auf die Beine zu stellen. Es soll nach unserer Vorstellung Informationen zum Thema verbreiten, zB. durch online Veranstaltung, und einen „opt-out Generator“ anbieten, ähnlich unserem Generator für Krankenkassen-Anfragen. Am 29.11.2023 trafen sich 19 Personen bei einer ersten Videokonferenz. Folgende Organisationen waren vertreten: wir selbst, Die Datenschützer Rhein Main, Patientendatenschützer Rhein Main, Bündnis für Datenschutz und Schweigepflicht, Freie Ärzteschaft, Gen-ethisches Netzwerk, Datenanfragen.de, Forum InformatikerInnen für Frieden und Gesellschaftliche Verantwortung.

Wir hatten einen kurzen Info-Block vorbereitet und dort vorgestellt. Anschliessend wurden Handlungs-Optionen besprochen:

  • Opt-Out Generator + Info-Plattform (Bildung einer Unter-AG zur technischen und organisatorischen Vorbereitung)
  • online-Veranstaltung zum Thema.
  • E-Mail-Verteiler für die aktiven Teilnehmer an dieser Initiative: Wir richten dazu eine Gruppenliste ein.
  • Der nächste Termin für dieses Bündnis ist am 23.01.2024 geplant.

Wer bei einer Aktivität mitmachen möchte, schreibt bitte eine E-Mail an kontakt (at) patientenrechte-datenschutz.de .

Ergänzung, 11.06.24: Mittlerweile hat das Bündnis eine Website, widerspruch-epa.de , dort ist eine beachtliche Liste der Bündnispartner veröffentlicht. Ferner wurde dort eine Mailingliste eingerichtet.

Neue Gesetzentwürfe aus Berlin und Brüssel – Gefahr für Patientenrechte

Aus dem Gesundheitsministerium liegen jetzt Gesetzentwürfe für das „Gesundheitsdaten-Nutzungsgesetz“ und das „Gesetz zur Beschleunigung der Digitalisierung im Gesundheitswesen“ vor. Beide Entwürfe sind von fragenstaat.de hier veröffentlicht. Einen sehr guten Überblick über beide Gesetzentwürfe findet man in dieser Präsentation: DigiG und GDNG_2 Wesentlich ist, dass die Gesundheitsdaten aller PatientInnen gespeichert werden sollen in  elektronischen Patientenakten auf zentralen Servern. Sie sollen für weit gespannte Forschungszwecke zur Verfügung stehen. Nur durch einen ausdrücklichen Widerspruch sollen PatientInnen das verhindern können. Neue Gesetzentwürfe aus Berlin und Brüssel – Gefahr für Patientenrechte weiterlesen

Appell zum Projekt „Europäischer Gesundheits-Datenraum“ (EHDS)

Die Kommission der Europäischen Union hat den Vorschlag zu einem „Europäischen Gesundheitsdatenraum“ eingebracht. (Abkürzung EHDS, European Health Data Space). Er wird dort derzeit unter anderem im LIBE Ausschuss (für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres) des EU Parlaments diskutiert. Eine erste Stellungnahme von uns dazu findet man hier. Unser Verein hat letzte Woche alle Mitglieder des LIBE Ausschusses und ihre MitarbeiterInnen angeschrieben. Anliegend der Wortlaut unserer aktuellen Eingabe.

Stellungnahme

Abstract:

Der Verordnungsvorschlag zum European Health Data Space (EHDS) soll angeblich Patienten dienen, neue Rechte und Vorteile bieten. Tatsächlich wird ein „Binnenmarkt“ für persönliche Gesundheitsinformationen geschaffen, indem diese über zentrale Speicherung technisch organisiert und vor allem für Dritte verfügbar gemacht werden.
PatientInnen müssen befürchten, dass ihre besonders schützenswerten medizinischen Daten unberechtigten Personen in die Hände fallen. Darunter leidet das Vertrauen zu ÄrztInnen und anderen professionellen HelferInnen – und gefährdet die Grundlage jeder Heilbehandlung.
Die zentrale Speicherung ist unnötig, da auch dezentrale Systeme möglich und umsetzbar wären. Zudem ist die elektronische Patientenakte nicht in der Hand des Betroffenen, sondern wird durch Dritte verwaltet.
In dieser Form ist dem gesamten Konzept aus Patientensicht zu widersprechen.
Insbesondere sehen wir die folgenden Punkte als besonders kritisch an:

Appell zum Projekt „Europäischer Gesundheits-Datenraum“ (EHDS) weiterlesen

EHDS Informationsportal

Eine Initiative, die aus dem Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung hervorgegangen ist, hat hier begonnen, ein Informationsportal zum Thema Europäischer Gesundheitsdatenraum (European Health Data Space) aufzubauen. Dort befinden sich bereits eine Vielzahl von Links, Artikeln und Stellungnahmen dazu.

Die Ähnlichkeit zu dieser Seite ist kein Zufall, denn Mitglieder unseres Vereins arbeiten dort mit, und wir stellen unsere Infrastrukturs dafür zur Verfügung.