Am 01.12.1997 verabschiedete der Deutsche Bundestag das Transplantationsgesetz (TPG), um Rechtssicherheit für SpenderInnen, EmpfängerInnen und allen an einer Organspende Beteiligten zu schaffen. § 3 Abs 1 TPG bestimmt: „ Die Entnahme von Organen oder Geweben ist… nur zulässig, wenn 1. der Organ- oder Gewebespender in die Entnahme eingewilligt hatte, 2. …“ Damit soll (bei Beachtung der Ausnahmeregelung in § 4 TPG) sicher gestellt werden, dass jeder Mensch auch für den Zeitpunkt nach seinem Tod selbst bestimmen kann, ob seine Organe entnommen und für die Behandlung anderer Menschen genutzt werden dürfen. Eine Organentnahme ohne Zustimmung ist damit – rechtsstaatliches Handeln vorausgesetzt – ausgeschlossen.
Diese Regelung scheint interessierten VertreterInnen der Ärzteschaft ein Dorn im Auge zu sein. Anders lässt es sich nicht erklären, dass sich in kurzem zeitlichen Abstand sowohl die Ärztekammer Westfalen-Lippe als auch die Landesärztekammer Bayern für eine Änderung der einschlägigen Bestimmungen einsetzen.
Ärzteblatt.de berichtet am 21.12.2017: „Der Präsident der Bayerischen Landesärztekammer, Max Kaplan, regt eine neue Diskussion über eine Widerspruchslösung bei der Organspende an. In Ländern wie Österreich oder Spanien, in denen die Bürger als mögliche Organspender gelten, wenn sie nicht aktiv widersprechen, sei die Zahl der Transplantationen deutlich höher als in Deutschland, sagte Kaplan. Die Widerspruchslösung wäre ein Ansatz, ‚den man sicherlich gesellschaftlich noch mal diskutieren müsste‘, erklärte Kaplan, der auch Vizepräsident der Bundesärztekammer (BÄK) ist. Bis Ende November dieses Jahres lag die Zahl der Organspenden nach Daten der Deutschen Stiftung Organtransplantation bundesweit um knapp sieben Prozent unter dem Vorjahreswert. Im Vergleich zu den Jahren vor den Skandalen um Manipulationen an verschiedenen Transplantationszentren ist die Zahl um mehr als ein Viertel abgesackt… ‚Es warten bundesweit über 10.000 Menschen dringend auf ein Organ, die nicht versorgt werden können‘, sagte Kaplan. Deswegen müssten die aktuellen Gesetzesregeln und auch Beschlüsse des Deutschen Ärztetags aus früheren Jahren neu diskutiert werden. Bayerns Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) erklärte, sie habe Verständnis für Kaplans Forderung. Allerdings habe eine Widerspruchlösung ihrer Ansicht nach derzeit kaum Realisierungschancen. Bayern habe einen Vorstoß in Richtung Widerspruchslösung unternommen, als im Jahr 2012 die jetzige Regelung im Bundestag beschlossen wurde. ‚Der Freistaat musste aber erkennen, dass diese Lösung nicht mehrheitsfähig ist‘, sagte Huml.“
Wenn die deutlich zurück gegangene Organspende-Bereitschaft ihre Ursache in den „Skandalen um Manipulationen an verschiedenen Transplantationszentren“ hat, dann kann eine Lösung des Problems nicht darin liegen, den Menschen die Selbstbestimmung über ihren Körper und dessen „Verwertung“ per Gesetz zu entziehen. Dies wäre ein Angriff auf die Menschenwürde und damit auf Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz.
Geht es hier um die „Verfügbarkeit von Organen“ und nicht von Gesundheits-Daten, so tun sich trotzdem Parallelen auf. Auch in der Debatte um die Verfügbarkeit und Nutzung von Gesundheits- und Behandlungsdaten wird von interessierter Seite immer wieder die sogenannte „opt-out“-Regelung gefordert. Mit ihr wäre es möglich, das Grundrecht aus informationelle Selbstbestimmung über die Nutzung personenbezogener Daten weitgehend auszuhebeln.
Hinweise zu den gegenwärtig zu beachtenden Regelungen bei der Organspende finden Sie hier.