Zusammenfassung
Eine Pflicht-Impfung gegen COVID-19 für Menschen, die älter als 50 Jahre sind, wäre gerade noch vertretbar. Ein Impf-Register allerdings sollte nicht eingerichtet werden.
Derzeit wird über eine allgemeine, für alle Bürger:innen geltende Pflicht zur COVID-Schutzimpfung diskutiert. Zehntausende demonstrieren in Deutschland dagegen. Die Zuspitzung dieser Diskussion zeigt, was bei der Pandemie-Bekämpfung in Deutschland schlecht gelaufen ist und läuft. Die Pflicht des Staates, Menschen am Leben zu erhalten, wird als annähernd gleichrangig behandelt, wie andere Pflichten. Gleichrangig wie der Schutz unseres Lebens seien zum Beispiel: Erstens der Schutz der Rechte von Diskothekenbetreibern oder Autofabriken (geschützt durch Art. 12 GG), zweitens die Pflicht des Staates zum Schutz des Einzelnen vor unerwünschten körperlichen Eingriffen, geschützt durch Art. 2 GG. Richtigerweise hat die Pflicht, uns am Leben zu erhalten, Vorrang: denn nur lebende Menschen können von ihren übrigen Grundrechten profitieren. Eine richtige Idee von Habermas.
Ob unser Leben bedroht ist, und wie es geschützt werden kann, ist anhand des Standes der Kunst in Virologie und Epidemiologie zu beurteilen, dargestellt durch die herrschende Meinung dieser Wissenschaften.
Vorgeschichte
Bekanntlich gilt bereits eine Verpflichtung zur COVID-Impfung für Beschäftigte von Krankenhäusern, Arztpraxen und Pflegeeinrichtungen. Ab 15.03.2022 müssen diese Personen entweder geimpft oder genesen sein., nach § 20 a des Infektionsschutzgesetzes (https://www.gesetze-im-internet.de/ifsg/__20a.html ). Derartige Verpflichtungen gab es bereits vielfach in den Vereinigten Staaten, insbesondere im Bundesstaat New York, aber auch in anderen europäischen Ländern. Viele davon traten schon 2021 in Kraft. In der Mitarbeiterschaft dieser Einrichtungen gab es Gegner:innen der Schutzimpfung. Mehrere US-Gewerkschaften kündigten den Zusammenbruch öffentlicher Einrichtungen an, ab dem Tag, an dem Ungeimpfte dort nicht mehr arbeiten durften. Das passierte nicht. Die Mitarbeiter:innen, die dagegen waren, ließen sich letztlich impfen und machten weiter ihren Job. Das galt auch in Branchen, in denen Beschäftigte sofort woanders einen Job, wo sie ungeimpft arbeiten könnten, bekommen. Wenn sie wollen. Google oder Facebook hatten keinen Schwund bei IT-Entwicklerinnen zu beklagen, nachdem sie nur noch Geimpfte in ihre Büros ließen. Die Wichtigkeit des Themas wurde vorher vielfach überschätzt. Es erscheint mir sehr wahrscheinlich, dass sie auch in Deutschland überschätzt wird, und sich der Protest-Sturm gegen die Impf-Pflicht letztlich als Sturm im Wasserglas erweisen wird. So, wie es historisch mit den anderen Protest-Stürmen gegen Impf-Pflichten war; bei früheren „Stürmen“ gegen verpflichtende Impfungen gegen Pocken oder Masern.
Zutreffend wird als Grund für die geringe Impfquote, und für die Proteste gegen die Corona-Maßnahmen ein Vertrauensverlust des Staates festgestellt. Ein wesentlicher Grund für den Vertrauensverlust ist m.E. das zögerliche und teilweise konfuse Handeln des Staates gegen COVID-19. Maßnahmen wurden grundsätzlich zu spät ergriffen, lange nach entsprechenden Empfehlungen von Wissenschaftler:innen. Konzerne, wie die Lufthansa, wurden besser geschützt als Menschen. Als Grund für staatliche Maßnahmen gegen Corona galt nicht etwa der Schutz unseres Lebens, sondern der Schutz des Gesundheitswesens vor Überlastung. Dementsprechend konzentrierten sich die Maßnahmen auf Soziale Distanzierung. Damit kann die Ausbreitung des Virus nur verlangsamt werden. Je besser diese Distanzierung funktioniert, desto länger muss sie dauern, bis sich jede angesteckt hat oder durch Impfung immunisiert ist. Eine „Zero-COVID“ Strategie, wie auch hier gefordert, wurde nie in Betracht gezogen. Statt dessen wurde ausschließlich auf das Impfen gesetzt, um die Pandemie zu beenden. Auch dabei galt: unsere Konzerne zuerst.
Bei Schutzimpfungen gegen Masern, Diphterie oder Grippe werden Impfkandidaten nie behelligt mit den Wirk-Mechanismen der unterschiedlichen Impfstoffe verschiedener Fabrikanten. Obwohl es selbstverständlich auch dort Unterschiede gibt. Mit den Unterschieden zwischen Masernimpfstoffen beschäftigen sich Impf-Ärzte, sonst niemand. Das ist gut so. Wenn allerdings die Möglichkeit besteht, deutsche Unternehmen gegen ausländische Konkurrenz zu fördern, und es dabei um Milliarden geht, dann werden im deutschen Journalismus Überstunden gemacht, unbezahlt zum größten Teil. Wir erfuhren viel über Enzyme, die Informationen übertragen. Über RNA Schnipsel, was unser Erbgut sei. Die erwünschte Wirkung davon war, dass sich viele Deutsche heute weigern, sich mit etwas anderem impfen zu lassen, als mit Stoff von Biontech. Die Diskussion mit Opfern deutscher Impfpropaganda stiehlt Ärzten so viel wertvolle Zeit, dass viele sich weigerten, Moderna zu impfen. Journalisten, gut gemacht, Zwinkersmiley! Die unerwünschte Nebenwirkung der Impfjournalistik war ein etwas klügerer Gedanke: „Das soll ich mit mir machen lassen? RNA Schnipsel in mich einbauen? Warum sollte ich das tun? Das sagen Biontech und Moderna doch nur, um Geld zu scheffeln!“ Für die Deutschland-typische Kombination von Ressentiment und Besserwisserei, z.B. bei Sachsen und Schwaben, bot die Biontech-Werbung reichhaltiges Futter. Es wurde angenommen.
Wo Papst Franziskus Recht hat, hat er Recht. Ein Mangel an Entscheidungskraft und klarer Kommunikation führt zu Verwirrung, schafft Misstrauen und untergräbt den sozialen Zusammenhalt.
Zur Vorgeschichte im weiteren Sinne gehören auch der Pflegenotstand, wegen unzureichender Bezahlung und schlechten Arbeitsbedingungen von Pflegekräften, sowie Krankenhaus-Schließungen. Allerdings wird das beste Gesundheitssystem überlastet, wenn zu viele Menschen gleichzeitig krank werden. Genau das droht durch die exponentielle Entwicklung der Ansteckungen bei einer Pandemie. Für eine Zero-Covid-Strategie ist es in Deutschland jetzt zu spät. Man schickt die Feuerwehr auch zu Häusern und Fabriken, wo vorher der Brandschutz sträflich vernachlässigt wurde. Um die Frage, was würde die Impf-Pflicht helfen, falls sie noch in Kraft tritt, kommt man nicht herum.
Warum die Frage der Impf-Pflicht jetzt hochkommt
Die Impf-Pflicht könnte frühestens im April oder Mai 2022 in Kraft treten. Die WHO geht von einer Verdopplungszeit der Omikron-Variante von 1,5 – 3 Tagen aus. Das heißt, bis April haben sich laut WHO die meisten jetzt noch Ungeimpften mit der Omikron-Variante angesteckt. Sie werden im April und Mai 2022 entweder tot, oder krank, oder vor kurzem genesen sein, die meisten nach einem symptomfreien oder milden Verlauf. Geimpft werden dürfen die Kranken und Genesenen im Mai noch nicht, erst im Laufe des Sommers oder im Herbst 2022 wieder. Im Moment ist schwer abzuschätzen, wie dann die Corona-Lage ist.
Es ist das erste Mal in der Pandemie, dass Politiker:innen von CDU, SPD oder Grünen derart weitsichtige Pläne haben. Für einen Zeitraum von 8 Monaten und länger! Vielleicht ist ihre neue Weitsicht gar nicht der Grund für ihre Forderungen nach der Impf-Pflicht. Vielleicht geht es nur darum, einen Buhmann präsentieren zu können, für die vierte Welle. Impfgegner sind angeblich schuld daran, nicht etwa CDU, SPD und Grüne durch ihr Laufenlassen der Pandemie. Für so ein Manöver spricht das Timing. Mitte Februar darf man etliche Omikron-Opfer in den Intensivstationen erwarten. Daher wird die große Debatte um die Impfpflicht vermutlich dann stattfinden. Haltet den Dieb!
Nützt die Impfung was?
Gegen die Impf-Pflicht wird oft eingewandt, dass die Impfung kaum dagegen hilft, sich mit COVID-19 anzustecken, und andere zu infizieren. Die Impfung schützt die Geimpfte vor der Krankheit COVID-19. Dazu wurde sie entwickelt. Sie hilft wenig gegen das gleichnamige Virus, das auch Geimpfte übertragen können. Wenn alle immunisiert sind, das war die Idee gewesen, dann kann das Virus zirkulieren, wie es will. Nun gibt es dazu zu viele Ungeimpfte. Ein Problem mit ihnen ist, dass die Ungeimpften nicht vom Staat gezwungen werden dürfen, sich selbst zu schützen. Sie haben in einem freien Land das unveräußerliche Menschenrecht, an COVID-19 zu erkranken. Das Recht auf ärztlich unterstützten Selbstmord hat man laut Bundesverfassungsgericht, da scheint das nur logisch. Der Deutsche Ethikrat hatte Ende 2020 die rettende Idee. Impf-Pflicht natürlich nicht, um sich selbst zu schützen, nur zum Schutz der anderen. Aber nicht Schutz der anderen vor Infektion, davor schützt die Impfung ja nicht. Schutz der Mitbürger, die zum Beispiel wegen eines Schlaganfalls ins Krankenhaus müssen, dort aber nicht behandelt werden können. Weil alle Betten mit ungeimpften COVID-Kranken belegt wären. Daher Pflicht der Bürgerin, Dinge, mit denen sie relativ einfach ihre Gesundheit schützen kann, rechtzeitig zu tun. Eine gefährliche Argumentation, als nächstes könnte man allen Berlinern das Abfahrtsski verbieten, oder Tempo 130 einführen.
Ergebnis
Impfen nützt was. Man wird mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nicht so krank, wie ohne Impfung. Der Staat darf und muss Vieles. Siehe Schulpflicht, oder Pflicht, bei Rot stehen zu bleiben. Wenn der Staat es so will, das hat man bisher immer so gesehen, dann darf er Bürgerinnen impfen. Schon Goethe war dieser Meinung. Es dauerte knapp 100 Jahre, bis seine Gedanken Wirklichkeit wurden. Die Pocken-Schutzimpfung gibt es seit dem 19. Jahrhundert. Auch damals gab es Impfgegner. Ihre Kinder wurden geimpft. Die Impfgegner von damals haben das genauso grauenhaft und furchtbar erlebt, wie die von heute. Man versteht das. Der Staat zwingt einen, das Risiko eines Impfschadens hinzunehmen, der schlimmer sein kann, als die Krankheit selbst. Das war auch bei den Pocken anfangs so. Der einzelne Mensch ist Baumaterial für Größeres? Goethe war natürlich dieser Meinung. Ich bin es auch. Sonst kann man die Zivilisation vergessen. Andere sehen das anders.
Um die Gedanken des Deutschen Ethikrates und des Bundesverfassungsgerichts angemessen zu berücksichtigen, sollte man die Impf-Pflicht auf Menschen beschränken, die älter sind als 50 Jahre. Bei ihnen besteht ein hohes Risiko, krank zu werden (und anderen die Krankenhausbetten wegzunehmen, aber das ist für mich nicht der Grund). Wer jetzt noch ungeimpft ist, braucht einen Impuls, sich die Sache noch mal zu überlegen. Viele haben aus irgendeiner Situation heraus sich als Maßnahmen-Gegner aus dem Fenster gehängt. Man sollte ihnen den Ausweg bieten: Ich weiche dem Druck.
Eine Sanktion zur Durchsetzung der Impf-Pflicht ist nicht erforderlich. Durch das Risiko der COVID-19 Erkrankung der Impfgegner sind diese genug gestraft. Es gibt auch kein Bußgeld dafür, von der Hamburger Köhlbrandbrücke zu springen (53 Meter bei mittlerer Tide, es hat noch niemand überlebt). Mehr Strafe als 2 Wochen Lungenkrankheit verlange ich nicht als Sanktion, ich bin kein Unmensch. Wenn man die Impfgegner zusätzlich strafen will, zeigt das: man glaubt nicht ausreichend an die Theorie, warum die Impfgegner sich irren. Ein Impfregister ist meines Erachtens nicht erforderlich.
Die Deutsche Vereinigung für Datenschutz bietet übrigens ihre Hilfe an für die Gestaltung eines datenschutzgerechten Impfregisters. Ein weiterer Beweis dafür, dass noch kein staatliches Projekt, welcher Art auch immer, am vorher geltenden Datenschutzrecht gescheitert ist.
Ein Gutachten des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages beweist, dass die COVID-19 Impf-Pflicht rechts- und verfassungsgemäß wäre. Es ist schulmäßig ausgeführt und deshalb jedem Liebhaber der Jurisprudenz zu empfehlen.
Ihr solltet auch Experten zu Wort kommen lassen: Das Interview des Tagesspiegel mit dem Charité-Virologen Christian Drosten vom 16. Januar 2022 ist m.E. sehr lesenswert: „Charité-Virologe Drosten im Interview: ‚Wie lange geht diese Quälerei noch weiter?‚ Die Inzidenz ist hoch wie nie. Doch der Coronavirus-Experte Christian Drosten von der Charité Berlin macht Hoffnung: Das Änderungspotenzial von Sars-Cov-2 ist grundsätzlich begrenzt, sagt er.“ Quelle: https://plus.tagesspiegel.de/wissen/charite-virologe-drosten-im-interview-wie-lange-geht-diese-qualerei-noch-weiter-361636.html Meine Empfehlung: Lesen, bevor der Text hinter der Bezahlschranke verschwindet.