Klinikbeschäftigte richten Hilferuf an Spahn: Belegschaftsvertretungen fordern schnellstmöglich bedarfsgerechte Personalvorgaben

Die betrieblichen Interessenvertretungen von insgesamt rund einer halben Million Krankenhausbeschäftigten haben in einem Offenen Brief eindringlich an Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) appelliert, den Krankenhäusern schnellstmöglich bedarfsgerechte Personalvorgaben zu machen. In einem offenen Brief fordern die knapp 180 Betriebs- und Personalräte sowie Mitarbeitervertretungen, ein neues Personalbemessungsinstrument (PPR 2.0) kurzfristig auf den Weg zu bringen. Dieses Instrument zur Personalbemessung in der Krankenhauspflege hatten die Deutsche Krankenhausgesellschaft, der Deutsche Pflegerat und die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) bereits vor über einem Jahr gemeinsam vorgelegt. „Für weitere Verzögerungen gibt es kein Verständnis mehr“, heißt es in dem Schreiben. „Unsere Geduld ist aufgebraucht.“

In der Pandemie dürfte auch dem Letzten klar geworden sein: Es besteht dringender Handlungsbedarf“, erklärte Martin Simon Schwärzel, Vorsitzender des Konzernbetriebsrats der Asklepios Kliniken GmbH & Co. KGaA und einer der Initiatoren des Appells. „Die Beschäftigten der Krankenhäuser geben alles, um die Versorgung in der Corona-Pandemie aufrechtzuerhalten. Doch es macht sich zunehmend Frust breit“, berichtete der Interessenvertreter. „Wir brauchen jetzt das Signal, dass sich die Arbeitsbedingungen kurz- und mittelfristig verbessern. Sonst flüchten noch mehr aus ihrem Beruf – weil sie einfach nicht mehr können.“

Sylvia Bühler, die im ver.di-Bundesvorstand für das Gesundheitswesen zuständig ist, unterstrich den akuten Handlungsdruck. „Die Bundesregierung muss diesen Hilferuf zur Kenntnis nehmen und sofort handeln. Mit der PPR 2.0 liegt ein Instrument zur Personalbemessung vor, das kurzfristig umgesetzt werden kann. Das muss jetzt geschehen.“ Die Gewerkschafterin erklärte, dass die Machbarkeit der PPR 2.0 erwiesen und zwischenzeitlich um Instrumente für die Intensivstationen und die Pädiatrie ergänzt worden sei. In einem zweiten Schritt solle der Gesetzgeber – wie in der Konzertierten Aktion Pflege vereinbart – den Auftrag zur Entwicklung und Erprobung eines wissenschaftlich fundierten Instruments zur Personalbedarfsermittlung erteilen. Darüber seien das Ministerium, ver.di und andere Akteure derzeit im Gespräch. „Die Einführung der PPR 2.0 ist der erste Schritt. Diese Zwischenlösung brauchen wir jetzt. Sie darf nicht mit Verweis auf ein zu entwickelndes, wissenschaftlich fundiertes Instrument auf die lange Bank geschoben werden“, so Bühler.

Der Fachkräftemangel dürfe nicht als Argument gegen verbindliche Personalvorgaben herhalten, betonte die Gewerkschafterin. „Im Gegenteil: Es braucht bessere Arbeitsbedingungen, damit die Beschäftigten nicht länger aus den Krankenhäusern fliehen oder ihre Arbeitszeiten reduzieren, weil sie den Druck nicht mehr aushalten.“ Sie verwies auf eine kürzlich veröffentlichte Studie der Arbeitnehmerkammer Bremen, wonach allein durch die Arbeitszeitaufstockung von Teilzeitkräften deutschlandweit zwischen 92.000 und 170.000 zusätzliche Pflegestellen besetzt werden könnten. „Gute Ausbildungs- und Arbeitsbedingungen und eine angemessene Bezahlung – so können die dringend benötigten Arbeitskräfte in den Krankenhäusern gewonnen und gehalten werden. Die PPR 2.0 ist dafür ein wichtiger Schritt. Jetzt ist die Bundesregierung am Zug.“

Quelle: Pressemitteilung der Gewerkschaft ver.di vom 15.02.2021

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