Am 01.12.1997 verabschiedete der Deutsche Bundestag das Transplantationsgesetz (TPG), um Rechtssicherheit für SpenderInnen, EmpfängerInnen und allen an einer Organspende Beteiligten zu schaffen. § 3 Abs 1 TPG bestimmt: “ Die Entnahme von Organen oder Geweben ist… nur zulässig, wenn 1. der Organ- oder Gewebespender in die Entnahme eingewilligt hatte, 2. …” Damit soll (bei Beachtung der Ausnahmeregelung in § 4 TPG) sicher gestellt werden, dass jeder Mensch auch für den Zeitpunkt nach seinem Tod selbst bestimmen kann, ob seine Organe entnommen und für die Behandlung anderer Menschen genutzt werden dürfen. Eine Organentnahme ohne Zustimmung ist damit – rechtsstaatliches Handeln vorausgesetzt – ausgeschlossen.
Diese Regelung scheint interessierten VertreterInnen der Ärzteschaft ein Dorn im Auge zu sein. Anders lässt es sich nicht erklären, dass sich in kurzem zeitlichen Abstand sowohl die Ärztekammer Westfalen-Lippe als auch die Landesärztekammer Bayern für eine Änderung der einschlägigen Bestimmungen einsetzen.
Mit Beiträgen in der Ausgabe vom 26.01.2018 macht sich auch die Frankfurter Rundschau zum Fürsprecher dieser Position.
In einem Leitartikel unter dem Titel „Die Mehrheit will spenden„ wird die Forderung erhoben: „Bei einer so breiten Zustimmung der Bevölkerung zur Organspende ist es eine logische und überfällige politische Konsequenz, das Transplantationsgesetz radikal umzubauen und endlich eine Form der Widerspruchslösung einzuführen. Danach gilt als Organspender, wer zu Lebzeiten nicht ausdrücklich Nein gesagt hat: Nicht die Mehrheit der Spendewilligen muss aktiv werden, sondern die Minderheit derer, die nicht wollen. Das ist zumutbar und in fast ganz Europa geltendes Recht – in Frankreich, Spanien, Österreich, Kroatien oder Portugal…“
Der von der Frankf. Rundschau interviewte Leiter der Kölner Forschungsstelle für das Recht im Gesundheitswesen, Prof. Dr. Wolfram Höfling, äußert dagegen eine eher zurückhaltende Position. Er wird gefragt: „Einzelne Politiker wie Karl Lauterbach von der SPD fordern als Ausweg aus dem Organspendetief die Einführung der Widerspruchslösung wie in Spanien, wo es wesentlich mehr Spender gibt. Jeder Bürger müsste dann ausdrücklich einer Organspende widersprechen, wenn er sie ablehnt.“ Und antwortet: „Das ist leider nur ein Beispiel für das traurige Niveau der deutschen Debatte. Lauterbach müsste es besser wissen: Spanien hat nicht nur ein zentral organisiertes staatliches Transplantationswesen mit effektiven Werbekampagnen. Dort gilt zudem, dass auch Patienten mit sogenanntem Herztod Organe entnommen werden dürfen. Das ist bei uns verboten.“
Die Anschlussfrage: „Aber was spricht dagegen, die Menschen zu zwingen, sich mit der Organspende zu befassen?“ Und die zweite Antwort: „Verfassungsrechtlich wäre das auf der Grundlage einer wirklich fundierten Aufklärung möglich. Ich warne aber davor. Es würde die Bevölkerung noch weiter verunsichern und zu neuen Widerständen führen. Vor dem Hintergrund unserer Geschichte bestehen große Vorbehalte gegenüber eine staatlichen Verfügungsmacht über den menschlichen Körper…“
Recht hat er! – der Prof. Höfling.
Was nicht vergessen werden sollte: Was von der Frankf. Rundschau als „opt-out“-Regelung in Sachen Organspende gefordert wird – Ich muss für mich ausdrücklich einen Widerspruch formulieren – fordern andere auch im Bezug auf die Nutzung von Gesundheits- und Behandlungsdaten im System der elektronischen Gesundheitskarte (eGk) und der gematik.
Opt-out verträgt sich nicht mit der Selbstbestimmung eines Menschen über sein Leben, weder im Bezug auf die Nutzung seiner Organe nach seinem Tod noch im Bezug über die Nutzung seiner Gesundheits- und Behandlungsdaten zu Lebzeiten.
Organspende ist keine Spende nach dem Tod. Tote Organe kann man nicht mehr verpflanzen. Organspender sind lebende Menschen, die von den Ärzten aufgegeben wurden. Problem: Die Tests, wie „tot“ beispielsweise ein Unfallopfer bereits ist, führen den wirklichen Tod mitunter erst herbei. (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Atemstillstand#Apnoetest_(Hirntoddiagnostik) )