Dr. med. Bernd Hontschik ist ein Chirurg aus Frankfurt, der in der Frankfurter Rundschau unter dem Titel „Dr. Hontschiks Diagnose“ Kolumnen zu Themen rund um das Gesundheitswesen veröffentlicht. In der neuesten Kolumne vom 22.07.2017 unter der Überschrift „Wunschdaten“ beschäftigt sich Dr. Hontschik zum wiederholten Male mit der elektronischen Gesundheitskarte. Ein lesenswerter Beitrag!
„Einige Milliarden Euro sind schon versenkt worden, und immer noch klappt rein gar nichts. Sie sollte 2006 eingeführt werden, ein zweistelliger Millionenbetrag war dafür geplant. Elf Jahre später, drei bis vier Milliarden Euro sind inzwischen ausgegeben, verkündet das Bundesgesunheitsministerium schon wieder, dass der erste Schritt zur Einführung der elektronischen Gesundheitskarte, das sogenannte ‚Versichertenstammdatenmanagment‘, erneut verschoben werden muss. Es stünden die technischen Geräte noch nicht in ausreichender Zahl zur Verfügung…“
Wenn es nur das Geld wäre…
Dr. Hontschik beschäftigt sich auch mit dem nächsten geplanten Schritt, dem sogenannten Stammdatenmanagement. Er schreibt: „Wenn man etwas verschleiern will, muss man unverständliche Worte benutzen. Ein solches Wort ist ‚Versichertenstammdatenmanagement‘. Gemeint ist eine Online-Verbindung zwischen Arztpraxis und Krankenkasse. Bei jedem Arzttermin wird in Zukunft überprüft, ob mit der Krankenversicherung alles in Ordnung ist. Dem Missbrauch soll vorgebeugt werden, heißt es. Jede Arztpraxis wird dadurch sozusagen zu einer Außenstelle der Krankenkasse. Die Krankenkasse weiß auf die Minute und Sekunde genau, wann wer wo in welcher Arztpraxis war…“
Zu den Gefahren, die aus zentral gehorteten Datenbeständen entstehen können, stellt Dr. Hontschik fest: „… die Gefahren, die zentrale Server in ihrer Anfälligkeit für Hacker und andere Kriminelle bieten, werden ausgeblendet. Gerade sind 200.000 komplette Adressdaten der Post frei lesbar im Netz gelandet, gerade ist das Buchungsnetz der Deutschen Bahn außer Funktion gehackt worden, und gerade ist das britische Gesundheitswesen nur knapp dem totalen Zusammenbruch entgangen, nachdem Kriminelle mit einer sogenannten Ransomware, auch Erpressungstrojaner genannt, in die zentralen Computer der Krankenhäuser eingebrochen waren. Es geht nicht abstrakt um irgendeinen Datenschutz, sondern es geht um den Schutz von Menschen, es geht um deren gesundheitliche Daten.“
Der Schlussfolgerung von Dr. Hontschik ist ohne Einschränkung zuzustimmen: „Die derzeitigen Planungen der elektronischen Gesundheitskarte, die gar nichts mit Gesundheit zu tun hat, müssen endlich zu Grabe getragen werden.“