In allen Arztpraxen, die gesetzlich versicherte Patient*innen behandeln dürfen, sind Konnektoren installiert. Alle müssen, wegen auslaufender Zertifikate, demnächst ausgetauscht werden, obwohl sie in 2-3 Jahren durch die Telematik 2.0 überflüssig werden sollen.
Die Konnektoren sind elektronische Bauteile, die die Praxis-Computer der Arztpraxen mit der Telematik-Infrastruktur (TI) verbinden. Über diese TI wird die Gültigkeit aller Elektronischen Gesundheitskarten (EGK) geprüft, mit einem Stammdatenabgleich, über den einmal im Quartal die Daten jeder versicherten Person gegen den Datenbestand bei ihrer Krankenkasse geprüft werden. Da das Pflicht ist, muss jede Arztpraxis und Krankenhausambulanz einen Konnektor haben. Davon gibt es circa 100.000. Der Bau und Vertrieb dieser Konnektoren ist von Anfang an als technisches Monopol angelegt worden, über das sich wenige IT-Firmen eine goldene Nase verdienen. Allen voran die KoCo Connector GmbH in Berlin, die jetzt zur Koblenzer CGM Gruppe gehört. Letztere versorgt die deutschen Arztpraxen mit Praxisverwaltungs-Software, sie ist dafür der größte Anbieter, und ein Haupt-Profiteur der TI.
In den Konnektoren sind Chips verbaut, auf denen Zertifikate gespeichert sind. Die Gültigkeit dieser Zertifikate läuft ab Mitte 2022 ab. Nun soll diese altmodische Architektur ohnehin schnellstens abgelöst werden durch die „TI 2.0“. Es würde also nahe liegen, solange durch eine Software-Änderung das Ablaufdatum der Zertifikate zu ignorieren. Aber wo kämen wir da hin. Das geht gar nicht und wäre total unsicher! So die Gematik, die Betriebsgesellschaft der TI, die die Gesundheits-IT-Industrie wie CGM mit Aufträgen versorgt. Die Gematik wird zu 100 % aus Mitteln der Krankenkassen finanziert und ist zu 51 % im Besitz des Bundesministeriums der Gesundheit. Eine fantastische Abzock-Masche, zur Perfektion weiterentwickelt vom professionellen Lobbyisten Jens Spahn und seinem Kumpan Leyck Dieken.
Deshalb werden ab sofort alle Konnektoren noch einmal ausgetauscht, so das CGM und Co. (es gibt noch zwei andere Hersteller) damit richtig Geld verdienen. Sehr gut dargestellt ist der ganze Hergang in diesem Artikel der Industriepostille „EHealthCom“.
Selbstverständlich laufen nun die Ärzteverbände Sturm, da die Ärzt*innen die Kosten, einige tausend EUR pro Arztpraxis, nicht selbst bezahlen wollen. Man kann sicher davon ausgehen, dass sie sich durchsetzen. Schließlich wurde auch ihre Erstausstattung mit Konnektoren ausschließlich von den Krankenkassen bezahlt. Daher werden die Krankenkassen erneut viele Millionen aus unseren Versicherungsbeiträgen für diesen Tausch berappen.
Das ist nichts Besonderes in diesem Projekt. Zum Beispiel wird jetzt schon die vierte Generation der EGK ausgegeben, mit Near Field Communication (NFC), die viele Konnektoren zum Absturz bringt. Der Stammdatenabgleich funktioniert genauso gut auch mit der ersten Generation der EGK, die ab 2005 ausgegeben wurde. Aber die Vierte-Generation-EGK ist natürlich schon fit für fantastische neue Anwendungen, wie Gesundheitsakten, E-Rezepte usw., die schon seit 2006 alle funktionieren sollten, es aber nicht tun, und deren Einführung ein ums andere Mal verschoben wurde.
Über diese Abzock-Masche der Gesundheits-IT-Industrie sind seit 2004 bereits hunderte Millionen von Versichertengeldern, die eigentlich dazu dienen sollten, uns gesund zu machen, an IT-Unternehmen wie CGM umverteilt worden. Nach dem System der deutschen Gesetzlichen Krankenversicherung wären die Gewerkschaften dafür zuständig, das zu stoppen. Denn sie sind über die Selbstverwaltung der Krankenkassen als Interessenvertretung der Versicherten mandatiert.
Das Problem ist noch größer (und noch teurer) wie dargestellt.
„Weil ihre Sicherheitszertifikate ablaufen, müssen bis Ende 2024 knapp 130.000 Konnektoren in Arztpraxen, Apotheken und Krankenhäusern ausgetauscht werden. Der aufwendige Wechsel sei nötig, obwohl die Geräte ab 2026 sowieso überflüssig und durch Software ersetzt werden sollen“ schreibt der Szenekenner und Journalist Detlef Borchers in der c’t 9/2022.
Bis Ende dieses Jahres müssen danach rund 15.000 Konnektoren ersetzt werden, im Jahr 2023 sind es 58.000 und im Jahre 2024 insgesamt 55.000 Geräte.