KBV reagiert auf Kritik an der Telematik-Infrastruktur – nur mit Worten

Der massive Widerstand unter Ärzt*innen gegen die Telematik-Infrastruktur (insbesondere gegen Bestellung und Einbau der Konnektoren) zeigt auch Wirkung in der Spitze der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV). Das macht der Bericht von Dr. Thomas Kriedel, Mitglied des Vorstands der KBV, an die Vertreterversammlung der KBV am 27.05.2019 deutlich.

Dr. Kriedel stellt eingangs zu Recht „eine große Besorgnis“ fest, die unsere Mitglieder derzeit umtreibt: die Installation der Telematikinfrastruktur (TI) in den Praxen“. Aber schon im nächsten Satz beginnt er abzuwiegeln: „Wir haben zur Kenntnis genommen,dass es in manchen Fällen Probleme gab beim Anschluss der TI-Komponenten. Genaue Zahlen liegen uns darüber bisher nicht vor.“ Würden sich die KBV und die Kassenärztlichen Landesvereinigungen darauf konzentrieren, bei den Mitgliedern ihrer Körperschaften präzise Umfragen zum Umfang der Probleme zu starten statt – wie die Kassenärztliche Vereinigung Hessen (KVH) – mit Drohungen und Beschimpfungen von Telematik-Kritiker*innen zu reagieren, dann hätte Dr. Kriedel genauere Zahlen nennen können.

Er macht drei Ebenen von Problemlagen aus:

  • Die erste Ebene betrifft den Konnektor und den darüber laufende Anschluss an die TI. Hier liegt die Verantwortung eindeutig bei der gematik und den Herstellern der TI-Komponenten. Letztere sind über ihre Dienstleister vor Ort selbstverständlich auch für die korrekte und sichere Installation und Konfiguration zuständig.“
  • „… zweiten Verantwortungsebene im Bereich der TI: Sie betrifft die Anforderungen aus der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO). Die in der DSGVO vorgesehene Datenschutzfolgeabschätzung muss auch in Bezug auf die zentrale TI und deren Dienste geleistet werden. Hierbei sind wir der klaren Auffassung, dass der Arzt für diese Folgeabschätzung nicht zuständig ist…Schon vor einem Jahr haben die Bundesdatenschützer gefordert, dass die gematik erklärt, wer für die Datenschutzfolgeabschätzung in der TI verantwortlich ist… Meine klare Erwartung ist, dass die gematik selbst die Datenschutzfolgeabschätzung vornehmen oder beauftragen muss. Damit läge auch die Verantwortung für Datenschutzprobleme bei ihr.“
  • „… die dritte Verantwortungsebene. Sie betrifft die allgemeine IT-Sicherheit in der Praxis und die ordnungsgemäße Verwendung der genutzten IT-Produkte. Beispiele wären hier ein geschützter Internetzugang der Praxis, das regelmäßige Update vonSoftware und ein Passwortmanagement. Für diese Ebene sind die Ärzte und Psychotherapeuten selbst zuständig…“

So richtig diese Problembeschreibung in ihrer Allgemeinheit ist – was fehlt, sind Forderungen an Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU)

  • zumindest ein Moratorium bei der Einführung der Telematik-Infrastruktur in den Praxen zu beschließen, um die bekannt gewordenen Probleme mit dem Anschluss der Konnektoren gründlich zu untersuchen;
  • Abstand zu nehmen von den Plänen, Telematik-Kritiker*innen noch stärker finanziell zu maßregeln;
  • nicht durch immer neue Gesetzesvorhaben, mit der er ausschließlich die IT-Gesundheitsindustrie fördert, den Schutz von Gesundheits- und Behandlungsdaten von Millionen von Menschen zu gefährden und
  • die Gesundheits- und Behandlungsdaten von Millionen von Menschen nicht durch Aufweichung datenschutzrechtlicher Regelungen der Pharmaindustrie und den mit ihnen zusammenarbeitenden privaten und öffentlich-rechtlichen Forschungseinrichtungen zu übereignen.

Stattdessen bleibt Dr. Kriedel hier eher allgemein, unbestimmt und lau, wenn er feststellt: „Die Rechtslage ist eindeutig und die KVen werden sanktionieren müssen. Im Entwurf für das Digitale-Versorgung-Gesetz sind für 2020 Honorarabzüge von nun 2,5 Prozent angekündigt. Mein Eindruck ist, dass der Minister hier bewusst auf Stärke setzt. Ich möchte die Sinnhaftigkeit eines solchen Vorgehens nicht weiter kommentieren. Aber ich möchte einen Hinweis geben: Über die TI wird künftig ein großer Teil der Prozesse laufen, die abrechnungs-und versorgungsrelevant sind, zum Beispiel das elektronische Rezept oder die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung. Wer sich bewusst der TI verweigert, verweigert sich einem elementaren Werkzeug der künftigen Versorgung…“

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