Die zweite Phase der Umfrage “Erfahrungen als Versicherte/r ohne eGK mit Krankenkassen und Ärzt/inn/en” wurde zum 30. April beendet. Über die Monate Mai und Juni führen wir den dritten und letzten Teil der Umfrage durch.
Ergebnisse der Umfrage von März/April
Vorbemerkung
Diese Umfrage ist nicht repräsentativ, weil keine zufällig ausgewähle Stichprobe von gesetzlich Krankenversicherten ohne eGK befragt wurde.
„Patient“, „Versicherter“, „Arzt“ usw. meint hier immer alle Geschlechter. Da wir ohnehin nicht wissen, wer den Fragebogen ausgefüllt hat, verwenden wir der besseren Lesbarkeit halber durchgehend die kürzere männliche Form.
Teilnehmerzahl
Die Umfrage in den Monaten März und April ergab 109 auswertbare Fragebögen. (Weitere 53 Datensätze wurden nicht in die Auswertung einbezogen, weil die Bearbeitung abgebrochen worden war ohne inhaltliche Aussagen zu machen.) Von den 109 Teilnehmern gaben 30 an, bereits im Februar an der ersten Version der Umfrage teilgenommen zu haben.
Verhalten der Krankenkassen insgesamt
Zum Verhalten der Krankenkasse machten vier Teilnehmer keine Aussagen, so dass 105 auswertbare Antworten übrig blieben.
Von denjenigen, die die Frage beantworteten, hatte etwa ein Viertel Quartalsnachweise erhalten, davon wiederum mehr als zwei Drittel problemlos. Ungefähr ein Drittel der Teilnehmer bekam Tagesnachweise zugesendet – in über der Hälfte der Fälle ohne Schwierigkeiten. In ca. ein Sechstel der Fälle faxte die Krankenkasse den Nachweis in die Arztpraxis, jeweils zur Hälfte ohne Probleme, zur Hälfte nur auf Nachdruck. Etwa einem Viertel verweigerte die Krankenkasse jeglichen Nachweis.
Verhalten einzelner Krankenkassen
AOK
Bei den Allgemeinen Ortskrankenkassen waren 14 Umfrageteilnehmer versichert. Von diesen machte einer keine Angaben zum Verhalten der Krankenkasse, so dass 13 auswertbare Antworten verblieben.
Sieben AOK-Mitgliedern wurde der Nachweis verweigert. Von den übrigen gaben drei an, Quartalsnachweise erhalten zu haben, weitere drei bekamen Tagesnachweise zugesendet oder in die Arztpraxis gefaxt. (Diese Fallzahlen sind zu gering, um Aussagen darüber zu machen, wie häufig dazu durchschnittlich Nachdruck erforderlich war.)
Barmer GEK
19 Teilnehmer waren Versicherte der Barmer GEK.
Sechs von ihnen erhielten Quartalsnachweise, meist problemlos. In acht Fällen sendete die Barmer GEK den Versicherten Tagesnachweise zu, in der Hälfte der Fälle war dazu Nachdruck erforderlich. Zwei weitere Teilnehmer kreuzten an, die Barmer GEK habe ihre Tagesnachweise auf Nachdruck in die Arztpraxis gefaxt. Drei Versicherten wurde jeglicher Nachweis verweigert.
BKK
19 Umfrageteilnehmer waren Mitglied einer Betriebskrankenkasse, davon machten drei allerdings keine Angaben zum Verhalten der Krankenkasse. In den verbleibenden 16 auswertbaren Fällen wurden zehn Versicherte (verschiedener BKK) mit einem Quartalsnachweis ausgestattet, davon acht problemlos. In drei Fällen faxte die Krankenkasse einen Tagesnachweis in die Arztpraxis, in drei weiteren verweigerte sie jeglichen Nachweis.
(Da es pro BKK jeweils maximal zwei Nennungen gab, reicht die Datengrundlage für eine Auswertung nach einzelnen BKK nicht aus.)
DAK
Für die DAK nahmen 13 Versicherte an der Umfrage teil. Einem davon gelang es, einen quartalsweise gültigen Nachweis zu ergattern. Vier DAK-Mitglieder bekamen Tagesnachweise zugesendet, zwei davon ohne Probleme. In weiteren drei Fällen faxte die Krankenkasse einen Tagesnachweis in die Arztpraxis. Fünf Versicherten verweigerte die DAK jeglichen Nachweis.
IKK
12 Umfrageteilnehmer waren bei einer Innungskrankenkasse versichert. Der Hälfte davon wurde jeglicher Nachweis verweigert. Ein IKK-Mitglied gelangte mit Nachdruck in den Besitz eines Quartalsnachweises. Vier IKK-Versicherte bekamen auf Nachdruck einen Tagesnachweis zugesendet, in einem weiteren Fall faxte die Krankenkasse eine Tagesnachweis in die Arztpraxis.
Für eine realistische Auswertung nach Krankenkasse sind die Fallzahlen für einzelne IKK zu gering. Andeutungsweise ist bei der IKK Classic eine Neigung zur Verweigerung erkennbar (3 von 4 Fällen) und bei der BIG direkt eine Tendenz zum Tagesnachweis (3 von 3 Fällen).
TK
28 Mitglieder der Techniker Krankenkasse beteiligten sich an der Umfrage. Drei davon erhielten ohne Probleme einen Quartalsnachweis. Die Hälfte aller teilnehmenden TK-Mitglieder bekam problemlos einen Tagesnachweis zugesendet, weitere drei Versicherte erst auf Nachdruck. In sechs Fällen faxte die Krankenkassen einen Tagesnachweis in die Arztpraxis (überwiegend problemlos). Zwei TK-Mitgliedern wurde jeglicher Nachweis verweigert.
Sonstige Krankenkassen
4 Umfrageteilnehmer waren bei anderen als den bereits erwähnten Krankenkassen versichert. Sie erhielten Quartals- oder Tagesnachweise. Die Datengrundlage reicht hier allerdings nicht aus, um Aussagen über einzelne Krankenkassen treffen zu können.
Erfahrungsberichte zu Krankenkassen
Die Umfrage enthielt ein Freitextfeld, in dem die Teilnehmer ihre Erfahrungen mit eigenen Worten schildern konnten. Diese geben wir hier zusammenfassend wieder. Zur Veranschaulichung zitieren wir aus einzelnen Berichten, für deren Wiedergabe wir die Genehmigung der Autoren erhalten haben.
Die am häufigsten genannte Erfahrung von eGK-Verweigerern im Umgang mit Krankenkassen ist, dass die Krankenkasse sich weigert, einen Nachweis auszustellen, solange man kein Foto einreicht oder die eGK beantragt. Auch in den Fällen, in denen die Krankenkasse den gewünschten Nachweis ausstellt, wird häufig die Einreichung des Fotos angemahnt.
Ebenfalls sehr häufig berichteten Umfrageteilnehmer, dass die Aussagen der Krankenkassenmitarbeiter sehr unterschiedlich und zum Teil widersprüchlich sind. Ein Versicherter teilte beispielsweise mit: „Ich bekomme den Nachweis […] nur über das Callcenter, während die Mitarbeiter der Geschäftsstelle sagen, ohne eGK hätte ich kein Anrecht auf den Nachweis.“ Ein anderer schrieb: „KK macht verwirrende/sich widersprechende Angaben. Jeder Mitarbeiter der Hotline erzählt etwas anderes. Dies kann von Patienten/Mitgliedern der KK kaum nachgeprüft werden. Ziel ist wohl JEDEN zu der eKarte zu zwingen bzw. durch nervtötende/unwürdige Bittgesuche die Mitglieder zur Abgabe der Fotos und Akzeptanz der eKarte zu zwingen.“
Gelegentlich kommt es auch vor, dass Krankenkassenmitarbeiter schlecht informiert oder von eGK-Gegnern genervt sind. Einzelne scheinen aber auch die eGK bzw. die Vorgaben ihres Arbeitgebers skeptisch zu betrachten. Ein Umfrageteilnehmer fasste das folgendermaßen zusammen: „Mitarbeiter wirken frustriert, bekommen viel Ärger ab der Versicherten, dadurch hohe Krankheitsbelastung, können die Vorgaben von oben auch nicht nachvollziehen.“ (Anmerkung: Trotz der emotional belastenden Thematik sollten Sie im Gespräch mit Krankenkassenmitarbeitern zwar beharrlich, aber stets höflich und sachlich zu bleiben. Die Chancen, doch noch zu einer Einigung zu kommen, sind so am größten.)
Ein weiterer Umfrageteilnehmer notierte: „Das Personal der Krankenkasse ist gespalten in indifferente Mitläufer a la „Das ist halt jetzt Gesetz“ und „Ich kann verstehen, dass Sie sich sträuben, mir ist auch nicht wohl dabei“-Leuten, die das grundlegende Problem verstehen (also das Hauptproblem, nicht dass es nur eins gäbe).“
Relativ häufig wurde berichtet, dass die Krankenkasse nicht reagierte, die Ausstellung eines Nachweises verzögerte oder angekündigte Nachweise schließlich doch nicht zusendete bzw. an die Arztpraxis faxte. Dies kann Arztbesuche sehr umständlich gestalten, wie z.B. im folgenden Fall:
„Die Einfälle des Hinhaltens seitens der TK nehmen zu: Sachbearbeiter/in a kenne sich nicht aus – man muss dann in der Tel.-leitung warten – zweite/r Sachbearbeiter/in will einen in Gespräch verwickeln, läßt sich ausgiebig erklären, was man will und warum, weitere Nachfragen, ständiges „Bitten-Müssen“ unsererseits erforderlich. Dann erhält man nun auch einen unangemeldeten Rückruf zu diesem Thema von (Rang?) einer männlichen, offensichlich gut geschulten, bewusst freundlichen und bewusst geduldigen Stimme…. Für unser Kind wurde uns jetzt einfach eine neue eGK zugesandt, obwohl wir diese abgelehnt hatten. Beim letzten Arztbesuch war zuerst die Einzelfallbestätigung noch nicht in die Praxis gefaxt worden, daher wurde ein neuer Anruf durch uns von der Arztpraxis aus notwendig vor Behandlung!). Sachbearbeiter/in meinte, ja, sie sehe, dass eine Bestätigung angefordert wurde, sie könne sich im Moment nicht erklären, weshalb diese noch nicht herausgefaxt worden sei. Nochmaliger Faxnummernabgleich, diesmal mit Anschriftabgleich der Praxis u.u.u. und nochmalige Bitte, die Bestätigung in die Praxis zu faxen war notwendig. Dann endlich nach weiteren 10 Minuten war die Bestätigung da und wir wurden ins Behandlungszimmer weitergeleitet (Kinderarzt). Obwohl mir von o.g. männlicher Stimme erklärt wurde, dass die TKK für Kinder bis 15 Jahren eine quartalsweise Bestätigung ausstellen könne und uns diese, nach eigener Aussage, per Brief zukommen lassen wollte, kam diese für keins unserer Kinder je bei uns an. Dafür aber die neue Versichertenkarte für eines der Kinder.“
Einige Krankenkassen vertraten die Ansicht, dass sie Nachweise nicht im Vorhinein ausstellen dürfen. Sie sendeten sie daher nur nach der Behandlung zu oder faxten sie höchstens direkt zum Termin in die Praxis.
Durch kreative Gültigkeitsbeschränkungen fiel vor allem die Barmer GEK auf: Sie vergab als (soweit uns bekannt) einzige Krankenkasse Nachweise für ein oder zwei Wochen. Auch berichtete ein Barmer GEK-Mitglied von einem Quartalsnachweis, der nur für eine bestimmte Arztpraxis galt.
Anfragen nach Nachweisen, die länger als einen Tag gültig sind, werden von den Krankenkassen oft abschlägig beschieden. Ein Versicherter berichtete z.B.:
„Die TK schrieb mir auf Anfrage, die 4 Wochen lang gültige Ersatzbescheinigung könne laut BMV-Ä nur in Einzelfällen ausgestellt werden, bei Diebstahl oder Verlust einer (grundsätzlich aber vorhandenen) Karte. Ein Leistungsanspruch bestehe für mich aber selbstverständlich weiter. Ich könne für Behandlungen eine Einzelfallbestätigung telefonisch anfordern, den ich innerhalb 10 Tagen dem Arzt vorlegen könne. Dieses Verfahren sei „für Versicherte ohne gültigen Versicherungsausweis“ und sei „den gesetzlichen Krankenkassen vom GKV-SV empfohlen“ worden, „damit Versicherte keine Privatrechnung vom Arzt erhalten“. Alle längerfristigen Bescheinigungen könnten sie für mich nicht ausstellen, weil dies der Vereinbarung des aktuellen BMV-Ä nicht entspräche. – Mir wurde teils am Telefon wahlweise das Fax an mich oder die Praxis angeboten.“
In einigen Fällen teilte die Krankenkasse mit, dass sie die Bescheinigung nur ausnahmsweise oder letztmalig ausstelle. In Einzelfällen erklärten Krankenkassen kategorisch, 2015 sei eine Behandlung ohne eGK nicht mehr möglich.
Nachfragen von Versicherten zur rechtlichen Grundlage scheinen überwiegend unbeantwortet zu bleiben, ebenso Nachfragen zu Datenschutz und Datensicherheit von eGK und Telematikinfrastruktur: „[erg.: Die Krankenkasse] antwortet nicht auf Schreiben, die die Bedenken zur Sicherheit und dem Datenschutz der eGK thematisieren und sitzt das Thema aus“.
Gelegentlich wurden kritische Versicherte auf ihre „Mitwirkungspflicht“ oder auf das Urteil des Bundessozialgerichts vom 18. November 2014 hingewiesen, das die Rechtmäßigkeit der eGK belege.
Einig scheinen sich die Krankenkassen darin zu sein, dass sie keine eGK ohne Foto ausstellen, auch nicht bei Angabe religiöser Gründe. Ein Umfrageteilnehmer schrieb hierzu: „Auf meine Bitte, mir eine Karte ohne Bild zukommen zu lassen, wurde mir geantwortet ich solle meine Gründe schriftlich darlegen. Ein Fax an die örtliche Niederlassung meiner Krankenkasse ging am selben Abend raus.“ In seiner Begründung berief sich der Versicherte auf §291 Abs. 2 Satz 1 SGB V, der für Menschen, die aus weltanschaulichen Gründen an der Erstellung eines Lichtbilds nicht mitwirken können, eine Karte ohne Lichtbild vorsieht. Im weiteren Verlauf fragte er mehrmals nach dem Bearbeitungsstand und erkundigte sich nach den rechtlichen Grundlagen für die Befristung von Ersatzbescheinigungen auf einen Tag. Die Mitarbeiter der Krankenkasse waren überfragt und kündigten einen Rückruf der Rechtsabteilung an. Diese teilte dann mit, dass sie mit dem Versicherten ausschließlich schriftlich kommunizieren würde. Auf die angekündigte schriftliche Stellungnahme wartete der Betreffende zur Zeit der Umfrageteilnahme noch.
Mehrere Umfrageteilnehmer erwähnten, dass ihnen mit Privatrechnungen gedroht worden sei. Umgesetzt hatten die Krankenkassen ihre Drohung (zumindest bis zum Zeitpunkt der Umfrageteilnahme) nicht. Einen weiteren Fall schilderte ein Versicherter folgendermaßen: „Die Krankenkasse hat mich direkt vor der Behandlung zu der „Wahl“ des Kostenerstattungsverfahrens gedrängt, da ich sonst keinerlei Anspruch auf Versicherungsleistung hätte und die Behandlung privat zahlen müsse.“
In einem Fall drohte die Krankenkasse mit einer Art Strafgebühr: „Bisher hatte es problemlos geklappt, den Abrechnungsschein für einen Monat direkt in die Praxis zu faxen. Bisher hatte ich immer gesagt, das hätte mit dem Bild noch nicht geklappt. Kürzlich hatte ich am Telefon angedeutet, dass dies mit Datenschutzbedenken zu tun hat, daraufhin haben sie angedroht, dass der Nachweis zukünftig jeweils 15€ kosten würde und sie ihn nur dann zusenden dürften, wenn ich direkt in der Praxis stehe, also unmittelbar vor dem Termin.“
(Anmerkung: Wie die Krankenkasse auf diesen Betrag kommt, ist nicht nachvollziehbar. In Gröhes Entwurf zum eHealth-Gesetz ist die Rede davon, künftig die Gebühr, die der Ersatz einer verlorenen Versichertenkarte kostet (5 Euro), immer auch dann zu verlangen, wenn jemand eine Ersatzbescheinigung verlangt, dem aus „vom Versicherten
verschuldeten Gründen“ keine eGK ausgestellt werden konnte. Dies wäre sozusagen eine Strafgebühr für eGK-Verweigerer. Das eHealth-Gesetz ist jedoch noch nicht in Kraft. Bei derartigen Äußerungen einer Krankenkasse sollte der betroffene Versicherte die schriftliche Mitteilung der Rechtsgrundlage verlangen.)
Aufgrund der geschilderten Schwierigkeiten hatten einzelne Versicherte einen Wechsel der Krankenversicherung erwogen oder Ihrer Krankenkasse bereits gekündigt. Zwei Versicherte erwähnten, dass sie bei ihrer Krankenkasse Widerspruch gegen die eGK eingelegt hätten. Zwei weitere hatten beim Sozialgericht eine einstweilige Verfügung („Eilantrag“) beantragt, in einem Fall ohne Erfolg, im anderen Fall lag zum Zeitpunkt der Umfrageteilnahme noch keine Entscheidung vor. Ein Umfrageteilnehmer notierte, dass er ein gerichtliches Klageverfahren gegen die eGK führe, ein weiterer, dass er eine Klage erwäge.
Verhalten der Ärzte/Leistungserbringer im Durchschnitt
Die 109 Umfrageteilnehmer gaben insgesamt 187 Bewertungen („problemlos“, „mit Nachdruck“, „verweigert“) für die Leistungserbringer (Haus-, Fach-, Zahnärzte, Krankenhäuser und Psychotherapeuten) ab. Über alle Sparten gerechnet wurden im Durchschnitt 58% aller Fälle problemlos behandelt, 27% auf Nachdruck und 15% gar nicht.
Verhalten der Ärzte/Leistungserbringer nach Sparten
Hausärzte
Von den 69 bewerteten Hausarztkontakten verliefen 62% problemlos, 28% erforderten Nachdruck, 10% endeten ohne Behandlung.
Zahnärzte
Für Zahnärzte gaben die Umfragteilnehmer 41 Bewertungen ab. In 63% der Fälle gab es keine Probleme. 17% der Zahnärzte behandelten auf Nachdruck, 10% lehnten die Behandlung ab.
Fachärzte
Von 58 bewerteten Fachärzten akzeptierten 43% Patienten ohne eGK problemlos. 31% ließen sich mit Nachdruck dazu bewegen, den Versicherten zu behandeln. 16 % wiesen den Patienten ab.
Krankenhäuser
Für Krankenhäuser liegen uns nur 10 Bewertungen vor, daher ist die Auswertung wenig aussagekräftig. Von den Umfrageteilnehmern, die eine stationäre Behandlung benötigten, wurden 80% ohne Probleme in Krankenhaus aufgenommen, 20% mit Nachdruck. Abgewiesen wurde keiner der Umfrageteilnehmer.
Psychotherapeuten
Für Psychotherapeuten wurden lediglich 9 Bewertungen abgegeben, so dass die Auswertung kaum Aussagekraft hat. In zwei Drittel der Fälle erfolgte die Therapie problemlos, in einem weiteren Drittel wurde sie verweigert. Durch Nachdruck umstimmen ließ sich (in den berichteten Fällen) kein einziger Therapeut.
Führung von Patientenakten auf Papier
Sieben Umfrageteilnehmer hatten ihrem Arzt gegenüber den Wunsch geäußert, dass er ihre Patientenakte auf Papier führen möge. In 23 Fällen führten die Ärzte tatsächlich Papierakten. Allerdings: nur in zwei Fällen stimmten Wunsch und Realität überein, d.h. meist führten Ärzte, die darauf angesprochen wurden, keine Papierakten, anderen führen Papierakten, ohne dass sie darum gebeten worden waren. (Ob es sich bei Letzteren um eher altmodische oder besonders datenschutzbewusste Mediziner handelt, ist den Umfrageergebnissen nicht zu entnehmen.) 14 Umfrageteilnehmer hatten ihren Ärzten eine andere Form der Datenschutzanweisung gegeben, indem sie sie z.B. baten, ihre Patientenakte nur auf einem Rechner ohne Anschluss an das Internet bzw. die Telematikinfrastruktur zu führen, oder die „Patientenverfügung“ der Initiative Stoppt-die-eCard vorlegten.
Erfahrungsberichte zu den Ärzten
Die Umfrage enthielt ein Freitextfeld, in dem die Teilnehmer ihre Erfahrungen mit eigenen Worten schildern konnten. Diese geben wir hier zusammenfassend wieder. Zur Veranschaulichung zitieren wir aus einzelnen Berichten, für deren Wiedergabe wir die Genehmigung der Autoren erhalten haben.
Am häufigsten berichteten Umfrageteilnehmer, dass die Arztpraxis darauf bestand, dass sie die eGK nachreichen. Ein Versicherter schrieb hierzu beispielsweise: „Mein Hausarzt und meine Zahnarztpraxis behandelten mich trotz datumsbezogenem papiergebundenem Versicherungsnachweis im Januar 2015 nur mit der Zusage, dass ich bis zum Ende des Quartals die dann vorliegende eGK nachreiche.“
In einzelnen Fällen wurde sogar eine Kaution von 20 bis 30 Euro für das Nachreichen der eGK einbehalten. (Anmerkung/Update 21.05.2015: Für die Erhebung einer derartigen Kaution gibt es nach unserer Kenntnis keine Rechtsgrundlage.)
Noch teuerer wurde es im folgenden Fall: „Behandlung beim zahnärztlichen Notdienst nur gegen Kaution von 150,- Euro. [Die] Zahnarzthelferin erzählte von einem Schreiben der Krankenkassen, in dem der Praxis mitgeteilt wurde, dass Versicherte ohne eGK keinen Versicherungsschutz mehr haben.“
(Anmerkung: Dass Versicherte ohne eGK keinen Versicherungsschutz haben, ist natürlich falsch. Sie haben genau den gleichen Leistungsanspruch wie Versicherte mit eGK, allerdings haben sie es etwas schwerer, ihren Anspruch nachzuweisen und durchzusetzen.
An dieser Stelle muss auf die unterschiedlichen Abrechnungsregelungen von Ärzten und Zahnärzten hingewiesen werden: Ärzte dürfen erst dann eine Privatrechung stellen, wenn innerhalb von 10 Tagen nach der Behandlung kein Anspruchsnachweis (Papiernachweis oder eGK) vorgelegt wurde. Wenn mehr als 10 Tage, aber noch vor Ende des Quartals ein Anspruchsnachweis nachgereicht wird, zahlt die Krankenkasse und der Arzt muss die privat bezahlte Rechnung zurückerstatten. Die Kassenärztlichen Vereinigungen empfehlen daher ihren Mitgliedern, mit der Ausstellung von Privatrechnungen bis zum Quartalsende zu warten, um den Aufwand für eventuelle Rücküberweisungen zu vermeiden. Zahnärzte hingegen dürfen bei fehlendem Anspruchsnachweis sofort eine Privatrechung ausstellen, die zurückgezahlt werden muss, wenn der Versicherte innerhalb von zehn Tagen einen Anspruchsnachweis vorlegt.)
Mehreren Umfrageteilnehmern wurde eine private Abrechnung angekündigt. Tatsächlich eine Privatrechnung erhalten hatten bis zum Zeitpunkt ihrer Umfrageteilnahme jedoch nur zwei Versicherte – in beiden Fällen liess sich das Problem im Gespräch mit dem Arzt klären.
Praxispersonal und Ärzte beklagten häufig die zusätzliche Arbeit, die ihnen das Verfahren mit Papierbescheinigungen verursacht. Nur wenige Umfrageteilnehmer berichteten, dass das Praxispersonal deswegen unfreundlich wurde. Mehrere Ärzte äußerten sich skeptisch über die eGK oder interessierten sich für die Beweggründe der eGK-Verweigerer.
In vielen Fällen war das Praxispersonal unsicher und/oder schlecht informiert, seltener war auch der Arzt fehlinformiert. Versicherte ohne eGK wurden des Öfteren mit der Aussage konfrontiert, seit 2015 gelte nur noch die eGK. Dabei wurde oft auf das gleichlautende Plakat der Kassenärztlichen Bundesvereinigung verwiesen, das anscheinend in vielen Wartezimmern aushängt. In Einzelfällen wurden Patienten ohne eGK abgewiesen, obwohl sie akute Beschwerden hatten.
Oft wird der Versicherungsnachweis vor der Behandlung verlangt. Dies entspricht zwar den geltenden gesetzlichen Vorschriften, nach denen der Anspruchsnachweis grundsätzlich vor der Behandlung vorzulegen ist und nur in dringenden Fällen nachgericht werden darf (siehe §15 SGB V), ist jedoch nicht vereinbar mit der Verfahrensweise einiger Krankenkassen, die Papiernachweise grundsätzlich nur nach der Behandlung ausstellen. In mehreren Fällen wurden deswegen Behandlungen bis zur Vorlage der Bescheinigung verschoben oder ganz verweigert.
Einige Praxismitarbeiter vertreten die Ansicht, mit einem papiergebundenen Anspruchsnachweis sei Abrechnung nicht möglich, sehr wenige konstatierten (korrekterweise), dass die Grundlage für die Abrechnung der Arztpraxis mit der Krankenkasse allein die neue Versichertennummer ist. (Anmerkung: Diese Versichertenummer beginnt mit einem Buchstaben und ist sowohl auf der eGK als auch auf einem ordnungsgemäßen Papiernachweis aufgedruckt.) Ein wenig skurril wirkt vor diesem Hintergrund folgendes Erlebnis eines Umfrageteilnehmers: „In der Augenarzt-Praxis eröffnete man mir, daß man mit dem gefaxten Schein nicht abrechnen könne. Ich möge bitte bei der KK ein Original beantragen und vorbeibringen…“
Mehrere Umfrageteilnehmer erwähnten, dass die manuelle Eingabe der neuen Versichertennummer in vielen Praxisinformationssystemen umständlich und nur an versteckter Stelle möglich ist. Überdies scheinen bei vielen (oder allen?) Praxisinformationssystemen ohne Einlesen der eGK keine Kassenrezepte ausgedruckt werden zu können. Dazu berichteten Umfrageteilnehmer: „Der Arzt konnte mit dem System trotz Ersatzbescheinigung kein Rezept ausstellen und beharrte auf einer Privatrechnung, wenn nicht bis 31.03. eine eGK vorgelegt werde.“ und: „Auch Ärzte wurden und werden dermaßen unter Druck gesetzt, daß die Arzthelferinnen letztlich die Leidtragenden sind … zusätzlich Modifikation der Praxis-Software mit erweiterten Einschränkungen für eGK-Verweigerer.“
Dazu muss man wissen: Die Software für Arztpraxen wird durch die Kassenärztliche Bundesvereinigung zertifiziert. Dieser ist also zumindest bekannt, dass Teile der Software, wie z.B. für die Rezepterstellung ohne eGK nur eingeschränkt oder gar nicht funktionsfähig sind.
Auch die Kassenärztlichen Vereinigungen der Länder scheinen laut Mitteilungen von Umfrageteilnehmern daran zu arbeiten, eGK-kritischen Krankenversicherten das Leben zu erschweren. Dazu hier ein paar Auszüge aus den Erfahrungsberichten:
„Als neuer Patient mußte ich die erste Behandlung privat bezahlen, sonst wäre ich nicht zum Arzt vorgelassen worden. Es wurde auf das ausgehängte Schild verwiesen, daß ohne Versichertenkarte keine Behandlung erfolgt. Der Arzt selbst war offen für meine datenschutzkritische Haltung. Beim nächsten Termin half der Praxis ein Anruf bei der Krankenkasse, die einen Abrechnungsschein zufaxte. Das Problem liegt anscheinend bei der KV.“
„Ein Hausarzt weigerte sich schlicht mich ohne eGK zu behandeln und berief sich auf eine interne Anweisung der Kassenärztlichen Verrechnungsstelle. Die Hautärzte in meiner Stadt sind bis auf eine Ausnahme bereits bei der Praxisgebühr sozialdarwinistisch aufgefallen, indem sie mich ohne 10€ nicht behandelt hatten (Interessanteste Aussage: Es gäbe keine hautärztlichen Notfälle und daher auch keine Verpflichtung jemanden ohne Praxisgebühr zu behandeln. Diese Haltung hat sich nicht geändert, eine Behandlung bei einem dieser Hautärzte war erst nach längerer Diskussion möglich. Berufen haben sie sich ebenfalls auf die Kassenärztliche Vereinigung.“
Einem Versicherten war trotz Schmerzen, vereinbartem Termin und ordnungsgemäßem Anspruchsnachweis die Behandlung verweigert worden – „Aussage des Praxispersonals: Ich sollte mich bei der KV beschweren, denn die KV hätte der Praxis schriftlich mitgeteilt, dass sie keine Patienten mit „Bescheinigungen“ mehr annehmen darf. Bei der KV war telefonisch kein zuständiger Mitarbeiter zu erreichen.“
Sonstiges
Ein Umfrageteilnehmer wies außerdem darauf hin, dass es seit dem neuen Personalausweisgesetz von 2009 verboten ist, den Personalausweis kopieren zu lassen. Ausnahmen gibt es nur für Telekommunikationsunternehmen und Banken, bei denen der Ausweisinhaber einen Telekommunikationsdienst buchen oder ein Konto eröffnen möchte – keinesfalls aber für Arztpraxen.
Der Umfrageteilnehmer schrieb hierzu: „Desweiteren wollte man eine Kopie des Personalausweises von mir, die ich verweigert habe, da das Kopieren lt. Datenschutzbeauftragten verboten ist. https://www.datenschutzbeauftragter-info.de/nicht-bemerkt-personalausweis-kopieren-verboten/“
Zwei weitere Erfahrungsberichte aus den Freitextfeldern der Umfrage förderten interessante Aussagen bezüglich der Zweckbindung von Patientendaten zutage. Diese bieten jedoch so viel Anlass für ausführliche Kommentare, dass sie aus dieser Umfrageauswertung ausgeklammert und demnächst in einem eigenen Blogbeitrag behandelt werden.