Seit Beginn der Einführung der sogenannten Fallpauschalen (Diagnosis Related Groups – DRG) im Jahr 2003 wurde Kritik an diesem System der Krankenhausfinanzierung laut. Ihr (Mit-)Erfinder, der jetztige Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach, musste 2022 eingestehen, dass dieses System nicht geeignet ist, die stationäre Krankenversorgung und -behandlung dauerhaft sicherzustellen. Er setze eine Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung ein. Diese präsentierte am 06.12.2022 ihre Vorschläge zur Reform der Krankenhausvergütung.
Nach dem Motto „Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass“ schlägt die Kommission vor, das Fallpauschalensystem zu „reformieren“, im Grundzug aber beizubehalten. In der Präambel ihrer Stellungnahme erklärt die Regierungskommission, dass sie „der Auffassung (ist), dass die bislang im DRG-System abgebildete, rein leistungs- und mengenorientierte Vergütung erhebliche Fehlanreize, insbesondere eine sachlich nicht gerechtfertigte Mengenausweitung erzeugt und die Potenziale für eine Ambulantisierung der ärztlichen und pflegerischen Versorgung nicht ausschöpft. Die Kommission geht aber zugleich davon aus, dass Leistungsanreize erhalten bleiben müssen, weil auch eine ausschließlich leistungsunabhängige Vergütung – etwa in Form eines zu 100 Prozent garantierten Budgets oder einer Selbstkostendeckung – Fehlanreize setzt und erhebliche Risiken für eine patienten- und bedarfsgerechte Versorgung sowie finanzielle Risiken für die Kostenträger auslösen würde. Sie schlägt daher neben der leistungsabhängigen Vergütung eine Vorhaltefinanzierung vor, die an Versorgungslevel und Leistungsgruppen gekoppelt ist.“
Das Bündnis Krankenhaus statt Fabrik, u. a. bestehend aus dem Verein demokratischer Ärztinnen und Ärzte (vdää), attac, der Fachgruppe Gesundheitswesen der Gewerkschaft ver.di, ist 2015 angetreten mit dem Ziel: “Krankenhäuser sollen Einrichtungen der gesellschaftlichen Daseinsvorsorge sein, keine Wirtschaftsunternehmen. Krankenhausplanung und -finanzierung sind öffentliche Aufgaben, die politischer Planung und Steuerung bedürfen. Wir brauchen eine Bedarfsplanung der Krankenhausversorgung, in die alle Akteure des Gesundheitswesens einbezogen werden. Dies ist nicht im Rahmen des DRG-Systems zu erreichen.“
In einer Erklärung vom 10.01.2023 hat das Bündnis Krankenhaus statt Fabrik die Empfehlungen der Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung bewertet. Als „Quinessenz aus unserer Sicht“ stellt das Bündnis u. a. fest:
- „…Missbrauch muss verhindert werden.
- Betrachtet man das Gesamtinstrumentarium, das die Kommission vorschlägt, liegt der starke Verdacht nahe, dass genau dieser Missbrauch das wesentliche Anliegen der Planungsvorschläge ist und damit noch weiterer Bettenabbau und Krankenhausschließungen die Folge sein werden.
- Betrachtet man die finanziellen Steuerungselemente, die weiterhin bestehen (Mengenbezug) bzw. neu vorgeschlagen werden (Qualitätsbezug), besteht zusätzlich die Gefahr, dass sie sinnvolle Planungsansätze (soweit es solche geben sollte) konterkarieren und zum betriebswirtschaftlich bedingten Ausscheiden weiterer Krankenhäuser führen (kalte Strukturreform).
- Die groß angekündigte Finanzierungsreform ist letztlich ein Etikettenschwindel…“