Neue Studie zur Krankenhausfinanzierung: Gewerkschaft ver.di fordert, das System der Fallpauschalen dauerhaft durch eine bedarfsorientierte Vergütung zu ersetzen

Die gewerkschaftsnahe Hans-Böckler-Stiftung hat am 12.11.2020 eine umfangreiche Studie zum Reformbedarf bei der Krankenhausfinanzierung vorgelegt.

Aus diesem Anlass bekräftigt die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di), zuständig für Einrichtungen des Gesundheitswesens, ihre Forderung, das System der Fallpauschalen (Diagnosis Related Groups, DRG) während der Corona-Pandemie auszusetzen und dauerhaft durch eine bedarfsorientierte Finanzierung der Krankenhäuser zu ersetzen. Das DRG-System hat zu eklatanten Fehlsteuerungen und massivem Personalabbau geführt. In der Corona-Pandemie wird für alle sichtbar, welche Folgen das hat“, sagte Sylvia Bühler, die im ver.di-Bundesvorstand für das Gesundheitswesen zuständig ist. Ausreichende Behandlungskapazitäten für den Fall einer solchen Pandemie könnten zwar nicht dauerhaft vorgehalten werden.

„Aber dass ein Krankenhaus nur dann wirtschaftlich betrieben werden kann, wenn möglichst viele Betten belegt sind, zeugt von einem kranken System“, so Bühler. Das Vorhalten von Behandlungskapazitäten müsse vergütet und eine ausreichende Bevorratung von Schutzmaterial zur Regel werden. „Angesichts der dramatischen Zunahme der Covid-19-Fälle müssen die Krankenhäuser planbare Eingriffe ab sofort wieder verschieben. Wirtschaftliche Erwägungen dürfen dabei keine Rolle spielen“, betonte Bühler. „Am besten wäre, das DRG-System jetzt auszusetzen und alle tatsächlich anfallenden Kosten vollständig zu finanzieren. Das gibt den Kliniken Planungssicherheit.“

Die von dem Gesundheitssystemforscher Michael Simon vorgelegte Untersuchung mache deutlich, dass die Krankenhausfinanzierung grundlegend reformiert werden müsse. Die Studie stellt dem DRG-System ein vernichtendes Zeugnis aus. Es schafft Anreize, selektiv Patientengruppen zu behandeln, die sich wirtschaftlich rechnen. Gute Qualität wird nicht honoriert“, kritisierte Bühler. Vor allem aber habe das Fallpauschalensystem zu einem drastischen Personalabbau beim Dienstleistungs- und Pflegepersonal geführt. Laut Professor Simon fehlen allein in der Krankenhauspflege rund 100.000 Vollzeitstellen. „Die systematische Überlastung gefährdet sowohl Patientinnen und Patienten als auch Beschäftigte und ist maßgeblich auf das DRG-System zurückzuführen“, sagte Bühler.

Die von der Bundesregierung beschlossene Herausnahme der Pflegepersonalkosten aus den Fallpauschalen sei daher ein erster richtiger Schritt. „Das DRG-System ist angebohrt. Zunehmend wird es auch von verantwortlichen Politikern in Frage gestellt. Die Umstellung auf eine bedarfsgerechte Krankenhausfinanzierung ist geboten“, so die Gewerkschafterin. „Dazu gehört auch, dass die Bundesländer ihrer Verpflichtung zur Finanzierung von Krankenhausinvestitionen endlich vollständig nachkommen.“

Quelle: Pressemitteilung der Gewerkschaft ver.di vom 12.11.2020

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