Dr. Stefan Streit, Hausarzt aus Köln, hat bereits wiederholt auf die Notwendigkeit hingewiesen, als Reaktion auf die fortschreitende Digitalisierung unserer Lebenswelt den etablierten bio-psycho-sozialen Krankheitsbegriff nach Thure von Uexküll um „informationelle Erkrankungen“ zu erweitern (https://patientenrechte-datenschutz.de/diagnose-informationell-erkrankt/).
Charakteristisch für eine informationelle Erkrankung ist, dass allein eine Information (oder auch deren Fehlen, Unkorrektheit oder ungewolltes Öffentlichwerden) genügt, um einen Menschen physisch, psychisch oder sozial zu schädigen bzw. seine Teilhabe am normalen Arbeits- und Alltagleben zu beeinträchtigen oder zu verhindern.
Ein Beispiel dafür ist die derzeit häufige informationelle Erkrankung „Arbeitsunfähigkeit wegen Quarantäne, ausgelöst durch ein Signal der Corona-Warn-App“. Eine Warnung der Corona-App (oder eines anderen Mittels der Kontaktverfolgung) bewirkt, dass man in Quarantäne geschickt werden kann, selbst wenn keine bestätigte Covid-19-Infektion vorliegt. Krank im herkömmlichen Sinne ist der Betroffene damit noch nicht, die Umstände würden dem Arzt aber eine Diagnose als „informationell erkrankt“ erlauben – wenn es dafür einen ICD-Schlüssel gäbe. Daher hat Dr. Streit nun beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte den Antrag eingereicht, mehrere Formen der informationellen Erkrankung in den Katalog der ICD-Diagnosen aufzunehmen (https://www.heise.de/news/Informationelle-Erkrankung-soll-offizielle-ICD-Diagnose-werden-6033187.html).